Veränderte Lernkultur
Nach Brandt & Bachmann (2014, S. 16) tragen aktuelle Bildungstrends sowie praktische Folgen der Umsetzung der Bologna-Reform zu Veränderungen der Lernkultur bei. Mit dem «shift from teaching to learning» gewinnen Selbststudium, Gruppen- und Projektarbeit an Bedeutung. Prüfungen finden studienbegleitend und kompetenzorientiert statt. Mit dem digitalen Lernen wird der gesamte Campus zum Lernort, virtuelles Lernen wird integraler Bestandteil der Lernumgebung Studierender (Brandt & Bachmann, 2014, S. 16). Diese veränderte Lernkultur verlangt nach geeigneten Lernräumen. Stang kam im Projekt LeHo (2021, S. 302f) zum Ergebnis, dass sich diese Neuausrichtung der Lehre hin zu mehr Studierendenorientierung nur punktuell in der Gestaltung digitaler und physischer Lernräume zeigt. Zu langsam entstünden Lernräume, die projektorientiertem und forschendem Lernen Rechnung tragen und die Umsetzung innovativer Lehr- und Lernformate überhaupt ermöglichen. Selbstorganisiertes, interaktives und gruppenorientiertes Lernen braucht flexibel nutzbare Lernräume für Kooperation und Kommunikation, in denen formales Lernen, aber auch informeller Austausch möglich ist.
Auch wenn jeder Raum «Lernraum» sein kann, muss Lernumgebung so gestaltet sein, dass sie Lernprozesse anregt und zum Lernen inspiriert (Eigenbrodt, 2018, S. 41). Lernräume müssen sich an den darin geplanten (Lern-)Aktivitäten orientieren. Sie sehen anders aus, wenn darin Lehrinhalte vorgetragen, gemeinsam gelernt, selbstgesteuert vertieft, forschend entwickelt oder kreativ-künstlerisch-musisch-bildend gelernt, anwendungsorientiert trainiert oder Prüfungen durchgeführt werden (Kerres, 2021, S. 202). Anstelle des traditionellen Verständnisses von Lehre rücken vielmehr die Lernenden in den Mittelpunkt, welche in flexiblen Raumarrangements lernen, die auf verschiedene Lernsituationen reagieren und an vielfältige Aufgabenstellungen angepasst werden können (Stang, 2016, S. 24f). Idealerweise werden Lernräume nicht durch die Gestaltung, Möblierung und Raumorganisation (vor-)definiert, sondern durch das Agieren von Lernenden und Lehrenden darin (Stang, 2021, S. 303f).
Campus der Zukunft
Daher soll ein Campus der Zukunft Lernen und Lehren als Partizipation und Enkulturation unterstützen. Dazu braucht es Räume für Gruppenarbeiten, Fachdiskurs und informellen Austausch. Ein Campus der Zukunft ist als Lebens- und Lernort geplant, der angemessen auf die veränderten Bedürfnisse von zunehmend mobilen und diversen Studierenden eingeht, getragen von einer Organisationskultur, bei der Studierende in die Gestaltung eingebunden sind, und von Planungs- und Betriebskonzepten, welche die Aufnahme und Umsetzung neuer Entwicklungen und Anforderungen fördern. (Brandt & Bachmann, 2014, S. 15)
Der Campus von morgen ermöglicht zeit- und ortsunabhängiges Lernen, bietet aber gleichzeitig einen festen Lernort. Mit definierten Grenzen schafft er flexible Nutzungsformen. Neben fachspezifischen Lösungen erlaubt er übergreifende Angebote und Identifikationsmöglichkeiten. Der Campus bietet Räume für individuelles Selbststudium ebenso wie für diskursive Gruppenarbeiten und informellen Austausch. Für die Entwicklung eines Arbeitsortes, der gleichzeitig Lebensraum ist, werden Studierende als Kund:innen und Angehörige der Hochschule eingebunden. (Brandt & Bachmann, 2014, S. 22)
Raumtypologie für Lehr- und Lernräume an der HSLU
Ausgehend von obigen Überlegungen zu veränderter Lernkultur und einem Campus der Zukunft schlägt die Arbeitsgruppe Lernräume des ZLLF eine Typologie von Lernräumen für die HSLU vor. Diese Raumtypologie greift diejenigen von Brandt und Bachmann[1] zu «Lehrräume für die Durchführung und Organisation der Lehrveranstaltungen, Lernräume für selbstgesteuertes Lernen, allein oder in Gruppen, Zwischenräume, in denen sich Studierende erholen, mit anderen austauschen und verpflegen können, Prüfungsräume für die Durchführung der zahlreicher gewordenen und oft zeitgleichen Prüfungen und Spielräume, um innovative Lehr- und Lernformen zu entwickeln und umzusetzen» auf und denkt sie mit Bezug auf die HSLU und die anstehenden Campus-Projekte und klarem Fokus auf Lernräume für formales Lernen weiter.
Daraus ergeben sich folgende Raumtypen:
- Lernräume für inputorientierten Unterricht (auch in grösseren Gruppen)
- Lernräume für kollaborativen Unterricht, Projektarbeiten, Gruppenarbeiten
- Lernräume für freie, flexible, experimentelle Nutzung («out of the box»)
Die folgende Charakterisierung dieser unterschiedlichen Lernräume erfolgt entlang der darin stattfindenden Aktivitäten, macht Vorschläge für die Möblierung und gibt Hinweise für die Ausstattung. Sie beruht auf Überlegungen der Vertreter:innen des ZLLF im Rahmen ihrer bisherigen Auseinandersetzung mit Räumen, auf den Begehungen anderer Hochschulen, den Workshops zum Projekt Perron, ihrer eigenen Lehrtätigkeit, welche z. T. in ihrer wissenschaftlichen Arbeit konsolidiert wurde. Die Typologisierung soll als Wegweiser für die Strukturierung der Diskussion zu den Lernräumen im Perron-Gebäude beitragen, erhebt aber nicht den Anspruch, vollständig oder abschliessend zu sein.
weiterlesen im Dokument Typologie_Lernräume_Zukunft