Immer wieder wird betont, wie wichtig ein gutes „Boundary Management“ im Homeoffice sei, also eine gelungene Abgrenzung von Privat- und Berufsleben trotz Arbeiten zuhause. Die us-amerikanische Umweltwissenschaftlerin Gretchen Goldman hat jetzt einen Twitter-Trend losgetreten, der zeigt, dass diese Grenze offenbar häufig horizontal verläuft: Oben ist sie ganz die seriöse Wissenschaftlerin, die dem Nachrichtensender CNN via Webcam ein Interview über Trumps Klimapolitik gibt. Unten bricht sich das Private ungehindert Bahn.
Zahlreiche andere Twitternutzer*innen haben als Antwort ihre eigenen Homeoffice-Arbeitsplätze gepostet. Das Muster der horizontalen Grenze zieht sich durch – offenbar ein Effekt der neuen Zoom-Kultur. Die Bilder zeigen auch einige wirklich kreative „Life-Hacks“: Die Idee mit dem Bügelbrett als temporärem Tisch beispielsweise, der die Webcam endlich auf Augenhöhe bringt. Das werde ich in meiner nächsten Online-Lehrveranstaltung auch mal ausprobieren…
Allerdings werfen diese Einblicke in die Hinterbühne des Homeoffice auch interessante Fragen für die Forschung auf: Ist die Tatsache, dass hier Berufs- und Privatleben nur sehr oberflächlich und provisorisch voneinander getrennt sind, wirklich nur der Enge der Wohnung und der Existenz als berufstätige Mutter geschuldet? Oder liegt in dieser Vermischung der Sphären und Rollen nicht gerade auch ein Reiz des Arbeitens von zuhause? Ist es wirklich so schlimm, wenn man seinen Arbeitstag auch mal mit einer Tasse Kaffee im Bett beginnt (wie ich das z.B. gerne tue)? Arbeiten wir zuhause vielleicht mehr als „ganze Menschen“ und – um ein grosses Wort in den Mund zu nehmen – weniger entfremdet? Wie viel Work Life Blending ist ok, wo wird es problematisch? Ich bin gespannt, was uns unsere Interviewpartner*innen zu diesem Thema berichten werden.
(Und ja: Mein eigenes Setup für den Onlineunterricht sieht grundsätzlich ähnlich aus. Diese Woche ist es gerade abgebaut, weil ich keine Zoom-Seminare habe – deshalb kein Bild 😉 )