3. März 2013

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Einzelhandelsflächen im Zeitalter des Online-Shoppings

Einzelhandelsflächen im Zeitalter des Online-Shoppings

Pilatusmarkt, Länderpark, Sihlcity, WestSide,: In der ganzen Schweiz sind in den letzten Jahren neue Einkaufszentren entstanden oder bestehende erneuert und erweitert worden. Weitere rund 29, wie etwa das Ebisquare, sind im Bau oder geplant und sorgen dafür, dass zusammen mit Modernisierungen und Erweiterungen bestehender Zentren in den nächsten 5-6 Jahren Flächen im Umfang von rund 15x dem Shopping Center Emmen neu auf den Markt kommen könnten.

An den Innenstadtlagen sind die Mietpreise laufend gestiegen und haben mittlerweile in Luzern Spitzenwerte von über 5’000 Franken pro Quadratmeter und Jahr,  an der Zürcher Bahnhofstrasse sogar über 12’000 erreicht.

Investoren lieben Einzelhandelsimmobilien, da sie mit ihren langfristigen Mietverträgen über Jahre stabile Einnahmen versprechen. Sie haben in den letzten Jahren zu entsprechend hohen Preisen eingekauft.

Aber ist das Geschäft mit Retailflächen so zukunftsträchtig und sicher? Trotz massiver Flächenexpansion hat der Detailhandel im Jahr 2011 1.9% und im Jahr 2012 nochmals 0.7% Umsatz eingebüsst. Demgegenüber hat sich der Onlinehandel in den letzten Jahren sehr dynamisch entwickelt. Amazon hat letztes Jahr rund 61 Mrd. Dollar umgesetzt und damit seinen Umsatz innerhalb von zwei Jahren fast verdoppelt. In der Schweiz beträgt der Online-Umsatz mittlerweile  über 10 Mrd Franken pro Jahr, ohne Reisen, Flüge und Dienstleistungen ist er mit ca. 5.3 Mrd. immer noch etwa doppelt so hoch wie der Gesamtumsatz von Denner. Im Gegensatz zum stationären Handel hat der Onlinehandel in den letzten zwei Jahren um rund 17% zugelegt.

Schweizer kaufen immer mehr online. Insbesondere Ferienreisen, Flugtickets, Bücher, Elektronik aber zunehmend auch Kleider und Schuhe werden im Internet gekauft. Die Angebote werden vielfältiger und ausgefeilter. Buchhändler kommen unter Druck, indem die Kunden online einkaufen oder auf e-Books setzen. Anderen Branchen ergeht es ähnlich. Zudem ist der Onlinehandel noch grenzenloser als der stationäre: Die Importe von online bestellten Gütern haben letztes Jahr um rund 20% zugenommen, mit absehbaren Folgen für das schweizer Preisniveau.

Heisst das nun, dass der stationäre Einzelhandel massiv reduziert wird? Der Einkauf verlagert sich nicht einfach immer mehr ins Internet. Zunehmend ist eine kombinierte Nutzung von Ladengeschäft und Onlinehandel zu beobachten. Apple macht es mit den Apple-Stores vor: Showrooms, die das Image transportieren, in denen sich Kunden beraten lassen können werden kombiniert mit online Kaufmöglichkeiten, wo dann die Anschluss- und Ergänzungskäufe getätigt werden. Dieses Modell wird sich in weiteren Branchen durchsetzen und dazu führen, dass sich Ladengeschäfte in Showrooms und Beratungszonen verwandeln und die Ware online bestellt und direkt nach Hause geliefert wird. Innovativere Buchhändler haben die Konsequenzen gezogen und ihre Ladengeschäfte mit Onlineangeboten ergänzt, aber auch Textil- und Schuhhändler werden sich weiterentwickeln müssen. Die Frage heisst in Zukunft nicht mehr „stationär oder Internet“, sondern. „Wie können die beiden Kanäle im Interesse des Kunden optimal kombiniert werden?“

Einzelhandelsobjekte waren in den letzten Jahren die am besten rentierenden Immobilienprodukte. Aber wird das so weitergehen? Mit der abnehmenden Flächenproduktivität werden auch die Mieten unter Druck kommen. Für die Top Shoppingcenters und die absoluten Top-Lagen in den Städten dürfte die Gefahr nicht so gross sein, da dort die Kunden Erlebnis-, Lifestyle- und Freizeitaspekte befriedigen können, die sie online nicht erhalten. Für peripherere Lagen, kleinere Städte und ältere Shoppingcenter sieht die Situation jedoch prekärer aus. Ihre Zukunft ist bei weitem nicht gesichert. Einzelhändler und ganze Strassenzüge, Quartiere und Kleinstädte werden sich überlegen müssen, wie sie ihre Attraktivität erhalten können. Erdgeschossflächen werden dort noch schwerer zu vermieten sein als heute. Investoren werden sehr genau hinschauen müssen, ob sie die heute erhoffte Rendite tatsächlich längerfristig erzielen können. Wertsteigerungen werden wohl, wenn überhaupt, nur in kleinem Rahmen möglich sein. Investitionen in Logistikflächen oder Logistikfirmen könnten eine interessante Alternative sein.

„Handel ist Wandel“ ist ein geflügeltes Wort der Branche. Der aktuelle Wandel könnte nicht nur für den Einzelhandel, sondern auch für die Immobilienbranche fundamentalere Änderungen bringen, als vielen bewusst ist.

(Dieser Beitrag erschien am 3.3.2013 als Kolumne in der Zentralschweiz am Sonntag)

Vertiefende Informationen:

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Kommentare

5 Kommentare

Weckruf: Innovation wird im stationären Handel und für deren Immobilien überlebenswichtig! - carpathia: e-business // e-commerce.blog

14. März 2013

[...] dass sich auch der Immobilienblog der HSLU mit der Zukunft der Einzelhandelsflächen in Einkaufszentren im Zeitalter des Onlineshoppings beschäftigt und unsere Warnungen stützt! Bereits vor 1.5 Jahren war der mahnende Hinweis auf die [...]

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Weckruf: Innovation wird im stationären Handel und deren Immobilien überlebenswichtig! - carpathia: e-business // e-commerce.blog

13. März 2013

[...] dass sich auch der Immobilienblog der HSLU mit der Zukunft der Einzelhandelsflächen in Einkaufszentren im Zeitalter des Onlineshoppings beschäftigt und unsere Warnungen stützt! Bereits vor 1.5 Jahren war der mahnende Hinweis auf die [...]

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Einzelhandelsflächen im Zeitalter des Online-Shoppings | Immobilienmanagement | Scoop.it

7. März 2013

[...] Pilatusmarkt, Länderpark, Sihlcity, WestSide,: In der ganzen Schweiz sind in den letzten Jahren neue Einkaufszentren entstanden oder bestehende erneuert und erweitert worden.  [...]

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Christoph Wagener

4. März 2013

Jones Lang LaSalle hat in dem "Retail Destination Europe 2013" 250 internationale Retailer hinsichtlich Expansion und Präsenz in 57 Städten Europas untersucht. Top-Adresse im Retail-Markt ist weiterhin London, gefolgt von Paris, Moskau, Mailand, Madrid, Rom und München. Aufstrebende Standorte sind St. Petersburg, Prag, Istanbul, Warschau und Kiew. Zürich teilt sich den Platz 23 mit Kiew im JLL Cross Border Retail Index 2012. Gleichwohl hält Zürich zusammen mit London und Paris die Spitzenposition in den Mieten. Retail Destination Europe 2013 by JLL http://www.joneslanglasalle.eu/EMEA/EN-GB/Pages/ResearchDetails.aspx?TopicName=&ItemID=10007&ResearchTitle=RetailDestinationEurope2013

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Christoph Wagener

4. März 2013

Jones Lang LaSalle hat in dem "Retail Destination Europe 2013" 250 internationale Retailer hinsichtlich Expansion und Präsenz in 57 Städten Europas untersucht. Top-Adresse im Retail-Markt ist weiterhin London, gefolgt von Paris, Moskau, Mailand, Madrid, Rom und München. Aufstrebende Standorte sind St. Petersburg, Prag, Istanbul, Warschau und Kiew. Zürich teilt sich den Platz 23 mit Kiew im JLL Cross Border Retail Index 2012. Gleichwohl hält Zürich zusammen mit London und Paris die Spitzenposition in den Mieten. Retail Destination Europe 2013 by JLL http://www.joneslanglasalle.eu/EMEA/EN-GB/Pages/ResearchDetails.aspx?TopicName=&ItemID=10007&ResearchTitle=RetailDestinationEurope2013

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