2. März 2020

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Digitaler Zwilling: Das Ende von Datensilos

Digitaler Zwilling: Das Ende von Datensilos

Die Immobilienwirtschaft befindet sich inmitten eines digitalen Umbruchs, in dem vor allem akteurspezifische Teillösungen geschaffen werden. Diese Insellösungen führen zu komplexen Infrastrukturen, die nicht miteinander vernetzt werden können und das Potenzial der Digitalisierung wesentlich einschränken. Die sich immer weiter spezialisierende Immobilienwirtschaft bedarf einer kongruenten Digitalisierungsstrategie, um Schnittstellenproblematiken zu lösen. Ein Plädoyer für den digitalen Zwilling.

Aufgrund des allgemeinen Erfordernisses einer schnellen Datenverfügbarkeit innerhalb eines globalen Netzwerkes ist auch die Immobilienbranche sehr informationsintensiv. Dies ist nicht zuletzt auf die weite Stakeholderlandschaft und dem langen Lebenszyklus einer Immobilie zurückzuführen. Hinzu kommen Schnittstellenproblematiken durch die Trennung unterschiedlicher Disziplinen, wie beispielsweise des Asset-, Property oder Facility Managements. Diese Schnittstellenproblematik führt zu Informationsverlusten, an denen viele Digitalisierungsstrategien scheitern. (Müller, J.)

Wo die Wertschöpfung beginnt: Erfolgreiche Digitalisierungsmassnahmen helfen bereits Dokumente zu erkennen, zu kategorisieren, automatisch zu benennen und zu sortieren. Viele Unternehmen neigen jedoch dazu, lediglich Einzelschritte ihrer Wertschöpfungskette zu digitalisieren und die nötige Kompetenz in Form von Softwarelösungen einzukaufen. Die vollumfängliche Wertschöpfung entsteht allerdings erst durch die effiziente Analyse und Verknüpfung mit spezifischen Anwendungen.  (Kurzrock BM., Bodenbender M., Müller P.M.)

Von der analogen zur digitalen und lebenszyklusübergreifenden Gebäudedokumentation: Der digitale Zwilling bildet nicht nur ein reales Produkt ab, sondern analysiert und verknüpft Daten und stellt diese sämtlichen Akteuren zur Verfügung. Die Idee wurde bereits in Form des Building Information Modeling (BIM) umgesetzt, konnte sich bisher jedoch hauptsächlich in der Planungsphase behaupten. Die digitale Nachbildung einer Immobilie beinhaltet beispielsweise Planungs-, Vertrags- und Echtzeitdaten zum Gebäudezustand oder die technischen Gebäudeausrüstung und kann so intuitiv von verschiedenen Akteuren interpretiert werden und Schnittstellenproblematiken lösen. (Müller, J.)

Digitaler Zwilling der Stadt Zürich: Der digitale Zwilling ist ein räumliches, digitales Modell der Stadt Zürich und erweitert die bestehende Geodateninfrastruktur mit 3D-Raumdaten und deren Modellen. Die 3D Geodaten bilden unter anderem Gebäude, Brücken, Vegetationen räumlich in der digitalen Welt ab. (Schrotter, G; Hürzeler, C.)

3D-Stadtmodell Zürich
3D-Stadtmodell Zürich (www.stadt-zuerich.ch)

Mit dem Ausbau der Geodateninfrastruktur und der technischen Plattform kann der digitale Zwilling für die standortbezogene Zusammenarbeit mit internen und externen Partnern genutzt werden. So können beispielsweise geplante Immobilienprojekte und Stadtentwicklungsszenarien miteinander verknüpft werden. Die Daten bieten zudem optimale Voraussetzungen für die Präsentation, Diskussion und Gestaltung des öffentlichen Raums. Die Grundlage für verschiedene Analysen und Berechnungen wie Sichtbarkeits-, Schallausbreitungs- und Sonnenpotenzialanalysen, Schattenberechnungen, Hochwassersimulationen etc. wird somit digital geschaffen. Sofern die Bevölkerung rechtzeitig in den Planungsprozess der Immobilie integriert wird, können entsprechende Analysen mit dem digitalen Zwilling die Meinungen der Einspruchsberechtigten positiv beeinflussen und die Planungssicherheit des Bauträgers erhöhen. (Schrotter, G; Hürzeler, C.)

Potentiale ausschöpfen: Der digitale Zwilling ist ein logischer Ansatz, um die informationsintensive Immobilienbranche für alle Akteure greifbar zu machen. Mit Hilfe des digitalen Zwillings werden Datensilos ersetzt. Als größte Herausforderung für die Entwicklung digitaler Zwillinge erweisen sich fehlende monetäre Argumente und das Überwinden von Schnittstellenproblematiken durch kooperative Zusammenarbeit. Die digitalen Voraussetzungen zur Schaffung eines solchen Tools sind jedoch bereits gegeben. Es wäre schade, die bestehenden Möglichkeiten zur Etablierung des digitalen Zwillings ungeachtet zu lassen und diese Potenziale zu vernachlässigen.

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Quellen:

Klostermeier R., Haag S., Benlian A. (2019) Digitale Zwillinge – Eine explorative Fallstudie zur Untersuchung von Geschäftsmodellen. In: Meinhardt S., Pflaum A. (eds) Digitale Geschäftsmodelle – Band 1. Edition HMD. Springer Vieweg, Wiesbaden

Kurzrock BM., Bodenbender M., Müller P.M. (2019) Von der analogen zur digitalen lebenszyklusübergreifenden Gebäudedokumentation. In: Peyinghaus M., Zeitner R. (eds) Transformation Real Estate. Springer Vieweg, Wiesbaden

Müller J. Digitaler Zwilling: der Fixstern im Immobilienkosmos (06.02.2020). https://www.haufe.de/immobilien/wirtschaft-politik/digitaler-zwilling-der-fixstern-im-immobilienkosmos_84342_509198.html?xing_share=news

Schrotter, G., Hürzeler, C. The Digital Twin of the City of Zurich for Urban Planning. PFG (2020). https://doi.org/10.1007/s41064-020-00092-2

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