Portrait

Architekten: Marie-Claude Bétrix & Consolascio

Auftraggeber: Sferax SA, Cortaillod

Planungsbeginn: 1978

Bauzeit: 1979-1981

Mit: Bruno Reichlin

Mitarbeiter: Patrick Huber

Bauingenieur: Hans T. Hugo, Pius Schuler

 

 

Interview

Die Architektin Marie-Claude Bétrix vom Büro Bétrix & Consolascio verbindet in ihren Bauten Soziologie, Semiotik und Ökologie. Diese Haltung ist schon in der Kugellagerfabrik Sferax, ihrem ersten Bau, spürbar.  

Beim Planungsprozess und der Ausführung waren Sie oft auf der Baustelle. Wie konnten Sie davon profitieren?

Da wir direkt aus dem Studium kamen war es eine Gelegenheit für learning by doing. Wir hatten z.B.  zum Glück einen Bauingenieur, der uns gesagt hat, dass die Stahlkonstruktion feuerverzinkt sein müsse. Doch wir wussten nicht was das ist. (lacht). Er sagte, dass das etwas ist, das bei Telefonmästen vorkommt, da sind wir alle gemeinsam schnell auf die Strasse gegangen, um uns einen Telefonmast anzuschauen. Gerade bei der Galerie aussen mit dem Gitterrost sieht man diese Feuerverzinkung in Natur.

Auch was die Profile im Bereich der Stützen angeht hat sich deren Form erst im interdisziplinären Zusammenspiel auf Grund der Statik ergeben und entspricht nicht mehr der Form im Planungsprozess.

Sie sagten die Themen der Soziologie, der Ökologie und der Semiotik aus ihrem Studium haben die Architektur stark geprägt. Hatten Sie noch andere Einflüsse und Referenzen?

Wegen den Sheds James Stirling. Er hatte für ein Auditorium einer Schule ein Fach zur Lüftung entwickelt, das wie unsere kleinen Sheds einen Masstab hatte der unüblich war.

Ausserdem gab es einen quadratischen Altbau von 1967, der wir für unseren Neubau abbrechen mussten. Die 30 m lange Produktionshalle, die halb so gross war wie die jetzige Halle, hatte bereits zwei Sheds von je 15 m. Diese hat die Dimensionierung und Ausrichtung geprägt. Es war alles eingeschossig und sehr leicht gebaut, da damals noch unklar war, wie gut die Produktion laufen würde. Wir haben in drei Etappen gebaut. Zuerst ausserhalb des alten Gebäudes, dann haben wir aufgestockt und zuletzt haben wir die beiden Teile zusammengenommen. Der Grundriss des Altbaus war leicht zur Parzelle gedreht, und hätten wir das fortgesetzt wären wir nach 60 m zu nahe an der Grenze gewesen. Deswegen haben wir parallel zur Parzellengrenze gebaut und die Neigung in den Laibungen aufgenommen. Das ist aber kaum merkbar.

Für uns war die Eingangssituation sehr interessant. Wir kamen da in diesen dunkeln Raum und waren erst ein bisschen hilflos, wenn man das so ausdrücken kann und dann geht man nach vorne in diesen hellen Raum. Das war für uns schon noch ein spezielles Erlebnis.

Man muss sagen, diese Eingangssituation ist sehr vernachlässigt. Ich finde schon gut, dass man diese Überraschung hat, vor allem durch diese Betontreppe ins Licht, aber es hätte besser gelöst werden können. Grundsätzlich hat das mit dem zu tun, dass sie beinahe keine Kunden haben, die vorbei kommen. Sie haben ab und zu einen Handwerker oder die Post die vorbei kommt, aber die Lieferung ist etwas technisches, das hinten bei der Anlieferung geschieht, sowohl beim Empfang und dem Versand der Waren. Wir wollten eine öffentliche Seite machen, seitlich ist der Eingang für das Personal. Wir wollten dem Gebäude ein Gesicht auf der Strassenseite geben und wir hatten mit den beiden offenen Seitentreppen die Möglichkeit, eine zusätzliche Schicht einzubauen, damit wir diese Treppen nicht im Gebäude machen mussten und damit die bestehende Decke hätten zerstören müssen. Damals war im Altbauteil im EG noch ein Büro, aber mittlerweile ist es zum Lager degeneriert. Ich denke dort hat es noch etwas Potential.

Als wir die Fassade mit ihrer Symmetrie und ihrem Rhythmus angeschaut haben stellten wir Ähnlichkeiten zur Tessiner Schule und zu Aldo Rossi’s Architektur fest. Kann das sein?

Ja, vielleicht indirekt. Die Analogie mit Stirling ist vielleicht etwas direkter im Sinne, dass sein Gebäude ein Apfel ist und unseres auch. Aldo Rossis Architektursprache ist da im Vergleich mehr eine Birne. Bei ihm gibt es verschiedene Epochen. Mein Partner hat ihn gut gekannt und auch oft in seiner WG übernachtet. Sie haben auch ein Buch zusammen geschrieben über das Tessin, aber nicht über die Tendenza sondern über die Typologie der alten Dörfer.

Aldo Rossi hat auch eine Entwicklung durchgemacht, aber der Galleratese, das war ein langes Geäude mit Scheiben und einer sehr expressiven Architektur, die mich mit ihrer abstrakten Geste immer fasziniert. Dort gibt es die Fragen der Struktur, die Fragen der Verankerung und ich möchte fast sagen eine moralisch-philosophische Beziehung mit der Ästhetik. Und vielleicht muss man diese Ästhetik eher in älteren Bauten von Rossi suchen. Am Schluss in Berlin hat er eine Sprache entwickelt, die fast wie ein Spielzeug war. Eine Semiotik, die fast von Kindern verstanden werden kann. Vielleicht wurde er als Mensch leichter, verspielter. Seine Architektur wurde immer fröhlicher.

 

Text aus der Archithese über das Gebäude