Systeme formen Menschen UND Menschen Systeme

Nicht das individuelle Können prägt das Handeln, sondern das System, in dem Menschen arbeiten. Der Film „Die Glücksritter“ zeigt auf eindrucksvolle Weise, was Realität ist: Systeme prägen Verhalten. Wer Wandel will, muss Rahmenbedingungen verändern, nicht nur Prozesse. Agilität beginnt im Kopf. Resilienz in der Kultur.

Was der Film überspitzt zeigt, ist in Organisationen gelebter Alltag: Menschen handeln nicht isoliert, sondern in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung. Strukturen, Prozesse und implizite Regeln entscheiden über Engagement oder Resignation.

„Key for me in this agile transformation was not only the change of working methodology in the teams, but much more to move into an agile mindset in the collaboration together with the whole organization.“Roland Brandes, UBS Stream Tech Lead 

Roland Brandes beschreibt damit einen zentralen Aspekt der agilen Transformation im Finanzbereich. Diese Branche ist durch klare Strukturen und hohe Regulierungsanforderungen geprägt.

Organisationen werden nicht durch Methoden resilient, sondern durch ein neues Denken über Zusammenarbeit, Verantwortung und Rahmenbedingungen. Amy Edmondson zeigt in ihrer Harvard-Studie zur psychologischen Sicherheit (2019): Menschen entfalten ihr Potenzial dort, wo sie Fehler machen dürfen ohne Angst vor Repressalien. In solchen Umfeldern entstehen Lernräume, die Innovation ermöglichen. Psychologische Sicherheit wirkt dabei wie ein Katalysator. Sie beschleunigt Entscheidungsprozesse und stärkt das kollektive Vertrauen, das nötig ist, um Wandel gemeinsam zu gestalten.

Auch im Film spielt Information eine zentrale Rolle. Die Steuerung erfolgt traditionell zentral mit klaren Hierarchien. Doch am Ende gewinnen jene, die dezentral, adaptiv und mit Überblick agieren. Das MIT Center for Collective Intelligence zeigt in der Studie Superminds: The Surprising Power of People and Computers Thinking Together, dass Organisationen mit verteilter Entscheidungsfähigkeit resilienter und wettbewerbsfähiger agieren.

Agilität in der Praxis
  • SBB Cargo führte in Zusammenarbeit mit der ETH Zürich den „CheckPoint“ ein – ein Tool zur Selbstorganisation. Damit erhöhte sich die Transparenz und Selbstentscheidung in der Disposition erheblich.
  • Die niederländische Neobank bunq steigerte ihre Kundeneinlagen von rund 1 Mrd. Euro (2021) auf 6,9 Mrd. Euro bis Ende 2023. Das entspricht einem Wachstum von über 580 %.  

  • UBS hat mit dem Programm Agile@UBS bereits über 18 500 Mitarbeitende in cross-funktionalen „Pods“ aktiviert, unterstützt durch Playbooks und Coachings.

Schrittweise Produktentwicklung mit Kundenfokus

Im Finanzsektor zeigt sich der Nutzen iterativer Entwicklung besonders deutlich. bunq bringt neue Funktionen wie „AutoBudgeting“ im Zwei-Wochen-Takt auf Basis von Community-Feedback auf den Markt. UBS entwickelt digitale Beratungsprozesse laufend weiter in enger Abstimmung mit Kundinnen, Kunden und Mitarbeitenden.

Laut McKinsey (2023) erreichen Unternehmen mit teamzentrierten Ansätzen bis zu 30 % höhere Effizienz als klassische Linienorganisationen. Ergänzend unterstreicht die Fraunhofer-Studie (2022): Resiliente Organisationen zeichnen sich nicht durch starre Abläufe aus, sondern durch psychologische Sicherheit und die Bereitschaft, in Unsicherheit handlungsfähig zu bleiben.

Führung im Wandel

Der Film „Die Glücksritter“ überspitzt, was in Organisationen Realität ist: Systeme prägen Verhalten. Führung bedeutet, diese Systeme bewusst zu gestalten und nicht Menschen zu verändern. Agile Resilienz beginnt dort, wo Kontrolle in Verantwortung übergeht, Planung dem Lernen dient und Angst durch Vertrauen ersetzt wird.

Führung im agilen Kontext bedeutet nicht, Kontrolle abzugeben, sondern den Mut zu haben, Verantwortung zu teilen. Wer Räume für Mitgestaltung schafft und Vertrauen vor Autorität stellt, ermöglicht genau jene Anpassungsfähigkeit, die Resilienz braucht.

Fazit

Die Zukunft verlangt mehr als Methoden. Sie verlangt Organisationen mit Haltung. Systeme, die Wandel nicht nur zulassen, sondern vorwegnehmen. Führung, die loslässt. Und Strukturen, die nicht nur überleben, sondern Bedeutung schaffen.

 

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Madlen Malsch

Madlen Malsch hat den CAS IT Management & Agile Transformation an der HSLU absolviert. Sie denkt Organisationen strategisch, interessiert sich für resiliente Strukturen und neue Führungsmodelle.

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