Musizieren und Designen über das Internet – geht das?

Wie kamen Personen aus kreativen Berufen mit dem Lockdown klar? Wie haben sie das Homeoffice gemeistert, wenn der physische Austausch mit den Arbeitskollegen ausbleibt? Und welche Rolle spielt die physische Präsenz in der gemeinschaftlichen kreativen Produktion? Wir haben Interviews mit Personen aus der Design- und Musikbranche geführt, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen.

Ein studentischer Beitrag von Romana Frei, Elma Dzafic, Alexander Hornstein und David Kramer

«Ich bin wirklich in eine Schockstarre gefallen». Dieses Zitat einer Dirigentin und Musiklehrerin widerspiegelt, wie Personen aus der Musikbranche mit dem Lockdown und dem Arbeiten im Homeoffice im ersten Moment klargekommen sind – nämlich nicht wirklich gut. Es war eine grosse Umstellung und Herausforderung für die betroffenen Personen. Sie mussten sich neue Unterrichtskonzepte überlegen und mit der Technik klarkommen. Diese Herausforderungen steigerten aber gleichzeitig auch die Kreativität der betroffenen Personen. Es wurden eigenständig kreative Lösungen entwickelt, um trotz den Umständen weiter arbeiten zu können. Beispielsweise wurden Konzerte über Zoom übertragen oder ein Orchester hatte Musikstücke zuhause einstudiert und die einzelnen Videos zu einem Clip zusammengeführt. Für die Musikerinnen und Musiker war das ein Weg in dieser Ausnahmesituation weiterhin ihrer Leidenschaft nachzugehen. Aber diese Varianten erwiesen sich maximal als eine schlechte Alternative zum herkömmlichen Musizieren in der Gruppe.

Deutlich besser mit der Umstellung auf das Homeoffice kamen die Personen aus der Designbranche klar. Zum Teil freuten sie sich sogar, dass sie im Homeoffice arbeiten durften beziehungsweise immer noch dürfen. Denn Homeoffice wurde mittlerweile vor allem in der Designbranche zu einem festen Bestandteil. Aber auch für diese Personen war es zunächst eine einschneidende Umstellung, denn Homeoffice war nicht wirklich verbreitet und meistens nur einzelnen Personen vorbehalten. Ein wesentlicher Punkt, wieso die Personen aus der Designbranche besser mit der Umstellung umgehen konnten, war die Technikaffinität. Durch die tagtägliche Arbeit vor dem Computer oder dem Laptop kamen sie zum Beispiel schneller mit neuen Tools zurecht, welche für die Kommunikation eingesetzt wurden. Dies stellt klar einen Vorteil gegenüber der Musikbranche dar.

Ein wichtiger Aspekt bei kreativen Berufen ist die Zusammenarbeit. Sei dies zum Beispiel der Austausch mit Arbeitskollegen über ein gemeinsames Design-Projekt oder einer Musikschülerin ein neues Lied beizubringen. Die Interviews haben gezeigt, dass diese Zusammenarbeit im Homeoffice unterschiedlich gut funktioniert hat – generell in der Designbranche besser als in der Musik. Aber es gibt auch Punkte, die die Zusammenarbeit in der Designbranche erschwert haben. Eine Polygrafin meinte zum Beispiel, es sei «mega doof zum Brainstormen». Ein weiterer Punkt war die fehlende Nähe bei Beschlüssen. Ein Typograf meinte dazu: «Du bist auch einfach weg von den Entscheidungen». Grössere Probleme stellten die interviewten Personen aus der Musikbranche fest. Die Musik sei nicht gemacht fürs Digitale, sie lebe vom Interaktiven, meinte zum Beispiel eine Musiklehrerin. Auch die Übertragungsverzögerungen oder die Tonqualität von Online-Tools erschweren das gemeinsame Üben oder Musizieren.

Abschliessend lässt sich sagen, dass das Massenexperiment Home-Office auch bei kreativen Berufen erfolgreich funktioniert hat. Es hat sich gezeigt, dass Berufe aus der Design- und Musikbranche auch im Home-Office ausgeübt werden können. Dennoch lässt sich insbesondere in der Musikbranche die physische Zusammenarbeit nicht zu 100 Prozent durch eine elektronische Zusammenarbeit ersetzen, denn in diesem Bereich wurden doch erhebliche Effizienzverluste festgestellt und die interviewten Personen aus dieser Branche waren alle froh, als sie wieder an ihren herkömmlichen Arbeitsplatz zurückkehren durften.

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