Der Einsatz von Augmented Reality (AR) in der Jugendarbeit

von Marc Hofweber, Absolvent Minor Digitalisierung und Soziale Arbeit, Mai 2024

Abbildung 1: Pokemon-Go (Quelle: Pixabay, ohne Datum)

Augmented Reality (AR) erweitert unsere reale Umgebung mit digitalen Elementen und unterscheidet sich damit von der komplett virtuellen Welt der Virtual Reality (VR). AR interagiert direkt mit realen Orten wie Parks, städtischen Räumen oder Pausenplätzen. In diesem Blog-Post wird drauf eingegangen, wie AR-Technologie in die sozialraumorientierte Jugendarbeit integriert werden kann, indem sowohl die neuen Möglichkeiten als auch die Herausforderungen beleuchtet werden.

AR ist eine Technologie, die unsere tatsächliche Umgebung in Echtzeit durch virtuelle Elemente erweitert. Sie passt sich nahtlos an die echte Welt an, sodass es teils schwerfällt, zwischen echten und virtuellen Eindrücken zu unterscheiden (Dörner et al., 2019, S.21). Diese Erweiterung der Realität in Echtzeit ist auf verschiedene Weise zugänglich und abrufbar. So können Nutzer*innen durch Apps auf ihren Smartphones oder Tablets virtuelle Elemente in ihre reale Umgebung einblenden. Dies beinhaltet zum Beispiel Filter für Handy Spiele wie bei Pokémon Go oder Funktionen für Restaurants, die mit sogenannten Augmented-Reality-Menüs das Essen, welches sie anbieten direkt auf dem Tisch der Gäste präsentieren können.

Dadurch, dass die AR-Technik die reale Umgebung mit digitalen Elementen erweitert, hat sie natürlich auch Einfluss auf den Sozialraum und somit auch auf die sozialraumorientierte Arbeit. Soziale Organisationen, die sich auf sozialräumliche Arbeit konzentrieren, stehen somit vor der Aufgabe, Raum nicht nur als physische Gegebenheit, sondern als Verschmelzung mit digitalen Elementen, also als hybride Konstruktion zu betrachten (HSLU, 2022).

Im Rahmen meines Vorhabens, habe ich mit elf Jugendlichen, die an einem Mittwochnachmittag ein freiwilliges Treffangebot der Jugendanimation Zug besuchten, zwei AR-Spiele Apps getestet. Das Ziel war zu ermitteln, ob die AR-Technologie bereits ausgereift genug ist, um sie auf spannende Art und Weise in das Rahmenprogramm von sozialraumorientierter Jugendarbeit zu integrieren.

Gemäss Studien wie dem «Swiss Augmented Reality Barometer» (Universität Luzern, 2021), welche zeigen, dass über die Hälfte der in der Schweiz ansässigen Bevölkerung bereits AR-Anwendungen nutzt und damit zufrieden ist, ging ich mit gewissen Erwartungen an die Auswahl der Apps. Insbesondere weil die Studie aus dem Jahr 2021 stammt und mittlerweile einige Jahre vergangen sind, in denen sich die Technologie weiterentwickelt hat. Wie sich während meiner Recherche herausgestellte, waren meine Erwartungen was AR-Spiele betrifft aber etwas zu hochgesteckt. Die Herausforderung lag darin, Spiele zu finden, die leicht zu spielen sind und idealerweise einen Mehrspielermodus bieten. Beliebte AR-Spiele wie Pokemon-Go sind für einen Spielnachmittag zu komplex, da sie über einen längeren Zeitraum gespielt werden müssen, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Zudem waren die meisten brauchbaren Spiele kostenpflichtig, was bedeutet, dass der Jugendtreff über Ressourcen wie Tablets, Smartphones und auch ein Budget verfügen muss, um die Spiele zu installieren. Letztlich entschied ich mich für Mammooth Mini Golf AR und AR Runner.

Abbildung 2: AR-Runner (Quelle: Eigener Screenshot iPhone)
Abbildung 3: Mammoth Mini Golf (Quelle: Eigner Screenshot iPhone)
Abbildung 4: Mammoth Mini Golf 2 (Quelle: Eigener Screenshot iPhone)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die elf Jugendlichen hatten schlussendlich mehr Spass am virtuellen Mini Golf, als bei AR Runner, wo man mit dem Handy in der Hand, möglichst schnell durch virtuelle Checkpoints rennen muss, um zu gewinnen. Ein positiver Aspekt der AR-Technologie ist, dass man sich irgendwo im öffentlichen «realen» Raum treffen kann, um gemeinsam zu spielen. Andererseits bestand die grundlegende Herausforderung darin, das Interesse der Jugendlichen durchgehend aufrechtzuerhalten. Mittlerweile sind wir es alle gewohnt, ständig das Handy zu nutzen und alle haben eigene Präferenzen für bestimmte Apps oder Spiele. Meine erste Erfahrung zeigte, dass die ausgewählten AR-Spiele die Jugendlichen nicht ausreichend fesseln konnten, um sie für den gesamten Nachmittag zu begeistern. Dies haben sie mir in einem kurzen Gespräch am Ende des Nachmittags bestätig. Beispielsweise wurde kritisiert, dass die Spiele nicht genügend mit der «realen» Welt interagierten. Die Erwartungen der Jugendlichen waren also auch höher in Bezug auf die tatsächlich erlebte Interaktion und Integration der Spiele mit der realen Umgebung.

Wie sich gezeigt hat, garantiert der Einsatz von AR-Technologie trotz ihrer faszinierenden Möglichkeiten nicht automatisch das anhaltende Interesse oder die Begeisterung der Teilnehmer*innen. Zudem ist es wichtig, den Einsatz und die Verbreitung von AR-Technologien auch durchaus kritisch zu betrachten. Einige spannende Punkte beleuchtet Erica L. Neely, Professorin an der Ohio Northern University in ihrer Arbeit. Neely ist eine Philosophin, die sich im Bereich der Computerethik spezialisiert hat. Sie untersucht die Ethik von AR und wer reale Räume mit digitalen Informationen anreichern darf. Für Neely (2018) ist ein entscheidender Punkt, ob sich in Zukunft wenige oder viele konkurrierende Apps oder Plattformen durchsetzen. Wenn sich viele Apps durchsetzen und die Welt der AR-Technologie unübersichtlich wird, besteht die Gefahr, dass verschiedene Apps private Räume erweitern, ohne dass die Besitzer*innen dies verhindern können. Dies könnte dazu führen, dass reale Räume durch Spam oder im schlimmsten Fall mit Inhalten erweitert werden, die beleidigend, rassistisch, gewalttätig oder pornografisch sind (S.11/eigene Übersetzung). Es wird deutlich, dass der Einsatz von AR-Technologie sorgfältig abgewogen werden muss, um sicherzustellen, dass sie sowohl ethisch als auch verantwortungsvoll eingesetzt wird.

 

Literaturverzeichnis

Dörner, R., Broll, W., Grimm, P., Göbel, M. & Jung, B. (2019). Einführung in Virtual und Augmented Reality. In R. Dörner, W. Broll, P. Grimm, B. Jung (Hrsg.), Virtual und Augmented Reality (VR/AR): Grundlagen und Methoden der Virtuellen und Augmentierten Realität (S. 1 – S. 42) (2. Aufl). Springer Vieweg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-58861-1

HSLU (2022, März). Sozialraumorientierung: real, digital, hybrid. Digitalisierung. https://www.sozialinfo.ch/digitalisierung/fokusartikel/sozialraumorientierung-real-digital-hybrid

Neely, E.L. (2018). Augmented reality, augmented ethics: who has the right to augment a particular physical space? https://link.springer.com/article/10.1007/s10676-018-9484-2

Universität Luzern (2021, 21. Juni 2021). Augmented Reality ist in der Schweiz angekommen. News. https://www.unilu.ch/news/augmented-reality-ist-in-der-schweiz-angekommen-5957/

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Pixabay (ohne Datum). Pokemon-Go. https://pixabay.com/de/photos/
pok%C3%A9mon-pokemon-gehen-mobile-trends-1581771/

Abbildung 2: AR-Runner (Quelle: Eigener Screenshot iPhone)

Abbildung 3: Mammoth Mini Golf (Quelle: Eigner Screenshot iPhone)

Abbildung 4: Mammoth Mini Golf 2 (Quelle: Eigener Screenshot iPhone)

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