Angekommen am Rand von Monte Carasso, an der Talstation der Seilbahn, macht sich die Gruppe auf den Weg zum Dorfzentrum, wo unter anderem das ehemalige Augustinerinnenkloster entdeckt werden soll. Zu Beginn scheint Monte Carasso nicht anders als andere Tessiner Dörfer. Diverse Architektur reiht sich aneinander. Je näher man der Mitte kommt, desto mehr spürt man die Arbeit von Luigi Snozzi. Kaum vorstellbar, dass dieses Zentrum vor der Umsetzung seines Masterplans verlassen dagelegen haben soll.
Es ist kurz nach vier, Kinder spielen auf dem grossen Platz fangen. Die Eltern schauen zu oder trinken etwas an der Bar, welche in das ehemalige Kloster integriert wurde. Es ist laut, voll und lebendig. Gelächter und Geplapper definieren die Klangkulisse des Zentrums. Die Stimmung ist ausgelassen und beinahe ansteckend, viele Menschen treffen aufeinander und tauschen sich aus. Die Nutzenden bestimmen klar die Wirkung des Ortes, die Architektur tritt in dieser Hinsicht beinahe zurück.
Ab vom Geschehen, in den Gängen und Treppenhäusern des Gebäudes, spürt man noch etwas von der Andächtigkeit des Klosters. Es ist ruhiger, die Architektur mit den Kreuzgewölben tritt stärker in den Vordergrund. Vergitterte Fenster werfen spannende Schatten auf die hellen Wände (Abb. 2 und 3). Man hört die Stimmen vom Platz, fühlt sich aber gleichzeitig weit davon entfernt. Der Kontrast zwischen dem ehemaligen Kloster und der neuen Nutzung scheint in dieser Grenze erkennbar zu werden.
Trotz diesem Kontrast passt die Schule gut in das Kloster. Auch dieses war ein Ort, um sich Wissen anzueignen und auszutauschen. Dank der neuen Nutzung wird das Kloster wieder belebt und der Standort erhält seine frühere Wichtigkeit zurück. Schon nur der zentralen Lage wegen ist die Zuteilung sinnvoll. Snozzi legte immer Wert auf den Ort, hier in Monte Carasso hat seine Arbeit gut funktioniert. Die Bewohner*innen eignen sich den Ort an und beleben ihn auf ihre eigene Weise, so wie der Architekt es sich gewünscht hatte.
Monte Carasso ist also nicht umsonst ein Vorbild für viele junge Stadtplanende und ein gutes Beispiel dafür, wie eine ortsspezifische Planung neues und altes rücksichtsvoll verbinden kann. Snozzi schenkte einem Ort ein Zentrum, das Zentrum schenkte dem Ort neues Leben. [1]
Endnoten
[1] Dietrich, 2021
Quellenverzeichnis
Dietrich, Anina: eigene Beobachtungen vor Ort, 2021
Abbildungsverzeichnis
Titelbild: Dietrich, Anina: Blick auf das Gebäude vom Platz aus
Abb. 1: Dietrich, Anina: Spielende Kinder und Bar
Abb. 2: Dietrich, Anina: Gang weg vom Platz
Abb. 3: Dietrich, Anina: Vergittertes Fenster im Treppenhaus
Abb. 4: Dietrich, Anina: Blick auf die Kirche aus dem zweiten Stock
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