Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie ist auch der Schweizer Bildungssektor enorm unter Druck geraten. An den Hochschulen und Universitäten musste die Lehre mitten im Frühjahrssemester 2020 plötzlich ins Distance-Learning verlegt werden – eine logistische Herausforderung für Studierende und Dozierende. Doch die Chancen für die Zukunft sind gegenwärtig.
Ein studentischer Beitrag von Luca Bissig, Selena Brusorio, Michelle Fröhlich, Ylenia Metzger und Lea Trüssel
Bereits vor der Pandemie-Krise hatten Schweizerinnen und Schweizer die Möglichkeit, sich an einer Fernuniversität oder -fachhochschule immatrikulieren zu lassen. Das Angebot war und ist allerdings beschränkt und die Bildungsinstitutionen eher unbekannt, weshalb diese Option nur für wenige Studierende in Frage kam. Im Zuge der Covid-19-Pandemie wurden jene Universitäten und Fachhochschulen, die zuvor hauptsächlich mit dem Präsenzunterrichtsmodell gearbeitet haben, vor eine bedeutende Herausforderung gestellt. Kurzerhand wurde die komplette Hochschullehre ins Distance-Learning verlegt. Die dabei angewandte Didaktik darf jedoch keinesfalls mit jener eines Fernstudiums verglichen werden. Zu kurz war die Vorlaufzeit und die korrekte Umschulung der Dozierenden als auch der Studierenden.
Eines ist sicher – die Pandemie-Krise wird einen bleibenden Einfluss auf die Hochschullehre haben. Deshalb haben wir in unserer Untersuchung die Frage verfolgt: «Welche Erfahrungen haben Studierende im Zuge des Distance-Learning 2020 mit digitalen Lehr-/Lernsettings gemacht und welche Konsequenzen könnten sich daraus für die Zukunft der Hochschullehre ergeben?». Zehn Studierende von unterschiedlichen Schweizer Universitäten und Fachhochschulen haben ihre Erfahrungen in dieser aussergewöhnlichen Situation geschildert und ihre Handlungsempfehlungen für die Zukunft geteilt.
Die drei Dimensionen – Wie ticken die Studierenden im Distance-Learning?
Was auf den ersten Blick nach einem wirren Durcheinander von Meinungen aussieht, lässt sich bei genauerem Betrachten mit Hilfe von drei Dimensionen erklären. Es ist naheliegend, dass die Persönlichkeit der Studierenden, die erste Dimension, einen entscheidenden Einfluss auf deren Produktivität im Distance-Learning hat – doch nicht alle Aussagen lassen sich mit dieser Dimension begründen.
Die zweite Dimension bezieht sich auf den gewählten Studiengang. Je nach Art des Studiums und Aufbau des Unterrichts unterscheidet sich die Tauglichkeit von Distance-Learning beachtlich. Eine besondere Herausforderung stellt die Onlinelehre beispielsweise im Musikstudium dar, wie eine Interviewpartnerin äussert: «(…) Da wir eben an der Musikhochschule sind haben wir das Privileg, dass unsere Schule offenbleiben darf. Aber nur für halt Unterricht, der auf Präsenzunterricht angewiesen ist und das ist bei uns natürlich ein sehr, sehr großer Teil. (…)» (Interview mit Samira, Z. 36-38).
Zu guter Letzt baut die dritte Dimension auf der Stellung des Studiums im Leben der Studierenden auf. Die Tendenz zeigt, dass das Studium bei Vollzeitstudierenden den Hauptlebensinhalt darstellt, während teilzeit- oder berufsbegleitende Studierendende das Studium lediglich als Teil des Lebens sehen. So wohnen sie tendenziell weiter von der Universität oder der Fachhochschule entfernt und pflegen hauptsächlich Kontakt zu ihrem Umfeld, welches sie sich zu Vorstudienzeiten aufgebaut haben.
Ausblick in die Zukunft – was bleibt?
Die Interviewees sind sich einig – die Pandemie-Krise wird eine entscheidende Rolle in der zukünftigen Gestaltung der Hochschullehre spielen. Die Unterrichtsformen werden überdenkt und die Bildungsinstitutionen seien schon jetzt spürbar flexibler geworden – «(…) plötzlich gehen Dinge, die vorher halt nicht gingen (…)» (Interview mit Patrick, Z. 278). Doch bis die Universitäten und Fachhochschulen, die vor der Covid-19-Pandemie hauptsächlich mit Präsenzunterricht gearbeitet haben, an einem vergleichbaren Punkt zu den Fernuniversitäten und -fachhochschulen stehen, muss noch einiges passieren. Nebst Einheit und Struktur ist die entsprechende Weiterbildung der Dozierenden von immenser Bedeutung – nur so können sie die Studierenden optimal beim Lernprozess unterstützen und beim Wissenserwerb begleiten.
Zusammenfassend und unter Berücksichtigung der drei Dimensionen wünschen sich die Studierenden für die Zukunft vor allem ein hybrides Unterrichtsmodell, bei dem sich Präsenz- und Onlineunterricht bestmöglich ergänzen. Nur so kann sichergestellt werden, dass alle Studierenden – unabhängig von Persönlichkeit, Studiengang und Stellung des Studiums im Leben – von einem ideal für sie abgestimmten Bildungsangebot profitieren können.