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Die neue Heimat der HSLU in Rotkreuz, entstanden in einer Fabrik

«Arbo», das ist der eigentliche Name von Suurstoffi 1B, wurde zu einem grossen Teil in Stein bei der Erne Holzbau AG hergestellt. Dort sind ungewohnte technische Helfer im Einsatz.

Dem aufmerksamen Leser dürften bereits zwei Dinge aufgefallen sein. Zum einen ist Stein im Kanton Aargau etwa 80 Autobahnkilometer von Rotkreuz entfernt. Zum anderen ist von einem Holzbau-Unternehmen die Rede. «Arbo» ist mit 60 Meter das zurzeit höchste Holzhochhaus der Schweiz, es wurde in der Holz-Hybrid-Bauweise erstellt. Zur Aussteifung des Gebäudes wurde der Kern, also der Lift und das Treppenhaus aus Beton vor Ort erstellt. Der Rest mit Holz, aber nicht vor Ort. Der ganze Holzbau (670m³), wurde in Stein in der Produktionsanlage vorgefertigt und mit dem LKW nach Rotkreuz gebracht. Dazu wurden die einzelnen Bauabschnitte in transportierbare Elemente eingeteilt, insgesamt 540 Stück. Dieses Verfahren ist nachhaltiger und wirtschaftlicher als die direkte Herstellung auf der Baustelle. In der Fertigungshalle ist man vor Witterungseinflüssen geschützt, dadurch kann der Produktions- und Lagerungsprozess optimal aufeinander abgestimmt werden. Damit wird die Produktivität erhöht, pro Woche wurden 36 Elemente produziert, Wartezeiten und Abfall hingegen minimiert. In den Deckenelementen legte man im Werk bereits die Haustechnik (Rohre, Leitungen) ein. Bei der Montage, ca. 15-20 Minuten pro Element, mussten nur doch die Anschlüsse zum Betonkern passen. Die Elemente wurden Just-in-Time auf die Baustelle geliefert, also genau dann wann sie gebraucht wurden, um wiederum Lagerfläche vor Ort zu sparen. So wurde innerhalb einer Arbeitswoche ein Geschoss gebaut.

Ohne den Menschen geht es nicht – Produktion eines Deckenelements in der Fabrik (Quelle: Erne.net)

Die kurze Bauzeit, von Mai 2018 bis November 2019, resultiert nicht von ungefähr. Zur Planung wurde die Lean Construction Methode angewandt. Diese wurde aus dem Lean Management entwickelt und auf die Bedürfnisse der Baubranche angepasst. Die Prozesse auf der und rund um die Baustelle sollten effizienter und weniger verschwenderisch werden.

Neben der Lean Construction Methode wurde mit digitalen Gebäudemodellen gearbeitet. Das sind digitale 3D-Modelle mit zusätzlichen Informationen. Die Erne Holzbau AG nutzte diese Modelle, um wiederum ihre Fertigungsdaten zu erstellen und sich mit der Haustechnik zu koordinieren. Man wollte möglichst ohne Medienbrüche auskommen, umso die Fehlerquellen zu minimieren oder planerische Änderungen schnell einzuarbeiten.

Der Prototyp

Der grosse (kleine) Bruder von «Arbo» befindet sich nur ein paar Häuser weiter. Am anderen Ende des Suurstoffi Areals steht das Gebäude S22. Dieses wurde als erstes Holzhochhaus der Schweiz berühmt. Bei dem 36 Meter hohem Gebäude zeigte die Erne Holzbau AG die Baueffizienz mithilfe digitaler Fabrikation. Hier durfte ich selbst als Planer mitwirken.

Suurstoffi S22 (Quelle: Erne.net)

Tatkräftige Helfer

Bei meinem Besuch bei der Erne Holzbau AG erklärte mir Thomas Wehrle (CTO) die Hintergründe der digitalen Fabrikation und zeigte mir im Produktionswerk die Roboter. Richtig gelesen, Roboter. Obwohl ein Grossteil der Baubranche ihre erste Schritte Richtung Digitalisierung macht, sind in Stein bereits einige Jahre Roboter im Einsatz.

Ein 50 Meter langer Portalroboter arbeitet unablässig. Seine Aufgabengebiete sind vor allem sich wiederholende kleinteilige Arbeiten. Aus diesen entstehen wiederum Wandelemente oder architektonisch anspruchsvolle Träger. Im Moment werden die Prozesse um den Portalroboter optimiert. In einem anderen Bereich stehen zwei einarmige Industrieroboter der Firma KUKA. Einer gehört der Firma selbst, der andere ist leihweise von der Fachhochschule Nordwestschweiz zur Verfügung gestellt. Hier wird zurzeit an einem Projekt zur parametrischen Fassadenherstellung gearbeitet.

Auf die Frage, was denn die grössten Probleme mit der Robotik seien, meint Thomas Wehrle: «Triviale Dinge. Mal war dort ein Einstellungsproblem und mal da ein Anschluss kaputt». Ansonsten sei man sehr zufrieden, ausruhen wolle man sich aber keineswegs. Das nächste, noch höhere Holz-Hochhaus ist bei der Konkurrenz bereits in Planung.

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Ramon Schweizer

Schweizer Ramon ist Student bei der Hochschule Luzern – Informatik und bloggt zum Modul "Geschäftsprozesse digitalisieren und automatisieren" des Studiums Wirtschaftsinformatik.

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