• „Lassen sich Lernprozesse, die bislang mit der Kopräsenz von Lehrenden und Lernenden in den Werkstätten, Labors, Ateliers und Proberäumen der Hochschule einhergehen und auch praktisch-manuelle Arbeit einschliessen, virtualisieren und digitalisieren?
  • Welche Gelingensbedingungen gelten für einen erfolgreichen Transfer der Lehre von den physischen Räumen ins Digitale?
  • Wo liegen die Grenzen des Distance Learning in den verschiedenen angewandten Disziplinen?“

Diesen Fragen ging das Teilprojekt Analog_digital. Digitalisierungschancen in zwingenden Präsenzformaten in Design, Musik und Technik nach, das im Rahmen des swissuniversities-Programms P-8 Stärkung von Digital Skills in der Lehre gefördert wurde. Zum Zeitpunkt der Projektausschreibung, im Herbst 2020, hatte die Hochschule Luzern infolge der COVID 19-Pandemie den ersten Lockdown bewältigt. Über mehrere Monate hinweg war die Lehre komplett in den virtuellen Raum verlegt worden. Lehrangebote in angewandten Disziplinen, die bislang zwingend in den Ateliers, Werkstätten, Labors und Übungsräumen am Campus oder in Museen und Sammlungen vor Ort stattgefunden hatten, betraf dies ungleich stärker als Module, in denen theoretische Grundlagen bzw. so genanntes explizites oder deklaratives Wissen vermittelt wurden.

Wie wurde diese Herausforderung in den verschiedenen Disziplinen bewältigt? Mussten Abstriche bei der Vermittlung bestimmter Lehrinhalte gemacht werden? Welche Stärken hatte die Digitalisierung der Lehre?

Im Folgenden werden aktueller Stand und Erfahrungen mit Digitalisierung und Distance Learning in fünf Modulen aus den Departementen Design Film Kunst, Technik & Architektur und Musik der Hochschule Luzern vorgestellt. Es werden kurze Einblicke in die Modulinhalte und Lernziele gegeben sowie Stärken, Schwächen und Grenzen der Digitalisierung in den verschiedenen Bereichen analysiert. Ein vergleichendes Resümee zeigt auf, wie die verschiedenen Wissensbestände und Praktiken der Disziplinen und die damit verbundenen unterschiedlichen Zugänge in der Lehre auf die Möglichkeiten und Grenzen der Digitalisierung und des Distance Learning rückwirken.
Der Text basiert auf dem mündlichem Austausch mit den Modulleitungen sowie auf den schriftlichen Berichten, die die Kolleg:innen freundlicherweise verfasst haben; diese Berichte stehen im Folgenden als PDF in voller Länge zum Download bereit.
An dieser Stelle herzlichen Dank an alle, die zu diesem Projekt beigetragen haben!

 

HSLU – Departement Design Film Kunst
Modul IDA – BA Produktdesign: Wearable Futures

Dozierende: Nika Spalinger (Kunst; Modulleitung), Christoph Zellweger (XS Schmuck), Thai Hua (Objektdesign), Gordan Savicic und Livia Müller (Digital Ideation)
Bericht_ Spalinger_Wearable Futures_PDF

Teamarbeit im Atelier: Simone Wohnlich und Raoul Hayoz kreiierten “Die Synäbrill”, ein fiktives Wearable, das die Kreativität stimuliert und z.B. beim Schreiben von Texten unterstützt. (Foto: Nika Spalinger, 2019. Still aus dem Video der beiden Design-Studierenden).

Das interdisziplinäre Modul Wearable Futures richtet sich an Studierende aller BA-Studienrichtungen am Departement. Innerhalb der achtwöchigen Laufzeit erhielten die Studierenden Einblick in die Diskurse, Chancen und Herausforderungen, die sich aus der fortschreitenden Digitalisierung und Miniaturisierung tragbarer Technologien (Wearables) in den Bereichen Design und Kunst ergeben. Im Fokus standen die Entwicklung, Gestaltung und Realisierung von funktionsorientierten oder spekulativ-künstlerischen Wearables sowie die kritische Reflexion der Mensch-Objekt-Beziehungen einschliesslich der Auswirkungen der Objekte auf das Zwischenmenschliche. Bereits bei der ersten Durchführung des Moduls 2018 wurden digitale und analoge «Facilities» und Unterrichtsformen miteinander eng verschränkt. Im FS 2020 erforderte der durch die COVID-19 Pandemie bedingte Lockdown die vollständige Umstellung auf Distance Learning; die notwendige Hardware für den Bau der Prototypen musste den Studierenden per Post nach Hause geschickt werden, Gruppenarbeiten waren nicht möglich. Gleichwohl konnte das Modul mit guten Resultaten abschliessen: Zwar waren Abstriche bei der Vermittlung, Begleitung und Umsetzung komplexer Anwendungen sowie beim interdisziplinären Austausch unvermeidbar; dennoch konnten die Studierenden zum Abschluss zufriedenstellende Projektarbeiten präsentierten. Die Analyse und Evaluation von vier Durchführungen des Moduls von 2018 bis 2021 ergeben ein differenziertes Bild.

Stärken und Schwächen von Digitalisierung und Distance Learning

  • Mit Lernvideos können bestimmte theoretische Inhalte und praktische Anleitungen (z.B. die Einführung in Arduino) sehr gut vermittelt werden. Die erstmalige Erstellung von Lernvideos ist jedoch sehr zeit- und arbeitsintensiv; bei wiederholtem Einsatz im Unterricht entlasten sie die Dozierenden von der repetitiven Vermittlung von Basiswissen.
  • Das Distance Learning wirkte sich negativ auf den materiell-handwerklichen Kompetenzaufbau der Studierenden aus.
  • Die bei Distance Learning eingeschränkte Verfügbarkeit von Materialien und Werkzeugen forderte zwar die Kreativität der Studierenden heraus; kompliziertere Anwendungen, die einer stärkeren Unterstützung durch Dozierende bedurft hätten, kamen jedoch zu kurz.
  • Die mit Distance Learning verbundene Einzelarbeit an den Projekten wirkte sich negativ auf die soziale Kompetenz, die interdisziplinäre Zusammenarbeit und die Einübung von Co-Creation aus.
  • Positiv an der Einzelarbeit war, dass Studentinnen technische Arbeiten, die sie häufig den männlichen Studienkollegen überlassen, nun selbst bewältigen mussten, was ihnen auch gelang. «So diente Corona indirekt der Frauenförderung», kommentiert Nika Spalinger.
  • Die Präsentation von Projektideen und Prototypen mittels «Mock-up» Videos über Zoom funktionierte beim Distance Learning sehr gut; ebenso der neu eingeführte Bewertungsmodus, bei dem die Studierenden ihre Projektarbeiten in Kleigruppen gegenseitig beurteilen und ihre Bewertungen im Plenum vorstellen und begründen.
  • Eine Beurteilung und Bewertung der formalen und materiellen Qualität der Prototypen ist nur eingeschränkt möglich, wenn diese einzig über Fotos und Videos am Bildschirm präsentiert werden.

Weiterführung des Moduls

  • Mit der Curriculumsreform zum Schuljahr 2022/23 wurden alle achtwöchigen IDA-Module in sechswöchige +Colabor-Module überführt; Wearable Futures wird unter Leitung von Gordon Savicic in neuer Form als Fachmodul weitergeführt.

 

HSLU – Design Film Kunst
BA Modul Textildesign: Digitaler Besuch von virtuellen Textilsammlungen

Dozierende: Tina Moor, Jonas Leysieffer Bericht_Leysieffer_Digitaler_Besuch_virtuelle_Textilsammlungen_PDF

Stickerei: Vergleich eines Fotos, das den Gesamteindruck des Textilobjekts wiedergibt mit einem Markofoto, das die Details der Stickerei zeigt (Foto: Jonas Leysieffer, 2020)

Das Modul Sammeln: Von der Vergangenheit in die Zukunft richtet sich an Textildesign-Studierenden des 1. Semesters. Neben theoretischen Inputs, die an der Hochschule gegeben wurden, fand das Modul bislang stets in Museum und Sammlungen vor Ort statt, damit die Studierenden Schwellenängste überwinden, die Institution und deren Sammlungsgeschichte kennenlernen und zu den Verantwortlichen Kontakt aufbauen können. Vor allem aber ermöglichte der Besuch der Museen und Sammlungen, die Exponate aus nächster Nähe zu betrachten und sie bis in die Details ihrer Machart im Zusammenhang mit der erzielten Wirkung zu analysieren. Weiterhin diente der direkte mündlich Austausch mit den Mitstudierenden über die eigenen Beobachtungen zur Einübung der Phänomenologie. So bestand bis zum Frühjahr 2020 weder ein inhaltlicher noch ein didaktischer Grund für eine Digitalisierung des Moduls, die über die übliche Nutzung der Lernplattform ILIAS für den Austausch von Studienmaterialien hinausging.

Die durch die COVID-19 Pandemie bedingte Umstellung des gesamten Unterrichts auf Distance Learning musste ad hoc in kürzester Zeit geleistet werden. Da seitens der Museen und Sammlungen kaum geeignetes Bildmaterial für Studienzwecke vorlag, erstellten die Modulverantwortlichen selbst Makrofotos der Objekte sowie Walk-through-Videos durch die Räumlichkeiten, die den Studierenden auf ILIAS zur Verfügung gestellt wurden. Im Nachgang wurden bei der Evaluation des Moduls die Stärken und Schwächen herausgearbeitet und im Rahmen der Curriculumsreforms geprüft, ob es aus didaktischer Sicht sinnvoll wäre digitale Komponenten zu integrieren; und falls ja, welche. Da sich mittlerweile im Textildesign die Anforderungen an die Kenntnis von Objekten verändern und über das regional Verfügbare hinausgehen, sei dies der Fall, erläutert Jonas Leysieffer. Auch würden Museen zunehmend Onlinesammlungen aufbauen. Um die Studierenden in den Umgang mit diesen digitalen Sammlungen einzuführen, wird nun das Zürcher eMuseum ergänzend zu den Museums- und Sammlungsbesuchen vor Ort vorgestellt.

Stärken und Schwächen von Digitalisierung und Distance Learning

  • Makrofotos und Videos von textilen Objekten beschränken die Beobachtung und Analyse der Objekte auf das Visuelle, zudem auf genau die Betrachtungsperspektive des Fotografen; die für Textilen wichtigen haptischen und performativen Qualitäten bleiben ausgespart.
  • Bei Distance Learning gelingt der Abbau von Hemmschwellen gegenüber Institutionen und ihrem Personal weniger erfolgreich. Die Videokonferenzen mit den Leitungspersonen der Sammlungen konnten nur ein oberflächliches und lückenhaftes Bild vermittelten.
  • Das Einüben von kollaborativen Arbeitsmethoden (Arbeitsteilung bei Gruppenarbeiten, Mitteilen von Beobachtungen an Objekten) ist erschwert.
  • Die Erstellung des digitalen Unterrichtsmaterials ist für die Dozierenden mit einem erheblichen Zeitaufwand verbunden; da sich Sammlungen permanent wandeln, würde dieser Aufwand bei einer konsequenten Umstellung auf Distance Learning immer wieder erneut anfallen.
  • Ein Kontakt und Austausch zwischen Dozierenden und Studierenden ausschliesslich über Videokonferenzen erschwert interaktive Unterrichtsformen; die Studierenden sind gefordert selbstständiger zu arbeiten, während die Dozierenden weniger Einblick in die Lernprozesse haben und weniger individuell unterstützen können.
  • Positiv fiel auf, dass die Studierenden bei ihren Präsentationen den Freiraum und die gestalterischen Möglichkeiten der digitalen Applikationen auf eine kreative Art und Weise nutzten.

Weiterentwicklung des Moduls

  • Nach einer Evaluation des im HS 2020 vollständig digital durchgeführten Moduls wurde auf die zukünftige Umsetzung eines kompletten Digitalisierungsansatz verzichtet. Die Lernziele – Studium der textilen Objekte, persönliches Kennenlernen der Sammlungen, Austausch und Gruppenarbeit mit den Mitstudierenden – lassen sich ohne den Einsatz digitaler Medien und Applikationen gut erreichen.
  • Ein entscheidender Vorteil von digital bereitstehendem Studienmaterial besteht darin, dass es ein Studium von Objekten ermöglicht, die vor Ort nicht zugänglich sind – sei es, weil sie in ausländischen Sammlungen oder unter strengen konservatorischen Auflagen aufbewahrt werden. Die Nutzung von Online-Sammlungen, wie sie Museen sukzessive aufbauen, kommt daher fortan als eine sinnvolle Ergänzung der Vor-Ort-Besuche hinzu; dabei werden den Studierenden die Möglichkeiten und Grenzen des digitalen Objektstudiums bewusstgemacht.

 

HSLU – Departement Design Film Kunst:
BA Modul Textildesign: «Textile Grundlagen» und «Stoff bilden»

Dozierende: Marion Becella (Modulleitung; Gewebetechnik), Christa Michel (Stricktechnik), Daniela Zimmermann (Nachhaltigkeit)
Bericht_Becella_Textile Grundlagen_PDF

Textile Grundlagen: „Materialbar“ im Atelier zum Begreifen der verschiedenen Fasern, Garne und Gewebe. (Foto: Marion Becella, 2022)

Grundlegend für Textildesign-Studierende des 1. Semesters ist der Kompetenzerwerb über Textile Grundlagen und Stoff bilden. Neben fachtheoretischem Unterricht, der übergeordnetes Wissen über die gesamte textile Produktionskette sowie über flächenbildende (Weben, Stricken) und flächenverzierende Techniken (Drucken, Sticken) umfasst, sind die Faser- und Materialkunde sowie der Erwerb von praktischem Können im Umgang mit Materialien, Werkzeugen und Maschinen zentrale Inhalte. Wie Marion Becella erläutert, folgt die didaktische Vermittlung dem «Prinzip der multisensorischen Verstärkung». Theoretisches Wissen wird unmittelbar nach der Vermittlung in der Werkstatt in angeleiteten Experimenten praktisch erprobt. Beispielsweise gehört zur Faser- und Materialkunde der direkte sinnliche Kontakt mit den textilen Materialien (Fasern, Garnen, Stoffen), um die Bestimmung von Textilfasern anhand ihrer Haptik, ihrer Optik und – in Verbindung mit Brennproben – auch anhand ihres Geruchs zu erlernen. Ebenso folgt der theoretischen Vermittlung von Entwurf und Konstruktion textiler Flächen mittels Weben und Stricken die praktische Erprobung dieser Techniken an manuell bedienten Maschinen mit digitaler Ansteuerung.

Da Materialerfahrung und Erwerb von handwerklichem Know-how im Umgang mit den Werkzeugen und Maschinen zur Gewebeherstellung unverzichtbar sind, stand der Unterricht in den Werkstätten und Ateliers vor Ort nie in Frage. Während des COVID 19-bedingten Lockdowns 2020 konnten sich die Studierenden die fachtheoretischen Inhalte mittels Lehrbuchs, vertonter Präsentationsfolien und Videos aneignen, die die Dozierenden teils selbst erstellt, teils aus vorhandenen Dokumenten ausgewählt hatten. Für das Verständnis des Webprozesses und das Training von praktisch-handwerklichem Know-how mussten die Studierenden indessen individuell improvisieren: Je nach dem, was sie zuhause vorfanden und halbwegs geeignet war, wurden Bilderrahmen, Backofenrost, Schneidebrett und ähnliches als Webrahmen zweckentfremdet; Essstäbchen oder Kugelschreiber ersetzten das Webschiffchen und selbst angefertigte Kartonkarten halfen beim Brettchenweben. Es steht ausser Frage, dass die Aneignung dieses impliziten Wissens nur durch «Selber-machen» gelingen kann und in den Hochschul-Werkstätten die besten Bedingungen dafür gegeben sind. Distance Learning ist keine Option, denn im Unterschied z.B. zu den Arduino-Senorkits, die im Modul Wearable Futures (siehe oben) den Studierenden per Post nach Hause geschickt wurden, ist dies mit den im Textildesign benötigten Materialien, Werkzeugen und Maschinen nicht möglich.

Stärken und Schwächen von Digitalisierung und Distance Learning

  • Textil wird primär sinnlich wahrgenommen; eine weitgehende Digitalisierung der Lehrinhalte führt zu einer ungenügenden Ausbildung der Sensorik für die Wahrnehmung verschiedener textiler Fasern und Materialien. Der Aufbau impliziten Wissens erfordert den direkten Kontakt mit den Materialien.
  • Praktisch-handwerkliches Know-how gehört ebenfalls zum impliziten Wissen. Mit digitalen Tutorials kann ein theoretisches Grundverständnis vermittelt und zu handwerklichen Tätigkeiten angeleitet werden; dennoch sind Vorkenntnisse und eigenhändiger Umgang mit Materialien und Werkzeugen zwingend erforderlich.
  • Die ästhetisch-visuelle Wahrnehmung von Textilien kann durch selbst aufgenommene Makrofotos in hohem Masse gesteigert werden: «Sie erschliessen einen neuen, spektakuläre Blick auf Textilien», beobachtet Marion Becella.

 Weiterentwicklung des Moduls

  • Die Vermittlung folgt weiterhin dem Prinzip der multisensorischen Verstärkung. Digitale Werkzeuge und Plattformen werden dabei verstärkt einbezogen, doch muss die Verknüpfung der neu eingeführten digitalen Lernangebote mit den nach wie vor zwingend analogen Angeboten genau durchdacht werden.
  • Mit der Kombination von individuell erstelltem digitalisiertem Lernmaterial und online verfügbarem fundiertem Fachwissen wurden positive Erfahrungen gemacht, zumal Online-Lehrmaterialien sich in verschiedenen Sprachen ausgeben lassen. Die Nutzung der herkömmlichen Lehrbücher wird evaluiert.
  • Makro- und Mikrofotografie werden unter Einbindung des Media-Labs und des Mikroskops zur Schärfung des digitalen Blicks genutzt – sowohl für das textiltechnische Verständnis als auch für die ästhetische Darstellungsfähigkeit.

 

HSLU – Departement Technik & Architektur:
BA Modul Digitale Durchführung von Labors mit technischen Aufbauten

Dozierende: Simon Züst (Leitung), Matthias Elmiger, Noël Heinz (Assistenz)
Bericht_Zuest_Digitale Durchfuehrung_von_Labors_PDF

Aufbau der Förderband-Übung im Labor; die Kamera für Remote und Hybrid-Durchführungen befindet sich hinter Betrachter und ist daher nicht zu sehen (Foto: Simon Züst, 2022).

Anders als am Departement Design Film Kunst, wurden am Departement Technik & Architektur, Institut für Innovation und Technologiemanagement (IIT), verschiedene Laborübungen aufgrund hoher Studierendenzahlen bereits vor dem COVID 19-bedingten Lockdown teilweise remote durchgeführt. So fanden in den Modulen Entwicklung mechatronischer Systeme (MECH) im 4. Semester und Distributed Systems (DIST_SYS) im 6. Semester die Vermittlung theoretischer Grundlagen sowie die Durchführung von Übungen zur Anwendung der Theorie teilweise oder vollständig remote sowie hybrid statt; die Studierenden arbeiteten einzeln oder in kleinen Gruppen synchron oder asynchron. Diese Möglichkeit bestand beim Start des P-8-Projekts aber noch nicht für alle Laborübungen, bei denen der Umgang mit Hardware und Software vor Ort ein wichtiges Element für das «Erlebnis» und den Lernerfolg der Studierenden ist.

Die Digitalisierung der Laborübungen erforderte eine detaillierte Analyse. Diese zeigte, dass für die Übungen drei Wissensgebiete relevant sind: Informationstechnologie, Elektrotechnik und Maschinenbau (vgl. Abb. unten)

  • Übungen wie die «Co-Simulation eines Förderbandes» beschränken sich auf den Bereich der Informationstechnologie und sind reine Softwareübungen. Sie können ortsunabhängig durchgeführt werden, – ob vor Ort, remote oder hybrid macht für das Erlebnis der Studierenden keinen Unterschied.
  • Übungen, die die Bereiche Informationstechnologie und Elektrotechnik abdecken, sind kombinierte Hardware/Software-Übungen und erfordern sowohl Hardware- als auch Software-Komponenten. Da hierbei der physische Kontakt mit der Hardware den Studierenden kein besonderes Erlebnis vermittelt, können die Übungen mit identischem Aufbau sowohl vor Ort als auch remote durchgeführt werden. Die Gruppengrösse und die Bearbeitungszeit pro Studierenden sind durch die Verfügbarkeit der Hardware vorgegeben. In einigen Fällen muss eine Person vor Ort sein, z.B. um einen Hardwareknopf zu drücken.
  • Übungen, die neben der Informationstechnik und der Elektrotechnik auch den Bereich des Maschinenbaus umfassen, erfordern dezidiert mechanische Aufbauten im Labor vor Ort. Wie Simon Züst berichtet, erfahren die Studierenden das Erlebnis, mit dem mechanisch-physikalischen Förderband in Berührung zu kommen, als sehr positiv: «Ich habe eine echte Anlage gesteuert!», ist ihre Reaktion. Ein Beispiel ist die Förderband-Übung im Labor (vgl. Abb. unten). Da sich jedoch der mechanisch-physikalische Teil der Übung – in diesem Fall eine auf dem Förderband positionierte Last – nicht selbst zurücksetzen kann, ist es erforderlich, dass ein Studierender aus dem Team die Durchführung der Übung im Labor vor Ort begleitet, während die übrigen Teammitglieder das Förderband remote steuern können. Der vor Ort Anwesende muss nach dem Durchlauf der Übung die Hardware wieder in den Ausgangszustand zurückversetzen, d.h. die Last auf das Förderband zurückstellen.
Zuordnung der Übungen zu den Feldern Informationstechnik, Elektrotechnik und Maschinenbau (Darstellung: Simon Züst 2022).

Nach dem ersten Durchlauf der überarbeiteten Laborübungen fand eine Evaluation durch die Studierenden sowie Dozierende und der Assistenz statt. Es erfolgten nochmals verschiedene Anpassungen. Für Simon Züst ist klar, dass die Digitalisierung der Laborübungen letztlich für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellt.

Stärken und Schwächen von Digitalisierung und Distance Learning

  • Durch die Digitalisierung werden Ort und Zeit der Durchführung von Übungen flexibilisiert.
  • Bei Laborübungen reduziert sich für Dozierende und Assistenz bei wiederholter Durchführung der Vorbereitungs- und Betreuungsaufwand. Sie haben mehr Zeit, um auf Anfrage einzelne Studierende bei Verständnisproblemen individuell zu unterstützen.
  • Den Studierenden steht mehr effektive Bearbeitungszeit an der Übungsinfrastruktur zur Verfügung; sie können im individuellen Lerntempo arbeiten.
  • Die Studierenden sind stärker auf sich selbst gestellt. Die Dozierenden können nicht mehr spontan reagieren, wenn Probleme bei der Durchführung einer Übung oder beim Lernfortschritt der Klasse auftreten.
  • Die Übungen müssen so konzipiert sein, dass die Studierenden selbständig arbeiten und zeitnah zur Durchführung ihren Lernfortschritt überprüfen und auch Probleme selbst lösen können.

Weiterentwicklung der Module

  • Die Studierenden können die vier intern produzierten Laborübungen  im Labor vor Ort sowie über das EEE-Netzwerk auch hybrid und remote durchführen.
  • Es wurde ein Vorgehensplan für die Digitalisierung von Laborübungen erstellt: «Als erstes sind die bestehenden Problemfelder im Ist-Zustand zu ermitteln: Wo bleiben die Studierenden hängen? Wo muss oft im Verständnis, in der Anwendung der Theorie nachgeholfen werden? Etc. Basierend auf diesen Erkenntnissen sollte die Übung didaktisch aufbereitet werden. Anschliessend können die Digitalisierungsmassnahmen erfolgen», fasst Simon Züst zusammen.

 

HSLU – Departement Musik
BA Musik: Instrumentalunterricht über das Internet

Dozierende: Marcel Vonesch, Urban Lienert
Bericht_Lienert_Instrumentalunterricht_ueber_Internet_PDF

 

Signalweg bei der Übertragung von Musik über das Internet. (Grafik: Urban Lienert, 2022)

Im Unterschied zu den inhaltlichen, methodischen und technischen Anpassungen, die in den bisher hier vorgestellten Modulen vorgenommen wurden, mussten am Departement Musik grundlegende technische Voraussetzungen für einen virtuell synchronen Instrumentalunterricht über das Internet überhaupt erst geschaffen werden. Die für Distance Learning üblicherweise genutzte Videokonferenz-Software Zoom oder ferner Teams, FaceTime, WhatsApp, Skype u.a.m. sind aufgrund verschiedener technisch bedingter Verzögerungen bei der Signalübertragung (vgl. Abb. oben) für das gemeinsame Musizieren völlig untauglich. «Der Schall legt in einer Millisekunde 0,34 Meter zurück. Wenn also eine Audio-Verzögerung von einem Ort zum anderen 60 Millisekunden beträgt, ist das so, als ob die Musiker 20,4 Meter voneinander entfernt wären», erläutert Urban Lienert das Problem. In der sprachlichen Kommunikation stört diese Latenzzeit bei Realtime Audio Anwendungen meist wenig, doch beim Musizieren, insbesondere bei bestimmten Musikstilen wie Groove, wird sie schnell als störend empfunden.

Zur Überwindung des Problems wurde im Rahmen des P8-Projekts nach geeigneter Software recherchiert, die idealerweise bestimmte Voraussetzungen erfüllen sollte. Erwartet wurde:

1. Komprimierung des Audiosignals
2. Keine Unterdrückung von Nebengeräuschen (die übliche Videokonferenz-Software für Sprache filtert Musik als «Nebengeräusch» heraus)
3. Peer to Peer (das Audiosignal wird direkt zwischen den Computern ausgetauscht, nicht über einen zusätzlichen Server geschickt)
4. Funktionalität bei allen Netzwerk-Anbietern
5. Funktionalität auf allen Plattformen
6. Einfache Bedienung
7. Kostenlose Verfügbarkeit

Verschiedene Programme, die diese Kriterien mehr oder weniger gut erfüllten, funktionierten dennoch nicht zufriedenstellend. Nach dem praktischen Test der Programme beim gemeinsamen Musizieren resümieren Marcel Vonesch und Urban Lienert: «Das mit Abstand beste Programm für unsere Anwendung ist SonoBus (https://sonobus.net). Es ist Open Source und basiert auf dem plattformübergreifenden JUCE Audio Framework, weshalb es auf MacOS, Window, Linus und sogar auf iOS und Android läuft.»

SonoBus wurde mit einer normalen Internet-Verbindung und verschiedenen Einstellungen getestet. Um die Latenz bei der Datenübertragung weitmöglichst zu reduzieren, wurden beide Computer über Kabel mit dem Internet verbunden. Die Videoaufnahmen, die beim Spielen eines einfachen Grooves gemacht wurden, können im Folgenden angesehen werden.

Test der Latenz beim gemeinsamen Musizieren über Internet

Test der Latenz beim gemeinsamen Musizieren über Internet

Nutzung für Distance Learning

Marcel Vonesch und Urban Lienert beurteilen die SonoBus App für Netzwerk-Audio-Streaming-Anwendungen im Unterricht als «gut genug». Sie ermöglicht es, über das Internet virtuell und synchron gemeinsam Musik zu machen. «Aber wenn das Timing wichtig ist, macht es nicht wirklich Spass. Die Konzentration, um das Tempo zu halten, ist zu gross und lenkt ab,» kommentiert Lienert.

Für das gemeinsame Musizieren ist das Zusammenkommen vor Ort nach wie vor die erste Wahl. Mit der SonoBus App wurde jedoch eine Lösung für ausserordentliche Situationen gefunden, in denen eine Anreise zum Übungsraum nicht möglich ist.

Komparative Analyse der Module

Vor der vergleichenden Analyse der oben beschriebenen Module ist zunächst hervorzuheben, dass am Institut für Innovation und Technologiemanagement (IIT) wie auch an anderen Instituten des Departement T&A in verschiedenen Modulen bereits vor 2020 auf die Digitalisierung der Lehre gesetzt wurde. Aus Kapazitätsgründen standen einzelne Inputs und Laborübungen den Studierenden remote zur Verfügung und konnten bearbeitet werden.
Am Departement Design Film Kunst war die Digitalisierung der Lehre weniger weit fortgeschritten. Genutzt wurde die Lernplattform ILIAS für die Bereitstellung und den Austausch von Studienmaterialien, Leistungsnachweisen u.a.m.. Diverse digitale Kollaborations- und Kommunikations-Software wie MIRO, Slack, Padlet und Skype wurden von einigen Dozierenden individuell eingesetzt, doch eine weitergehende Digitalisierung von Fachmodulen, die auf den gestalterischen sowie den praktisch-handwerklichen Kompetenzerwerb in den Ateliers und Werkstätten abzielen oder den Museums- und Ausstellungsbesuch vor Ort ersetzen, wurde im Kollegium nicht diskutiert.
Auch am Departement Musik fand das gemeinsame Musizieren bislang ausschliesslich in den Übungsräumen vor Ort statt.

Bei dieser Ausgangslage traf der COVID-19 bedingte Lockdown im Frühjahr 2020 die Lehre in den Departementen DFK und M weitgehend unvorbereitet. Innerhalb kürzester Zeit musste der Unterricht – auch in den Fachmodulen, die bisher alternativlos auf die Ateliers und Werkstätten angewiesen waren – auf Distant Learning umgestellt werden. Diese Umstellung war erzwungen, doch wurden bei den Unterrichtsevaluationen an der DFK einige der aufgrund des Lockdowns neu entwickelten Digitalisierungsansätze von den Studierenden wie auch von den Dozierenden positiv bewertet. Daher gingen ausgewählte Lehr-Lern-Einheiten bei der im Schuljahr 2022/23 implementierten neuen Curriculum in einer weiterentwickelten digitalen Form in die Fachmodule ein.

Vergleicht man die Bedingungen, Chancen und Schwächen der partiellen oder vollständigen Digitalisierung der einzelnen Module, die an den drei Departementen in den verschiedenen Studiengängen bislang zwingend vor Ort in den Ateliers, Laboratorien, Werkstätten und Übungsräumen stattfanden, so fallen Gemeinsamkeiten, aber auch wichtige Unterschiede auf. Näher betrachtet werden die Vor- und Nachteile der Digitalen Lehre und des Distant Learning anhand folgender Kriterien:

1. technische Machbarkeit der Digitalisierung des Lehrangebots
2. (Un-)Möglichkeit der Vermittlung und Aneignung von explizitem theoretischem Wissen und implizitem Wissen bzw. handwerklichem Können («Know-how»)
3. Verhältnis von Aufwand und Nutzen der Digitalisierung (aus der Perspektive von Studierenden und Dozierenden)
4. die Qualität von Kommunikation und Feedback auf Studienleistungen

Ad 1)   Hinsichtlich der technischen Machbarkeit der Digitalisierung des Lehrangebots kann festgestellt werden, dass am IIT des Departements T&A die Barrieren sehr gut überwunden werden konnten. Die vier Laborübungen können nun vollumfänglich in Präsenz, hybrid und remote durchgeführt werden.

Auch am Departement Musik konnten technische Probleme wie die Zeitverzögerung der Signalübertragung über das Internet und die automatische Filterung von Hintergrundgeräuschen durch bestimmte Apps mit Hilfe eines geeigneten Softwareprogramms prinzipiell überwunden werden. Im Vergleich mit dem gemeinsamen Musizieren vor Ort ist das Ergebnis der digitalen Musikübertragung dennoch schlechter, die Latenzzeit kann mit dem gewählten Softwareprogramm zwar reduziert, aber nicht vollständig ausgeschaltet werden; eine Irritation bleibt zurück und verlangt erhöhte Konzentration beim Spielen. Wann immer möglich, werden die Musiker es daher vorziehen, gemeinsam vor Ort zu spielen (Lienert 2022).

Hingegen zeigte sich am Departement Design Film Kunst in den Studienbereichen Textildesign und Objektdesign, dass der direkte sinnliche Kontakt mit Materialien, die Handhabung von Werkzeugen und Maschinen vor Ort in den Werkstätten und auch das Studium von Objekten in den Museen auf dem heutigen Stand der digitalen Technologie (noch) nicht zu kompensieren ist. Zum einem stellte sich in dem Modul «Sammeln – Von der Vergangenheit in die Zukunft» für Textildesign-Studierende heraus, dass das Bildmaterial der Museen und Sammlungen nicht in der für den Unterricht erforderlichen Qualität zur Verfügung steht; und selbst eine bessere Objektfotografie und Videos werden nicht die haptischen und performativen Qualitäten von Textilien einfangen können. Zum anderen ist es für die Studierenden essenziell, dass sie während ihrer Ausbildung – neben der Einführung in die neuesten Technologien – sinnliche Erfahrungen mit Materialien sammeln können und zu den Materialien, Werkzeugen und Maschinen direkten Zugang haben, wobei es nicht nur um den Erwerb von praktisch-handwerklichem Knowhow im Umgang mit Materialien geht, sondern ebenso auch darum, dass das praktische Machen das explizite Verständnis verstärkt. Beides ist wichtig, auch wenn sie später in ihrem Berufsalltag vorwiegend am Computer und mit digital gesteuerten Maschinen arbeiten werden.

Ad 2)   Dieses Defizit der digitalen Technologie in Bezug auf das Sammeln sinnlicher Erfahrungen und die Ausbildung manueller Fähigkeiten und Fertigkeiten steht im direkten Zusammenhang mit der (Un-)Möglichkeit der Vermittlung und Aneignung von explizitem und implizitem Wissen. Die auf Michael Polanyi (1983) zurückgehende Unterscheidung zwischen diesen beiden Wissensformen ist hilfreich bei der Beurteilung, welche Lehr-Lern-Einheiten digitalisiert werden können und bei welchen dies prinzipiell nicht möglich ist. Geht es um die Aneignung von explizitem Wissen, das heisst von Wissen, das durch Zeichen (Sprache, Schrift, Grafik, technische Zeichnung, Film) kommunizierbar ist? Oder geht es um den Erwerb von implizitem Wissen, das heisst ein prinzipiell nicht oder nur schwer verbalisierbares, erfahrungsgebundenes Wissen bzw. «knowing how», das nur durch eigenes praktisches Tun angeeignet werden kann?

In den Modulen am IIT am Departement T&A, in denen es um die digitale Durchführung von Laborübungen ging, wie auch bei den Modulen «Wearable Futures», «Textile Grundlagen» und «Stoff bilden» am Departement DFK wurde die Erfahrung gemacht, dass sich die Studierenden explizites Wissen aus online bereitgestellten Lernmaterialien – Lehrbücher, vertonte Präsentationen, Tutorials und Videos – sehr gut selbständig aneignen können.

Anders als beim Erwerb von explizitem Wissen verhält es sich mit dem Erwerb von erfahrungsgebundenem, implizitem Wissen, zu dem die praktisch-handwerklichen Fähigkeiten und Fertigkeiten gehören. Da dieses Wissen nur im Prozess des eigenen praktisch-handwerklichen Tuns und Machens erworben werden kann und der manuelle Umgang mit Materialien, Werkzeugen und Maschinen erforderlich ist, stellte das erzwungene Distant Learning während des Lockdowns bei den Modulen «Wearable Futures», «Textile Grundlagen» und «Stoff bilden» für alle eine besondere Herausforderung dar. Die Erreichung der Lernziele war nur möglich, da die Studierenden die nötigen Materialien und Werkzeuge, sofern machbar, per Postpaket nach Hause geschickt bekamen oder sie mit jenen mehr oder weniger geeigneten Materialien und Gegenständen improvisierten, die sie zufällig zu Hause hatten. Im Hinblick auf die Lehr- und Lernziele war dies suboptimal; eine komplette Umstellung dieser Module auf eine digitale Lehre ist daher nicht wünschenswert.  Die digitale Lehre stösst hier an ihre Grenzen, da die digitalen Medien nur die Fernsinne, insbesondere Augen und Ohren bedienen, nicht aber die Nahsinne ansprechen können (Ryle, 2020).

Ad 3)   Auch beim dritten Kriterium, dem Verhältnis von Aufwand und Nutzen der Digitalen Lehre berichteten die Dozierenden von den Departementen Design Film Kunst wie auch Technik & Architektur übereinstimmend von dem grossen Zeitaufwand, den die didaktische und technische Planung und Erstellung von Übungen und die Auswahl von geeigneten digitalen Lernmaterialien und Tutorials zunächst erfordert. Ebenso übereinstimmend berichteten sie aber auch von der Erleichterung und Zeitersparnis, wenn sie diese Materialien bei wiederholter Durchführung der Module für das Selbststudium erneut online bereitgestellt können und sie somit von der repetitiven Stoffvermittlung entlastet werden. Der grosse Nutzen solcher Lernvideos, die während des Covid-19 bedingten Lockdowns in vielen Studiengängen übereilt erstellt werden mussten, hat sich überall gezeigt. So ist es äusserst sinnvoll, dass in dem P-8-Projekt «Hub Viscosi» ein Leitfaden für die professionelle Erstellung solcher Video-Tutorials erarbeitet wurde. Von Tutorials beispielsweise für Werkstatteinführungen wird die DFK  profitieren. Dennoch könnte die Entlastung durch die Digitalisierung von Lehrinhalten in den Studiengängen am Departement DFK möglicherweise geringer ausfallen als am Departement T&A – unter anderem aufgrund des vierten Kriteriums.

ad 4)   Während die Lehre in allen Disziplinen von digitalen Lehrmaterialien und Tutorials profitieren kann, bestehen bei Kommunikation und Feedback auf Studienleistungen grundlegende Unterschiede. Wie oben ausgeführt, werden die digitalen Laborübungen am IIT so konzipiert, dass die Studierenden weitgehend selbstständig und in kleinen Gruppen lernen können. Dabei kann auch die Rückmeldung an die Studierenden, ob sie eine Aufgabe «richtig» oder «falsch» gelöst haben. Dies entlastet die Dozierenden, die sich in der freigewordenen Zeit auf die Betreuung von Studierenden mit Verständnisproblemen konzentrieren kann. Dieser Vorteil existiert nicht bei den Projektarbeiten, die die Studierenden des Departements Design Film Kunst in allen Studienrichtungen erstellen. Kunst- und Designprojekte sind nicht entweder «richtig» oder «falsch», sondern werden von den Peers umfassend unter verschiedenen Gesichtspunkten beurteilt. Sie bedürfen eines ausführlich begründeten, qualitativen Feedbacks, das immer nur aufgrund einer sorgfältigen Auseinandersetzung mit den individuellen Projektarbeiten erfolgen kann. Ein begründetes, qualitatives Feedback ist Teil der Kultur der Disziplin. Der umfangreiche fachliche Diskurs um die bewährte Atelierkritik vor Ort belegt den hohen Stellenwert dieses Themas im Design- und auch im Kunstbereich (vgl. Winters, 2021; Tessier & Aubrey-Boyer, 2023). Hinzu kommt, dass die Präsentationsmöglichkeiten der digitalen Medien Design- und Kunstprojekten oftmals nicht gerecht werden. So beobachtete Spalinger (2023) im Modul «Wearable Futures», dass dreidimensionale Formen, Materialqualitäten und auch die Handhabung von Prototypen bei Videopräsentationen nur schlecht zu vermittelt und zu überprüfen sind.

Resümee und Ausblick

Im Rückblick kann man sagen, dass das durch die Covid-19 Pandemie erzwungene «Emergency Remote Teaching» der Lehre in Disziplinen, die traditionell zwingend an die Präsenz in Werkstätten, Ateliers, Labors und Übungsräumen gebunden waren, einen massiven Schub zur Digitalisierung gegeben hat. Bei der anschliessenden Evaluation und Reflexion des «Emergency Remote Teaching» und der Studienleistungen durch Dozierende und Studierende zeigten sich dann die spezifischen Stärken und Schwächen und auch die unüberwindbaren Grenzen der Digitalisierung der Lehre in den angewandten Disziplinen und in Modulen, in denen das eigene praktische Machen und Tun für den Erwerb von implizitem Wissen und Knowhow bislang unumgänglich schien oder auch tatsächlich sind.

 

Im Rahmen des P-8-Teilprojekts und auch der Curriculumsreform an der HSLU – DFK entwickelten die Dozierenden ihre Module im «Blended Learning» Format gezielt weiter. Digitale und analoge Angebote wurden so miteinander verknüpft, sodass beide Formate ihre Stärken ausspielen und sich komplementär ergänzen können. Somit werden die Chancen der digitalen Innovationen in der Lehre genutzt und zugleich auch ihre Grenzen beachtet.

Wie die digitale Innovationen und traditionelle analoge Methoden in den praxisbezogenen Lehrangeboten der angewandten Disziplinen für eine gute, zeitgemässe Lehre im einzelnen eingesetzt werden, ist in den fünf Berichten der Dozierenden im Detail nachzulesen (siehe hierzu die in diesem Blog zum Download bereitgestellten Berichte von Spalinger, Leysieffer, Becella, Züst und Lienert).
Zum anderen bietet die auf den fünf Berichten aufgebaute Fallstudie «Digital Teaching for Classes in Studios, Practice Rooms, and Labs» Überblick, Analyse und allgemeine Erkenntnisse.

 

Weiteres Material

1. Blogbeitrag auf der P-8-Projektwebsite: Werkstatt-Unterricht über Zoom? Digitaler Besuch im Museum? Gemeinsam musizieren – remote in Echtzeit? (August 2023) https://hochschule-digital.ch/2023/08/25/werkstatt-unterricht-ueber-zoom-digitaler-besuch-im-museum-gemeinsam-musizieren-remote-in-echtzeit/

2. Paper, eingereicht bei der Design Research Society (DRS) International Conference  «LEARN X DESIGN 2023” zum Thema «Futures of Design Education», Open Access abrufbar.
Steffen, D. (2023) Digital Teaching for Classes in Studios, Practice Rooms, and Labs, in Derek Jones, Naz Borekci, Violeta Clemente, James Corazzo, Nicole Lotz, Liv Merete Nielsen, Lesley-Ann Noel (eds.), The 7th International Conference for Design Education Researchers, 29 November – 1 December 2023, London, United Kingdom. https://doi.org/10.21606/drslxd.2024.106

Literatur 

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Fleischmann, K. (2021). Is the design studio dead? An international perspective on the changing shape of the physical studio across design domains. Design and Technology Education: An International Journal, 26(4), 112-129.

Flick, U. (2023). An introduction to qualitative research (7th ed.) Sage.

Gao, C., Ziyi, L., Zheng, L. (2023). Develop and validate a scale to measure primary and secondary teachers’ digital teaching competence. Education and Information Technologies, 29(9): 1-27. DOI: 10.1007/s10639-023-12228-z

Hanke, F. (2022). Video in der Lehre – Didaktische Grundlagen. Hochschule Luzern, Zentrum für Lernen, Lehren und Forschen (ZLLF), Bericht https://hochschule-digital.ch/files/2023/04/VideoInDerLehreDidaktik.pdf

Hodges, C., Moore, S., Lockee, B., Trust, T., & Bond, A. (2020). The difference between emergency remote teaching and online learning. EDUCAUSE Review. Online Oktober 15, 2023, unter https://er.educause.edu/articles/2020/3/ the-difference-between-emergency-remote-teaching-and-onlinelearning.

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Leysieffer, J. (2023). Analog_digital. Digitaler Besuch von virtuellen Sammlungen. Studiengang Textildesign, Departement Design Film Kunst, Hochschule Luzern (Interner Bericht).

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Spalinger, N. (2023). Analog_digital. Case Study Analyse des Unterrichtsmoduls Wearable Futures. Departement Design Film Art, Lucerne University of Applied Sciences and Arts. (Interner Bericht)

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Weiberg, B. (2022b). Lernvideos interdisziplinär neu denken. P8 blog, online Oktober 15, 2023 unter https://hochschuledigital.ch/2022/06/14/lernvideos-interdisziplinaer-neu-denken/

Weiberg, B. (2023). Mit Animationen in Lernvideos mehr erzählen. P8 blog, online Oktober 15, 2023 unter https://hochschule-digital.ch/2023/10/11/mit-animationen-in-lernvideos-mehr-erzaehlen/

Winters, T. (2021). Emergency remote studio teaching: Notes from the field. Journal of Teaching and Learning with Technology, 10(1), Special Issue, Article 1. 117-126. DOI: 10.14434/jotlt.v9i2.31580.

Züst, S. (2022). Analog_digital. Digitale Durchführung von Labors mit technischen Aufbauten. Projektteam N. Heinz, M. Elmiger & S. Züst. Institut Innovation und Technologie Management (IIT), Departement Technik & Architektur, Hochschule Luzern (Interner Bericht).

 

 

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