Stephan Winiker | Zentrum für Lernen, Lehren und Forschen der Hochschule Luzern
Werden wir künftig mit ILIAS arbeiten?
Ja, werden wir. Im Bericht Vorgaben und Empfehlungen für digitale Kooperation der Projektgruppe Kollaborationsplattformen ist ILIAS für die Ausbildung die Vorgabe, für die Weiterbildung die Empfehlung für unterrichtsbezogene Inhalte. In der Weiterbildung kann auch Teams als einziges Tool verwendet werden. Sobald aber komplexere didaktische Nutzungsszenarien verwendet werden sollen, ist ILIAS auch in der Weiterbildung die zu verwendende Plattform. Auf diesem Weg können wir einen einheitlichen Einstieg sicherstellen.
Warum nutzen wir ILIAS?
ILIAS ist ein mächtiges Werkzeug, manchmal mächtiger als man es braucht. Allerdings erlaubt uns ILIAS dadurch, sehr unterschiedliche Bedürfnisse im Unterricht abzudecken. ILIAS wurde für die Gestaltung und Begleitung von Lernprozessen entwickelt und wird entsprechend den immer neu hinzukommenden Bedürfnissen auch weiterentwickelt. Würden wir nur Dokumente verteilen wollen, dann könnten wir dies auch mit einem kleineren und einfacheren Werkzeug lösen, wir glauben aber, dass durch eine vielfältige Plattform, die es ermöglicht, interaktive Lernumgebungen zu gestalten, guter Unterricht gefördert wird.
ILIAS ist zudem Open Source, d.h. es wird von einer grossen Gemeinschaft von Entwicklerinnen getragen und von verschiedensten Institutionen weiterentwickelt. Dabei verwenden neben der HSLU so unterschiedliche Organisationen, wie die Nato, Skyguide, die Uni Köln und die PH Bern ILIAS. Eine Liste der bekannten Installationen kann auf der Seite des ILIAS e.V. eingesehen werden (https://docu.ilias.de/goto_docu_dcl_3444_9.html). Das Entwicklungsmodell erlaubt es uns, mitzureden und mitzugestalten. Es verpflichtet uns aber auch, aktiv an der Weiterentwicklung und Optimierung von ILIAS mitzuarbeiten. Die Hochschule Luzern wirkt bei ILIAS in verschiedenen Special Interest Groups zu E-Assessment, Accessibility und Video sowie in Arbeitsgruppen zum neuen Layout (der erste Schritt wurde im Sommer 2020 gemacht, weitere folgen) und zum neuen Editor (der erste Schritt wird im Sommer 2021 an der HSLU sichtbar werden) mit und stellt ein Mitglied der technischen Leitung. Die Hochschule Luzern finanzieret auch Entwicklungen mit, die in ihrem Sinne sind. Im Moment liegt hierbei der Fokus auf der Verbesserung der Benutzerfreundlichkeit von ILIAS.
Warum gibt es bei ILIAS noch so viele offene Baustellen?
ILIAS ist inzwischen mehr als 20 Jahre alt und das merkt man ihm an. Über die Jahre lagern sich Schichten von altem Code und nicht mehr ganz taufrischen Konzepten ab, die regelmässig umgeschichtet werden müssen, damit sie zukunftstauglich bleiben. Das sieht man so z.B. auch in den verschiedenen Produkten von Microsoft, Adobe oder anderen grossen Anbietern. ILIAS wird also stetig weiterentwickelt und es wird darüber nachgedacht, welchen neuen Anforderungen man wie gerecht werden kann. Das führt dazu, dass auch der eine oder andere Fehler neu eingebaut wird. Gleichzeitig haben wir das Problem, dass wir immer «zu langsam» vorwärtskommen, weil uns die Programmierer*innen fehlen, weil es aufwändig ist, das nötige Geld zusammen zu trommeln, und weil wir in relativ langen Zyklen denken. Diese langen Zyklen sind mit dem Rhythmus des Studienbetriebs synchronisiert. So ist die Community jetzt im Frühling 2021 daran, ILIAS 8 zu planen, welches nach der Entwicklungsphase bis Oktober 2021, einer Beta- und Test-Phase bis März 2022 und etwas Zeit für interne Umstellungen während den Semesterferien im Sommer 2022 an der Hochschule Luzern ankommen wird.
Gibt es nicht bessere Alternativen?
Zu ILIAS gibt es im Moment eigentlich nur eine wirkliche Alternative, und das ist Moodle. Eine Diskussion, welche der beiden Plattformen „besser“ ist, erscheint sinnlos: Einiges macht ILIAS besser, anderes Moodle. Aufgrund des aufgebauten Know-Hows lohnt sich aber ein Wechsel für die Hochschule Luzern nicht. Die Ökonomen rufen nun: Sunk Cost Fallacy! Aber dafür müsste Moodle so viel besser sein, dass dieses Argument wirklich zählen würde, was aber nicht der Fall ist.
Was sind die Faktoren, die den Entscheid für oder gegen eine Plattform beeinflussen?
Ed-Tech ist ein Feld, das es schon lange gibt. Zur grossen Anzahl von Lösungen und kommen immer neue dazu. Wir müssen aber längerfristig denken und die internen Prozesse mit planen.
Wir fragen uns also:
- Wie stellen wir sicher, dass unsere Lernlandschaft für die Studierenden und die Dozierenden einheitlich daherkommt?
- Wie speichern wir relevante Daten sicher und datenschutzkonform?
- Wie gestalten wir unsere Lösung zukunftssicher?
- Wie sorgen wir dafür, dass die Zugriffe einfach funktionieren?
- Wie informieren wir die Dozierenden und schulen sie?
- Haben wir Know-How, um richtig zu unterstützen?
Auf all diese Frage finden wir mit ILIAS eine gute Antwort, und wir können selber dazu beitragen, dass es auch in Zukunft so bleibt, d.h. wir sind nicht den Launen von grossen Anbietern ausgeliefert.
Aber es gibt sicher bessere proprietären Lösungen?
Vor 3-4 Jahren hat Canvas, ein anderes Lernmanagementsystem, bei allen Institutionen die Runde gemacht und immer wieder angeklopft, dass man doch zu ihnen wechseln soll, sie seien super. …und Canvas sah wirklich frischer aus (war ja auch jünger). Vor ca. 1.5 Jahren wurde Canvas verkauft. Nicht weil die Plattform für den Käufer interessant war, sondern weil diesen die darin gespeicherten Studierendendaten interessierten. Das wäre für uns ein richtiges Problem, welches wir unbedingt vermeiden möchten. Für uns wäre es ein grosser Verlust, wenn wir die Zukunft unserer Plattform nicht mehr aktiv mitgestalten könnten.
Wie gehe ich vor, wenn ich eine Idee für eine Verbesserung habe?
Wenn ein Departement eine Verbesserung in ILIAS wünscht oder ein Feature vermisst, dann können wir gemeinsam daran arbeiten, dass dies verbessert oder eingeführt wird. Im Moment investieren wir die Ressourcen des ZLLF gezielt in die Vereinfachung der Bedienung von ILIAS und sehen neue Funktionen als sekundär an, aber dies ist natürlich nicht in Stein gemeisselt. Natürlich sind wir froh, wenn die Departemente ebenfalls gezielt Ressourcen für Verbesserungen investieren. Wir unterstützen auch gerne dabei.
Wie sieht ILIAS in der Zukunft aus?
Wer sich die nächste ILIAS-Version (ILIAS 7) und die Anpassungen gerne einmal anschauen will, kann sich hier einen Zugang beschaffen: https://test7.ilias.de. Wenn keine ganz grossen Probleme auftauchen, landet diese Version im Sommer 2021 bei uns.
Vielen herzlichen Dank für diese Informationen und Ausführungen. Jetzt habe ich eine fundierte Begründung, wenn z.B. neue Kollegen und Kolleginnen als Dozenten/innen zum Team stossen und sich aus der Vergangenheit z.B. mit Moodle auskennen und dann der Funktionalität von Ilias zunächst skeptisch gegenüberstehen.
Lieber Georg
Vielen Dank für deinen Kommentar!
Beste Grüsse
Douglas