Eine „promenade architecturale“ durch den Aussenbereich der Casa d’Arte Miler
Etwas ausserhalb des Dorfkerns, direkt zwischen der Kantonsstrasse und der Eisenbahnlinie, liegt das von hinten gesehen recht unscheinbare Gebäude. Biegt man hier um die Ecke, begrüsst einem erst einmal eine lange, massive Betonwand. Lässt man den Blick über die Mauer schweifen, kann bereits ein erster Augenschein auf den oberen Teil der Villa Badia erhascht werden. Der Betonwand folgend gelangt man zur Holztür, welche zur grauen Betonwand einen warmen Kontrast bietet. Kontrast bietet auch die zylindrische Rundung [1], welche direkt nach dem Eingang folgt und so den Besucher ins Innere führt. Zwei Stufen und die weit offenen Türflügel laden ein, das Grundstück zu betreten.
(Siehe Abbildung 1, 2)
Sofort eröffnet sich der Aussenbereich, welcher trotz klarer Linien eine Spannung aufrecht erhält. Einzelne ausgestellte Kunstobjekte verraten bereits den heutigen Zweck der Villa, auch Casa d’ Arte Miler genannt. Den Blick also vorerst auf die Kunstobjekte gerichtet, führt der Weg an der Eingangstür des Kunsthauses vorbei. Dabei fällt die Treppe ins Auge, welche nicht nur zum Aufstieg in den höheren Gartenteil dient, sondern durch die höheren Abstufungen auch zum Sitzen und geniessen einlädt. Folgt man jedoch den Stufen am linken Rand der Treppe, wird ein Blick auf den See freigelegt, welcher an die Zeit vor der Bahnlinie erinnert, als das Haus noch direkten Zugang zum See hatte. Grün unter den Füssen, das Blau des Sees im Blick und das Rauschen der Bäume im Ohr – ein introvertierter Stadtgarten mit Aussicht.
Ein Schauplatz für vergessene Helden
Am Südufer des Sees, in der Ortschaft Capolago, ausgerichtet nach Melide liegt die Villa Badia.
Das historische Gebäude «Tipografia Elvetica» wurde 1670 erbaut und war die geheime Druckerei der Patrioten des italienischen Risorgimento [2]. Zudem fand dort 1891 auch der erste anarchistische Kongress der italienischen Sozialisten statt [3]. Zur Villa kam Ende des 18. Jahrhunderts ein Anbau dazu [4]. Ein Ort mit Geschichte also, was den heutigen Besitzer Milo Miler schon lange faszinierte. Zusammen mit seiner Frau Julia Kessler entschied er sich 2006 das Gebäude zu kaufen und zu einem Kunsthaus umzubauen.
Eingebettet zwischen der Durchfahrtstrasse und der Eisenbahnstrecke Lugano-Chiasso sowie des öffentlichen Parkplatzes ist die Villa heute von ziemlich viel Lärm umgeben. Dies fand ganz besonders bei der Gestaltung des Innenhofes Beachtung. Dieser wurde zusammen mit Jachen Könz entworfen. Entstanden ist ein introvertierter Raum, der Ruhe bringt und dank dem erhöhten Bereich die alte Aussicht wiederherstellt. Nach fünf Jahren sorgfältigem und leidenschaftlichem Umbau ist in der Villa Raum für bildende Kunst und das historische Design entstanden [5]. Die Atmosphäre des Innenausbaus «warm- minimal» [6] zeigt sich klar in den verwendeten Materialien wie den freigelegten Balken und den klaren, weissen Wänden im Kontrast zum dunklen Boden.
Das Kunsthaus hat einen wohnlichen Charakter und seine ganz eigene Art Kunst auszustellen. Auf der grossen Ausstellungs- und Verkaufsfläche zeigen die beiden Inhaber eine umfassende Sammlung ihrer Helden wie zum Beispiel Gustave Serrurier-Bovy, Yvaral und Ödön Koch [7]. Darunter befinden sich besonders viele Designermöbel von Gustave Serrurier-Bovy, welcher die Besitzer Julia und Milo sehr inspiriert. (Abbildung 4) Zudem finden sich auch fein selektionierte Skulpturen, Gemälde und dekorative Kunst im Casa d’ Arte Miler [8]. Entstanden ist schlussendlich ein Gebäude, in welchem Julia und Milo nicht nur Ausstellen, sondern auch Wohnen, womit die beiden Tag und Nacht ihre Kunst und die Aussicht auf den See geniessen können. (Abbildung 3)
Endnoten
[1] Könz 2016, S 60.
[2] Miler & Kessler 2020.
[3] Koeberle S 60.
[4] Könz 2016, S 60.
[5] Miler & Kessler 2020.
[6] Könz 2016, S 60.
[7] Rose 2016, S 83.
[8] Miler & Kessler 2020.
Literaturverzeichnis
Koeberle, Susanna: Tessin, Zweite Reihe. In: Ideales Heim 2012, 52–62.
Könz, Jachen: Casa d’Arte Miler — sistemazione esterna 2011. Aufgerufen von: https://www.koenz.ch/?progetti=35 .
Könz, Jachen: Casa d’Arte Miler, Capolago. In: Swiss review of architecture, engineering and urban planning 2016, 60–63.
Miler, Milo & Kessler, Julia: Art House 2020. Aufgerufen von: http://miler.ch/en_art-house.html (30.03.2020).
Rose, Kerstin: Platz für Helden. In: Raum und Wohnen 2016, 76–86.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Einladender Eingang zum Innenhof (Miler & Kessler 2020.)
Abbildung 2: Blick auf ein Kunstobjekt im Aussenbereich (Könz 2011.)
Abbildung 3: Ausstellung mit Aussicht auf den See (Koeberle 2012, S56.)
Abbildung 4: Stühle und Skulptur von Gustave Serrurier-Bovy (Miler & Kessler 2020.)
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