Seminar 1:
WALKING THE TERRITORY
Prof. Angelika Juppien und Marie-Anne Lerjen (Spazierkünstlerin)
«Um eine Landschaft entstehen zu lassen, ist es nicht immer notwendig, in ihr Relief – wie sanft auch immer – einzugreifen, einige Bäume zu pflanzen, ein paar andere vielleicht zu fällen oder einen Fluss zu verbreitern. Darstellen, hörbar machen, beschreiben, nahebringen: das bedeutet, andere Lesarten der Umgebung vorzuschlagen, ohne dass wir direkt in den konkreten Raum eingreifen müssen.» (Bernard Lassus)
Erst wenn wir uns in die Landschaft hineinbegeben, können wir sie begreifen[1]. Genau deshalb begeben wir uns auf Expedition in die Landschaft des Sarneraatals. Auf vier Forschungsgängen legen wir die Strecke zwischen Giswil und Sarnen wandernd zurück. Im Gepäck haben wir Fragen, wie beispielsweise: Warum und unter welchen Umständen nehmen wir Umwelt als Landschaft wahr? Welche Veränderungen zeichnen sich in der Landschaft ab? Wie verbinden wir Mikro- und Makro-Perspektiven?
Das Seminar WALKING THE TERRITORY ist eine Einladung, sich die Umwelt „vor den eigenen Füssen“ neu zu erschliessen und über die Definition von Landschaft zu reflektieren. Für ein umfassenderes und zeitgemässeres Verständnis nutzen wir das Zu-Fuss-Gehen als (Raum-) Wahrnehmungsinstrument. Auf unseren Expeditionen wird vieles sichtbar, hörbar und spürbar werden, was normalerweise nicht auf den ersten Blick in Erscheinung tritt – ganz im Sinne von Otl Aicher, der behauptete: «Die wirkliche Welt ist die Welt der Phänomene. Sie zu verstehen heisst hinsehen und hinhören. Nicht schon im Voraus wissen, was sich ereignen wird.»[2]
Das Zu-Fuss-Gehen wird zu unserem Instrument, ausgeblendete Phänomene zu erfassen, Landschaft neu zu lesen und damit weitere Perspektiven für die Gestaltung und Entwicklung unserer Umwelt zu gewinnen.
Entlang unserer Forschungsrouten lesen und diskutieren wir ausgewählte Texte von Autor:innen, die über Wahrnehmung, Landschaft und ihre Beziehung zur Kultur geschrieben haben, wie beispielsweise Lucius Burckhardt, Bertram Weisshaar oder Forschende des ETH Studio Basel. Und wir lernen unterschiedliche Methoden der Vor-Ort-Kartierung und des Mappings kennen. Ziel ist es, eine eigenständige Sprache des Mappings zu finden und mittels Zeichnungen, Skizzen, Malereien, Tonaufnahmen, Interviews, Fotografien, gesammelten Objekten und Souvenirs persönliche Erfahrungen zu beschreiben und diskutierbar zu machen.
[1] Lucia Grosse-Bächle: Landschaft als Labor. In: Krebs, S. / Seifert, M.: Landschaft quer Denken, Leipzig 2010, S. 53
[2] Otl Aicher: analog und digital. Berlin 1991, S. 70