Analytics Use Cases richtig einordnen im Fachbereich

In einer datengetriebenen Welt ist Analytics längst kein Thema mehr, das nur die IT oder Data Scientists betrifft. Immer häufiger kommen Fragestellungen direkt aus dem Fachbereich: „Warum laufen unsere Kampagnen schlechter?“, „Können wir unsere Lagerbestände optimieren?“ oder „Welche Kunden drohen abzuspringen?“ Alles berechtigte Fragen, die nach datenbasierten Antworten verlangen.

Doch genau hier liegt die Herausforderung: Wie kann der Fachbereich erkennen, um was für einen Use Case es sich handelt? Ist es ein klassisches Reporting-Thema, ein Advanced-Analytics-Fall oder gar ein Machine-Learning-Projekt? Die Antwort darauf ist entscheidend für die Auswahl der richtigen Werkzeuge, Ressourcen und Umsetzungspartner.

Die drei Kategorien der Analytics-Use Cases

Um Klarheit zu schaffen, lohnt sich eine grobe Einteilung in drei Kategorien, sozusagen eine erste Orientierungshilfe für den Fachbereich:

  1. Deskriptive Analytics – Was ist passiert?
    Ziel: Rückblick und Transparenz.
    Typische Beispiele: Dashboards, Monatsberichte, KPI-Analysen.
    ➤ Wenn die Frage lautet: „Wie hat sich unser Umsatz entwickelt?“, bewegen wir uns klar im deskriptiven Bereich.
  2. Diagnostische oder explorative Analytics – Warum ist es passiert?
    Ziel: Ursachen verstehen.
    Typische Beispiele: Ad-hoc-Analysen, Korrelationen, Segmentierungen.
    ➤ Die Frage: „Warum sinkt unser Umsatz in Region X?“ zeigt, dass wir tiefer graben müssen.
  3. Prädiktive & präskriptive Analytics – Was wird passieren & was sollen wir tun?
    Ziel: Prognosen & Handlungsempfehlungen.
    Typische Beispiele: Churn Prediction, Preisoptimierung, Next Best Offer.
    ➤ Bei Fragen wie „Welche Kunden werden wahrscheinlich kündigen?“ befinden wir uns mitten im Machine-Learning-Terrain.

(Quelle: Gartner Analytics Maturity Model)

Ein strukturierter Fragenkatalog hilft bei der Zuordnung

Damit ein Use Case effizient eingeordnet werden kann, lohnt es sich, zwei Perspektiven einzunehmen: die fachliche Sicht und die technische Sicht. Beide tragen dazu bei, den Charakter, die Komplexität und den möglichen Lösungsansatz frühzeitig zu erkennen.

Fachliche Fragestellungen

Diese Fragen helfen dem Fachbereich, die Zielsetzung und den Nutzen des Use Cases zu klären:

  • Was genau möchte ich wissen oder erreichen?
  • Beziehe ich mich auf die Vergangenheit, die Gegenwart oder die Zukunft?
  • Geht es um eine reine Beschreibung, eine Erklärung oder eine Vorhersage?
  • Will ich nur Transparenz schaffen oder auch konkrete Handlungsempfehlungen ableiten?
  • Welche Entscheidungen sollen auf Basis der Analyse getroffen werden?
Technische Fragestellungen

Je nach technologischem Umfeld variieren die Anforderungen, Umsetzungsmöglichkeiten und die Zusammensetzung der beteiligten Teams erheblich. Technische Fragestellungen helfen daher, besser einzuordnen, in welchem Kontext man sich bewegt.

Diese Fragen dienen dazu, die Umsetzbarkeit und Anforderungen aus Daten- und Tool-Sicht besser einschätzen zu können:

  • Welche Daten stehen zur Verfügung?
  • Handelt es sich um strukturierte Daten (z. B. aus Datenbanken, Tabellen) oder unstrukturierte Daten (z. B. Texte, Bilder, Audios, PDFs)?
  • Wie gut ist die Datenqualität? Sind die Daten vollständig, aktuell und konsistent?
  • Gibt es bereits bestehende Datenquellen oder muss die Datenbasis erst geschaffen werden?

Ein Entscheidungsbaum für Use Cases

Um Use Cases systematisch zu analysieren und effizient zur passenden Lösung zu führen, kann der Fragenkatalog aus fachlicher und technischer Sicht in eine Baumstruktur überführt werden. Diese Art der Entscheidungslogik hilft dabei, sowohl Ziel und Komplexität des Use Cases als auch die richtigen Technologien und Methoden transparent zuzuordnen.

Durch diesen Entscheidungsbaum entsteht ein klarer Pfad vom Business-Bedarf zur passenden Technologie. Jeder Use Case „landet“ damit an einem Endpunkt, der beschreibt, welcher analytische Ansatz möglich ist und welche Tools und Ressourcen dafür zur Verfügung stehen. Jedes Kästchen ist mit den Funktionen der Analytics-Plattform verknüpft und zeigt auf, welche Anforderungen erfüllt sein müssen, um den Use Case umzusetzen.

Um die Lesbarkeit der Baumstruktur zu verbessern, ist es oft sinnvoll, bestimmte Bereiche zu gruppieren. Ein Beispielstruktur könnte Sein:

  • Fachliche Zuordnung
  • Technische Zuordnung
  • Analytics Zuordnung

Das folgende Beispiel soll veranschaulichen, wie eine solche Baumstruktur aufgebaut sein könnte. Für die technologische Zuordnung wurde eine fiktive Datenlandschaft gewählt, wie sie in einem typischen Unternehmen vorkommen könnte. Je nachdem, wie deine aktuelle Datenplattform gestaltet ist und du die fachliche Zuordnung definierst, kann die Struktur natürlich stark variieren.

Baumstruktur: Fachlicher Zuordnung in die Anlyticslandschaft

Fazit: Klarheit spart Zeit und Ressourcen

Je besser der Fachbereich den Charakter seines Use Cases versteht, desto zielgerichteter kann er an die Umsetzung herangehen , ob im Self-Service BI, mit einem Data Scientist oder über ein Data-Product-Team. Die klare Zuordnung ist kein Selbstzweck, sondern die Basis für ein gemeinsames Verständnis und erfolgreiche datengetriebene Projekte.

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Edon Rexha

Edon Rexha arbeitet als Datenarchitekt bei der SBB AG und bloggt über seine Erfahrungen aus dem Unternehmen. Seine Leidenschaft für Daten und Analytics begleitet ihn schon seit jeher.

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