Wie hat sich Homeoffice in den letzten Monaten entwickelt? Eine Annäherung mit aktuellen Mobilitätsdaten.

In der Schweiz gibt es zwei grosse Projekte, die das Mobilitätsverhalten der Bevölkerung während der Pandemie beobachten und analysieren: Einmal das „MOBIS-COVID-19“ Projekt an der ETH Zürich und zum anderen das „Mobilitäts-Monitoring COVID-19“ der intervista AG im Auftrag des Statistischen Amtes des Kantons Zürich, der Swiss National COVID-19 Science Task Force sowie der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich.
Beide Untersuchungen belegen, dass sich die Mobilität der Schweizer Bevölkerung nach einem massiven Einbruch während des Lockdowns im Verlauf des Sommers wieder nahezu auf dem Vorkrisenniveau eingependelt hat (intervista 2020; Molloy et al. 2020). Intervista hat auch bereits Daten bis in den November hinein publiziert die zeigen, dass die Mobilität seit ungefähr Mitte Oktober zwar wieder deutlich zurückgeht, allerdings vor allem im privaten Bereich. Die tägliche Zahl der Pendler (siehe Grafik unten) hat sich dagegen auf einem Niveau stabilisiert, das rund zehn Prozent unter dem Vorkrisenniveau liegt.

Pendler zum Arbeits- oder Ausbildungsort

Statistik Pendler
Quelle: intervista 2020, S. 17

Wie die Grafik zeigt, pendelten noch Anfang März dieses Jahres pro Tag rund die Hälfte der Studienteilnehmer zu einem festen Arbeits- oder Ausbildungsort (die restlichen 50% sind nicht oder nur in Teilzeit erwerbstätig, arbeiteten auch zuvor schon zuhause oder haben keinen festen Arbeitsort wie bspw. viele Handwerker, Bus- und Taxifahrer, etc.). Mit dem Lockdown brach die Pendlerzahl auf weniger als die Hälfte ein, bedingt nicht nur durch Homeoffice, sondern auch durch Kurzarbeit etc. Ab Mitte April steigen die Zahlen dann langsam wieder an. In der zweiten Junihälfte war ein Anteil von knapp 40 Prozent Pendlern erreicht, also rund 10 Prozent weniger als vor dem Lockdown. Nach kleinen Schwankungen im Sommer (Urlaubszeit und danach) sind wir seit Anfang Oktober wieder ziemlich stabil bei genau diesem Wert von 40 Prozent.

Homeoffice-Empfehlung des Bundes weitgehend wirkungslos

Diese Zahlen zeigen, dass nach dem Lockdown nur ein Teil der Beschäftigten wieder aus dem Homeoffice in die Betriebe zurückgekehrt ist und wenn ja, dann auch nicht unbedingt täglich.
Vor allem aber wird sichtbar, dass die Empfehlung des Bunderates vom 18. Oktober, Homeoffice wo immer möglich wieder auszubauen, diesmal ganz offensichtlich weitgehend verpufft ist. Während an den Mobilitätsdaten erkennbar ist, dass sich die Menschen im Privaten durchaus einschränken, haben sich die Pendlerströme in den letzten Wochen kaum verändert (ausser, dass wieder mehr Auto und weniger Zug gefahren wird).
Diese Beobachtungen werfen einige Fragen auf: Ist die Stimmung gekippt? Waren die Erfahrungen im Frühjahr so schlecht, das man nun Homeoffice um jeden Preis vermeiden möchte? Warum zeigt die Empfehlung des Bunderates so wenig Wirkung? In einem nächsten Blogpost möchte ich versuchen, auf Basis unserer aktuellen Interviews ein paar erste Ideen zu formulieren, woran das liegen könnte.

Quellen

intervista. (2020, 09. November). Mobilitäts-Monitoring COVID-19, Bern/Zürich. https://www.intervista.ch/media/2020/03/Report_Mobilit%C3%A4ts-Monitoring_Covid-19.pdf. Zugegriffen: 12. November 2020.

Molloy, J., Tchervenkov, C., Schatzmann, T., Schoeman, B., Hintermann, B. & Axhausen, K. W. (2020). MOBIS-COVID19/26: Results as of 26/10/2020 (second wave). https://www.research-collection.ethz.ch/handle/20.500.11850/448379. Zugegriffen: 12. November 2020.

Ritter, P. (2020, 07. November). Büro schlägt Homeoffice. St. Galler Tagblatt. https://www.tagblatt.ch/schweiz/in-der-freizeit-schraenkt-sich-die-bevoelkerung-ein-doch-viele-muessen-noch-pendeln-ld.1276720. Zugegriffen: 12. November 2020.

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