Der Ausdruck „Kontorhaus“ leitet sich vom lateinischen „computare“ ab, was mit „berechnen“ übersetzt werden kann. Als „Kontorhaus“ wurde ein Büro- und Geschäftshaus bezeichnet, das verschiedenen Firmen als Verwaltungsgebäude diente und üblicherweise auch über Ladenflächen im Sockelbereich verfügte. Es ist ein Haustypus, welcher industrielle Produktion, Bürofläche und teilweise auch die Wohnungen der Besitzerfamilie vereinte. Das „Kontorhaus“ war somit Vorläufer des modernen Geschäftshauses.
Die beiden „Kontorhäuser“ sind Zeugen einer Zeit, in der die Stadt St. Gallen sich von einem eher ärmlichen, ländlichen Gefüge zum Gegenteil entwickelte. Die schnelle und erfolgreiche Entwicklung des Seidenstickereigewerbes am Ende des 19. Jahrhunderts schloss die Stadt über Nacht and die Handelszentren in Europa und in Übersee an. Die „Kontorhäuser“ haben in anderen Teilen Europas den Ausbau der Grossstadt entscheidend mitgeprägt, in der Schweiz besitzen sie aber eher Seltenheitswert.
Durch die unterschiedlichen Nutzungsansprüche und die notwendige Flexibilität im Grundriss, wurde hier bereits mit dem Stahlbetonskelettbau experimentiert. Wegen den architektonischen Konventionen zeigt sich dieser jedoch nicht gegen Aussen.
(Verwaltungszentrum Oberer Graben St. Gallen – Sanierung und Neubau 2012. Baudepartement des Kantons St.Gallen, Hochbauamt. 2013.)
Der Beton der äusseren Schale enthält Kalkstein als Zuschlagsstoff. Dies verleiht dem Beton eine wärmere Farbigkeit und lässt ihn leicht beige erscheinen. Der Beton wurde gestockt um einen steinernen Ausdruck und mehr Tiefenwirkung zu erhalten.
Die Materialisierung des Fensterrahmens mit Baubronze nimmt Referenz auf die bestehenden Kontorhäuser und lässt die Fenster hochwertig und edel erscheinen. Das Ornament am Kastenfenster, bezieht sich auf die Geschichte der Kontorhäuser. Es ist Symbol der Stickereiblüte im Kanton St. Gallen anfangs des 20. JH, wegen welcher die Kontorhäuser erstellt wurden. Es überdeckt ebenfalls den Lüftungsflügel aus Holz.
Durch die Idee der zwei Fensterebenen bildet das Kastenfenster automatisch ein tiefes Fenster. Hier wurde diese Tiefe des Fensters genutzt. Das Fenster ist als Glaskasten ausformuliert, welcher bis zur vorderen Fassadenebene auskragt und umlaufende Schattenfugen bildet. Dies verleiht der Fassade eine grössere Tiefenwirkung und lässt sie plastisch erscheinen.
(Mulle. Pereira. St. Gallen. 2016)
Die Kastenfenster liegen auf der inneren Tragschale auf. Sie ragen bis zur äusseren Schale aus, sodass der Dämmperimeter geschickt abgedeckt werden kann.
Ein weiterer Vorteil dieser Kastenkonstruktion liegt
im sommerlichen Wärmeschutz. Der textile Sonnenschutz
ist zwischen den Scheiben komplett geschützt
und kann unabhängig vom Wind jederzeit
die großen Verglasungsflächen beschatten. Der Sonnenschutz beeinflusst somit das Erscheinungsbild der Fassade nur begrenzt.
Belüftet wird das Kastenfenster durch Lüftungsschlitze welche sich am gesamten Rahmen befinden. Frische Luft tritt an den unteren und seitlichen Fensterrahmen ein und durch natürliche Konvektion am oberen Rahmen wieder aus.
(Joss, Manuel. Bernard, Erich. (2015). Holzfenster. Holzzu- schnitt, Nr. 58, S. 5-6.)
Wenn an den Brüstungsbändern Fugen sichtbar sind, dann wirken diese leichter. Dies lässt wiederum auch die ganze Fassade etwas leichter erscheinen. Auch die Proportionen der Fassade verändern sich, sie wirkt nun schmaler und eher stehend.
Konstruktiv könnte die ganze Fassade aus Betonfertigelementen gebaut sein, was einen einfacheren und schnelleren Bauablauf zur Folge hätte. Statisch gesehen, würden die Betonfertigelemente des Brüstungsbandes auf den vertikalen Betonfertigelementen aufliegen. Die Betonfertigelemente müssten zwar and die innere Tragschalle zurückgebunden werden um nicht umzukippen, könnten aber selbsttragend sein.
(Mulle. Pereira. Luzern. 2016)
Treffen die Fugen an den Brüstungsbändern genau auf die vertikalen Betonalemente, beginnt die Fassade quadratisch zu wirken. Vertikale und Horizontale sind nun gleich stark. Das Erscheinungsbild wirkt nun leichter und durchlässiger.
Konstruktiv gesehen, scheint die Fassade vorgehängt. Die Elemente der Brüstungsbänder liegen nicht auf den vertikalen Elementen auf. Die Materialisierung ist nun nicht mehr eindeutig, es könnten Betonelemente sein oder auch Natursteinplatten.
Laufen die vertikalen Betonelemente über die ganze Höhe und enthalten keine Fugen, so wird die Fassade gestreckt und wirkt höher. Die vertikale Richtung ist stärker betont, die horizontale rückt in den Hintergrund.
Konstruktiv gesehen, bestehen die vertikalen Elemente aus Ortbeton und tragen sich selbst. Die horizontalen Betonelemente sind als Fertigelemente ausformuliert und hangen an der inneren Tragschale.
(Mulle. Pereira. Luzern. 2016)
Sind die Fenster nicht mehr als Kastenfenster, sondern als normale Rahmenfenster ausgebildet und stossen sie nicht mehr bis zur vorderen Fassadenebene hervor. Die Fassade erscheint nun als Lochfassade, die Fenster wirken ausgestanzt.
(Mulle. Pereira. Luzern. 2016)
Werden die Fugen des Betons, die Gesimse und der Dachrand weggelassen, so beginnt der Baukörper massiger zu erscheinen. Die Materialität der Fassade ist nicht mehr ganz klar, es könnte eine Aussenwand mit Verputzer Aussendämmung sein oder auch eine komplette Ortbetonfassade sein. Letzteres würde aber einen sehr grossen Aufwand mitsich ttragen.
Durch das Weglassen der Gesimse und des Dachrandes wird auch die Massstäblichkeit der Fassade verändert. Wird der Kontext nicht mitgedacht, so ist der Massstab der Fassade nicht mehr zu lesen und wird unklar.
(Mulle. Pereira. Luzern. 2016)
Das Ornament am Kastenfenster, bezieht sich auf die Geschichte der Kontorhäuser. Es ist Symbol der Stickereiblüte im Kanton St. Gallen anfangs des 20. JH, wegen welcher die Kontorhäuser erstellt wurden. Es überdeckt den Lüftungsflügel aus Holz.
Durch die Idee der zwei Fensterebenen bildet das Kastenfenster automatisch ein tiefes Fenster. Hier wurde diese Tiefe des Fensters genutzt. Das Fenster ist als Glaskasten ausformuliert, welcher bis zur vorderen Fassadenebene auskragt und umlaufende Schattenfugen bildet. Dies verleiht der Fassade eine grössere Tiefenwirkung und lässt sie plastisch erscheinen.
(Mulle. Pereira. St. Gallen. 2016)
Ein großer Vorteil dieser Kastenkonstruktion liegt
im sommerlichen Wärmeschutz. Der textile Sonnenschutz
ist zwischen den Scheiben komplett geschützt
und kann unabhängig vom Wind jederzeit
die großen Verglasungsflächen beschatten. Der Sonnenschutz beeinflusst somit das Erscheinungsbild der Fassade nur begrenzt.
(Joss, Manuel. Bernard, Erich. (2015). Holzfenster. Holzzu- schnitt, Nr. 58, S. 5-6.)
Fotografie des Erschliessungsraumes im Obergeschoss. (Mulle. Pereira. St.Gallen. 2016)
Fotografie Innenraum und Empfangshalle. (Mulle. Pereira. St.Gallen. 2016)
Fotografie des Atriums. Es ist gefasst durch ein metallernes Stabwerk. Am Dach befindet sich ein Spiegel, welcher das Tageslicht durch das Atrium bis ins Erdgeschoss leitet.
(Mulle. Pereira. St.Gallen. 2016)
Das Ornament, welches sich an den Kastenfenstern befindet, kommt auch im Innern des Gebäudes immer wieder vor. Hier als Sichtschutz an den Glasscheiben des Empfanges. (Mulle. Pereira. St.Gallen. 2016)
Das Verwaltungszentrum „Oberer Graben“ des Kantons St. Gallen ist ein Konglomerat von vier Gebäuden. Durch die Ergänzung der zwei bereits bestehenden Gebäude mit zwei neuen Eckbauten, wurde im Jahr 2012 ein Ensemble geschaffen, welches gleichzeitig auch den Abschluss eines Blockrandes bildet. Obwohl jedes der vier Gebäude seine Eigenständigkeit hat, sind sie im Ausdruck als grosses Ganzes zu lesen, welches gegenüber dem städtebaulichen Kontext genügend Präsenz zeigt und als öffentliches Gebäude klar erkennbar ist.
Die beiden bestehenden, denkmalgeschützten Gebäude vom Anfang des 20. Jh. sind als Kontorhäuser ausgeführt. Dieser Haustypus ist Zeitzeuge der Stickereiblüte des Kantons St. Gallen im 19. Jh. Als Haustypus vereinte das Kontorhaus industrielle Produktion, Büroarbeitsplätze und teilweise Wohnungen der Besitzerfamilien unter einem Dach und war somit Vorläufer des modernen Geschäftshauses.
Die Fassaden der bestehenden Gebäude sind als Einsteinmauerwerk gebaut, auf welchem aussen Sandsteinplatten appliziert sind. Der Sandstein verleiht dem Gebäude eine monolithische und schwere Wirkung. Gleichzeitig übernimmt er die Gestaltung der Fassade durch strukturierende Elemente wie die aufstrebenden Pilaster und gestalterische Elemente wie die gerundeten Brüstungen und Fenstersimse. Durch diese strukturierenden und gestalterischen Elemente wirkt die Fassade sehr plastisch. Die Fassade des neuen Eckbaus am Oberer Graben 38 ist eine zweischalige Betonkonstruktion. Die innerer Schale aus Stahlbeton ist als Tragschale ausgeführt und übernimmt teilweise die Lasten der Geschossdecken. Die äussere Schale trägt sich selbst, ist aber zum Halt an die innere Schale zurückgebunden. Sie ist teilweise als Ortbeton und teilweise mit Betonfertigelementen ausgeführt. Die Grösse des Gebäudes in Kombination mit dem klaren Fensterraster, deutet auf einen Skelettbau im Inneren des Gebäudes hin.
Durch die durchlaufenden Brüstungsbänder gibt es einen Richtungswechsel in der Fassade. Somit wird ein Übergang von den bestehenden Kontorhäusern mit vertikaler Richtung zu den Nachbarsgebäuden mit horizontaler Richtung geschaffen. Die Fassade wird durch die in Ortbeton gefertigten, durchlaufenden Brüstungsbänder und Gesimse in der Höhe gegliedert und spiegelt die innere Geschossigkeit wieder. Der Beton als Material ist eine Interpretation der bestehenden, steinernen Fassaden und verleiht der Fassade einen monolithischen, gesetzten Ausdruck. Die äussere Schale enthält Kalkstein als Zugschlagsstoff im Beton, dadurch erhält dieser eine warme Farbigkeit. Zusätzlich ist der Beton gestockt, was den steinernen Ausdruck und die Tiefenwirkung des Materials verstärkt.
Wesentliches Gestaltungselement der Fassade sind die Kastenfenster, deren Proportion von den Fenstern der bestehenden Bauten abgeleitet wurde. Sie sind in Baubronze ausgebildet, was sie hochwertig und edel wirken lässt. Die Baubronze nimmt Referenz auf die Goldelemente der bestehenden Gebäude. Auch das Ornament, welches die Fensterrahmen ziert, bezieht sich auf die Geschichte der Stickereiblüte und Kontorhäuser. Die Fensterrahmen sind zurückversetzt und bilden eine Schattenfuge um den Glaskörper des Fensters. Diese Schattenfuge verleiht der Fassade ihre Tiefenwirkung und lässt sie plastisch erscheinen. In diesem zurückversetzen Fensterrahmen befindet sich auch der Lüftungsflügel, welcher aber durch das Ornament verdeckt wird und nicht sichtbar ist.
Die Kastenfenster liegen auf der inneren Tragschale auf, stossen aber bis zur äusseren Kalksteinbeton-Schale vor und sind mit dieser bündig. Somit erhält die Fassade einen glatten, eleganten Ausdruck. Durch die Tiefe, welche das Kastenfenster mit sich bringt, kann der Dämmperimeter geschickt weitergezogen und abgedeckt werden. Auch der Sonnenschutz ist im Kastenfenster integriert, sodass das Kastenfenster als Bauteil gesehn werden kann, welches gleichzeitig mehrere Funktionen übernimmt und den Bauablauf vereinfacht.
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