SAP Cloud: Abhängigkeit als Risiko oder strategische Chance?

Unternehmen, die SAP langfristig nutzen möchten, kommen nicht um die Entscheidung herum, ob ein Wechsel in die SAP-Cloud für sie infrage kommt. SAP Cloud-Modelle bieten zwar Vorteile, stellen Unternehmen jedoch auch vor neue Herausforderungen, die Anpassungen an organisatorischen Strukturen und Rollen erfordern.

SAP verfolgt eine Cloud-First-Strategie: Neue Funktionen werden hauptsächlich für die SAP S/4HANA Public Cloud entwickelt und in mehreren Releases pro Jahr ausgeliefert. Andere SAP Betriebsmodelle basieren zwar auf derselben technischen Codebasis, erhalten diese Innovationen jedoch zeitverzögert oder in reduzierter Form. SAP On-Premise bleibt bis 2040 unterstützt, verliert aber zunehmend an funktionaler Weiterentwicklung, da SAP technologische Neuerungen, insbesondere im Bereich KI und Automatisierung, primär in der Cloud bereitstellt. Unternehmen sollten deshalb frühzeitig prüfen, ob ein Wechsel in die SAP-Cloud sinnvoll ist oder ob alternative Betriebsmodelle, etwa ein ERP anderer Anbieter, langfristig besser zu ihren Anforderungen passen. Die Auswirkungen von SAP Cloud zeigt sich u.a. in den drei Bereichen: Standardisierung, Skalierbarkeit und Innovationsgeschwindigkeit.

Standardisierung

Bei SAP On-Premise haben Unternehmen weitreichende Möglichkeiten, individuelle Businessbedürfnisse technisch umzusetzen. In der SAP Cloud hingegen sind direkte Eingriffe in den Standard nicht mehr möglich. Individuelle Anforderungen, welche nicht in den Core eingreifen, können weiterhin umgesetzt werden, jedoch ausschliesslich über die von SAP vorgesehenen Erweiterungspfade, wie die SAP Business Technology Platform (BTP). Wünsche, die über diese Möglichkeiten hinausgehen, können über SAP Improvement Requests (Vote-System) eingereicht werden. Der Vorteil dieses Ansatzes: Systeme bleiben stabil, updatefähig und harmonisiert, da sie nicht durch tiefgreifende individuelle Modifikationen beeinträchtigt werden. Gleichzeitig erfordert diese stärkere Standardisierung ein Umdenken in den Fachbereichen, da Prozesse vermehrt an den SAP-Standard angepasst werden müssen.

Skalierbarkeit

Ein wesentlicher Vorteil der SAP-Cloud ist ihre hohe Skalierbarkeit: Benutzer, Rechenleistung oder zusätzliche Systeme können flexibel erweitert oder reduziert werden, ohne eigene Hardware aufbauen oder betreiben zu müssen. Das erleichtert saisonalen Lastspitzen oder die schnelle Einführung neuer Geschäftsmodelle. Gleichzeitig führt der Cloud-Betrieb zu einer komplexeren Systemlandschaft. Verantwortung verteilt sich auf SAP, den Hyperscaler, Integrationsplattformen und interne Systeme. Kommt es zu Störungen, ist die Ursache oft schwerer zu identifizieren. Liegt es an der Schnittstelle, am Release, am Hyperscaler oder an Custom-Erweiterungen? Diese reduzierte Transparenz erschwert das Troubleshooting und verlängert Supportprozesse. Unternehmen müssen daher Governance, Monitoring und Rollenverteilung klarer definieren als im klassischen On-Premise-Betrieb.

Innovationsgeschwindigkeit

Mit der SAP Cloud bleibt das Unternehmen technologisch am Puls der Zeit: Updates, neue Funktionen und KI-Innovationen werden automatisch bereitgestellt. Diese kontinuierliche Weiterentwicklung bietet grosse Chancen, erfordert aber auch einen kulturellen Wandel. Die Herausforderung liegt weniger in der Technik als im organisatorischen Umgang mit Veränderung: IT und Fachbereiche müssen Prozesse regelmässig anpassen, Testaufwände einplanen und Veränderungen aktiv steuern. Nur so kann die hohe Geschwindigkeit der Cloud-Innovationen sinnvoll genutzt werden.

Herausforderungen meistern, Potenziale nutzen

Die Abhängigkeit von SAP birgt sowohl Risiken als auch Chancen. Unternehmen, die Veränderung in ihren Verantwortlichkeiten, Fähigkeiten und der Zusammenarbeit zwischen IT und Business aktiv angehen, können die Herausforderungen einer komplexeren Systemlandschaft und der stärkeren Bindung an den SAP-Standard erfolgreich bewältigen. Gleichzeitig profitieren sie von einer skalierbaren Cloud-Infrastruktur sowie einem deutlich schnelleren Zugang zu neuen Funktionen.

«Für die sprachliche Optimierung und das Beitragsbild kam KI zum Einsatz. Fachliche Inhalte und Schlussfolgerungen stammen von der Autorin»

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Andrina Schläpfer

Andrina Schläpfer ist Plattformmanagerin Cloud und Integration bei der BKW AG und bloggt aus dem Unterricht des CAS Cloud und Platform Manager

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