Wie überall, so ist auch in der Sozialen Arbeit der Wechsel ins Homeoffice im Frühjahr 2020 schnell und abrupt gewesen. Wir haben speziell die Situation in der Beratung untersucht. Hier sind die Erfahrungen sehr durchwachsen: Zwar konnte auch aus dem Homeoffice Kontakt mit den Klienten gehalten werden. Aber vieles, was eine gute Beratung ausmacht, geht im rein digitalen oder telefonischen Kontakt verloren.
Ein studentischer Beitrag von Sandrine Bornand, Kerim Eginci, Pascale Jaggi, Marko Maksimovic, Kevin Sigrist und Nicole Sjeran
Während des Lockdowns reduzierte sich der Kontakt zur Klientel auf E-Mail, Videochat und Telefon. Durch die digitalen Hilfsmittel sind die Mimik und Gestik nicht im gleichen Ausmass fassbar und wahrnehmbar wie bei einer Face-to-Face Beratung. Dies ist eine schwierige Herausforderung für die Sozialarbeitenden im Homeoffice, da es für sie wichtig ist, in der Beratung auch die Gestik und Mimik deuten zu können. Aufgrund der Distanz entsteht ausserdem die Problematik des Beziehungs- und Vertrauensaufbaus bei neuer Klientel. Die Beziehung und das Vertrauen der Hilfesuchenden ist das Fundament einer erfolgreichen Beratung.
Ein weiteres Problem sind Sprachbarrieren: Bei Face-to-Face Beratungen konnten die Sozialarbeitenden notfalls auf ein Blatt Papier zurückgreifen, um Verständigungsprobleme mit Hilfe von Zeichnungen zu lösen. Beim Homeoffice ist dies nicht mehr möglich, da die meisten Gespräche über E-Mail-Verkehr oder Telefonate abgewickelt werden. Auch beim Datenschutz ist die Soziale Beratung vor Herausforderungen gestanden, denn dieser ist im Homeoffice nicht vollständig sichergestellt.
In gewissen Bereichen in der Sozialen Arbeit, wie zum Beispiel in der Opferhilfe, ist es verboten, mit einer Videokamera oder mit Videochat zu kommunizieren, weil sich die Sozialarbeitenden selbst in Gefahr begeben, wenn sie sich vor der Kamera zeigen. Die Täterinnen und Täter der Klientel leben oft zusammen im gleichen Haushalt und kennen nicht die zuständigen Sozialarbeitenden. Durch den Lockdown und dem damit verbundenen Homeoffice müssen diese Klientel mit E-Mail und Telefone für die Kommunikation zwischen ihnen und den Sozialarbeitenden vorliebnehmen. Es existiert momentan noch keine andere Option in diesem Bereich die Beratungen digital durchzuführen.
Es ist grundsätzlich komplex, soziale Beratungen im Homeoffice abzuhalten. Dies haben die Sozialarbeitenden, mit denen Interviews geführt worden sind, bestätigt. Auch haben die Interviewten bis zum Lockdown keine Möglichkeit gehabt, im Homeoffice zu arbeiten. Grundsätzlich sind die Sozialarbeitenden und ihre Organisationen für einen neuen Lockdown besser vorbereitet als im Frühling 2020. Die Ergebnisse zeigen aber, dass sich das Homeoffice in der Sozialen Arbeit nur für administrative Tätigkeiten eignet und für Klienten, zu denen bereits eine Beziehung sowie eine Vertrauensbasis besteht.
1 Gedanke zu „Soziale Arbeit aus dem Homeoffice – Grenzen und Möglichkeiten in der Beratung“