Architekt: Werner Gantenbein (1975), Sanierungsarbeiten: Steigerconcept AG und Matteo Thun (2014 – 2015)
Nutzung: Verkaufsgeschäft Damenmode, Restaurant
Ort: Bahnhofstrasse 74, Zürich
Der Briefkopf um 1910 zeigt rechts im Vordergrund das Gebäude ‚zum Silberhof‘, den Vorgängerbau der ’neuen Modissa‘.
Das Geschäftshaus Modissa liegt an der stark frequentierten Kreuzung Bahnhofstrasse / Uraniastrasse in Zürich.
Das Gebäude ‚zum Silberhof‘ bestand aus einem Neurenaissance-Teil (links) und einem Jugendstil-Teil (rechts).
Der Gebäudeteil gegen die Bahnhofstrasse wurde 1877 / 1878 unter der Leitung der Architekten Adolf und Friedrich Brunner erbaut. Jener entlang der Uraniastrasse wurde von Architekt Professor Gustav Gull geplant und in den Jahren 1907 / 1908 erbaut.
Skizze zum erstprämierten Wettbewerbsprojekt aus dem Jahr 1964 vom Architekten Werner Gantenbein.
Visualisierung zum Wettbewerbsprojekt (1964). Die gläserne Hülle umfasst das Gebäude als Vorhangfassade wie ein Ballkleid.
Möglicherweise wurde Werner Gantenbein bei seinem Entwurf von Ludwig Mies van der Rohe inspiriert, welcher 1921 das Glashochhaus an der Friedrichstrasse 130 in Berlin als Wettbewerbsbeitrag präsentierte.
Als das Modehaus im Februar 1975 den Ersatzneubau für das Haus zum Silberhof eröffnete, war die Wirtschaft in eine Krise gerutscht und dem Fortschrittsglauben war Skepsis gewichen. Man blickte lieber zurück als nach vorne. Die Wertschätzung alter Bauten, insbesondere der Architektur des Historismus stieg an. Nachdem Werner Gantenbein 1964 den Wettbewerb für die ‚neue Modissa‘ gewann, wurden kritische Stimmen zum Bauprojekt laut. Man fragte sich, ob man das Haus zum Silberhof, ein wichtiges Gebäude des Stadtbilds, zu Gunsten der neuen Modissa abreissen dürfe.
Die zürcherische Vereinigung für Heimatschutz stimmte dem Abbruch zu, da der geplante Neubau ein ‚gutes Projekt‘ sei. Als das Projekt sieben Jahre später baureif war, beklagte der Heimatschutz unter neuer Leitung den Abbruch bitter. Mit dem Neubau der Modissa fand ein Umdenken statt. Für die nächsten zwanzig Jahre wurde kein Neubau an der Bahnhofstrasse mehr erstellt. (Fotografie aus dem Jahr 1975)
Durch die Verjüngung der Gebäudefläche im Erdgeschoss wurde eine Vergrösserung des Fussgängerbereichs erreicht. Das plastischere Sockelgeschoss differenziert sich von den flächigen Obergeschossen. (Fotografie aus dem Jahr 1975)
Der Erweiterungsbau der UBS vom Jahr 1979 zeigt ein ähnliches Erscheinungsbild wie die Modissa mit Baujahr 1975. Das Projekt wurde ebenfalls vom Architekten Werner Gantenbein geplant.
Ebenso das SBV-Gebäude an der Bärengasse in Zürich von 1982.
Die Visualisierung zu den Sanierungsarbeiten von 2013-2015 zeigt die hohe Bedeutung, welche der neu beleuchteten Eckstütze sowie den neu geschaffenen, zweigeschossigen Sockelbereich gelegt wird. (Quelle Bild: blog.mooris.com)
links oben (Schnitt):
1975 vor den Sanierungsarbeiten: Durch das Vordach wurde eine intime Zone vor den Schaufenstern geschaffen.
links unten (Grundriss Erdgeschoss):
Vor den Sanierungsarbeiten waren alle Stahlstützen in ihrer Dimensionierung und Ausgestaltung gleichwertig.
rechts oben (Schnitt):
Im Zuge der Sanierungsarbeiten wird die intime Zone vor den Schaufenstern aufgehoben.
rechts unten (Grundriss Erdgeschoss):
Die prominente Stütze im Erker wurde mit Metallprofilen verkleidet und mit Beleuchtungsschienen ausgestattet. Die Stütze bildet heute ein wichtiges Element der Erscheinung des Gebäudes.
oben: Das Geschäftshaus Modissa Mitte der 1970er Jahre entlang der Bahnhofstrasse
unten: Nach den Sanierungsarbeiten zeigt sich auch der Eingangsbereich flächig.
Durch die zurücknehmende Farbigkeit und Einheitlichkeit der Fassade wird die ausgestellte Mode nicht konkurrenziert. (Quelle Fotografie: Marc Straumann)
Erst in den 1960er und 1970er Jahren wurden Glas, Beton und Metall für die Fassadengestaltung in der Bahnhofstrasse eingesetzt. (Blick von der Bahnhofstrasse)
Die Perspektive von der Uraniastrasse zeigt den prominenten Glaserker mit den ungewohnt spielerisch wirkenden Sonnenschirmen darüber.
Bewusst augenfällig präsentiert sich das Damenmodehaus der Modissa AG an der stark frequentierten Kreuzung Bahnhofstrasse/Uraniastrasse in Zürich. Nicht nur in seiner Formensprache, auch in der Materialisierung differenziert sich der Eckbau von den umgebenden Bauten. Trotz seiner Artikulation wirkt das Gebäude im Stadtbild nicht störend und zelebriert dabei eine Art ‚zurückhaltende Exponiertheit‘.
Die Sicht von der Uraniastrasse zeigt die fein struktierte Fassadenhülle aus Baubronze.
Der Grundrissplan des Erdgeschosses zeigt, wie prägend die Innenliegende Erschliessung für die Raumbildung ist.
Die geschwungene Grundform verleiht dem Projekt von Innen- wie Aussen betrachtet Dynamik (Grundriss zweites Obergeschoss).
Durch den Rücksprung des sechsten Obergeschosses entsteht im Übergangsbereich zum neu gestalteten Restaurant (2015) ein attraktiver Aussenbereich.
Das Modissa-Gebäude zählt acht ober- und vier unterirdische Geschosse.
Durch die kleine Grundfläche des Gebäudes wird die Erschliessung zu einem wichtigen Bestandteil des Gebäudes.
Über dem grossen, durchgehenden Schaufenster für die Passanten im Erdgeschoss thront in der Ecke der grösstenteils verglaste Erker als Grosses und von Weitem sichtbares Schaufenster zur Stadt. (Fassade zur Bahnhofstrasse)
Vom zweiten bis zum vierten Geschoss zeigen sich die seitlich angrenzenden Wände an den Erker opak. Im fünften Obergeschoss öffnen sie sich mehr zur Stadt, wobei sich die transparenten Elemente als optisch horizontal umlaufendes Band zeigen und den Anschluss an die Bestandesbauten finden (Fassade zur Uraniastrasse).
Die Skizze zeigt die Tragstruktur des Stahlbaus im dritten Obergeschoss mit der entsprechenden Dimensionierung der jeweiligen Stahlträger.
Skizze des Horizontalschnitts durch die Pfosten-Riegelkonstruktion im Bereich der Verglasung (oben) und im Bereich der Sandwich-Paneelen (unten). Die getroffenen Massnahmen bei den Sanierungsarbeiten 2013-2015 sind gelbgrün coloriert.
Skizze des Vertikalschnitts im Übergang Decke über dem vierten Obergeschoss. Die getroffenen Massnahmen bei den Sanierungsarbeiten 2013-2015 sind gelbgrün coloriert.
Mit einem dezenten, geschwungenen Rücksprung in der Fassade geschieht der Anschluss an die Nachbargebäude.
Der Eingangsbereich mit der nachträglich verbreiterten und beleuchteten Stütze sowie den Ausstellmarkisen (2015). (Quelle Fotografie: Marc Straumann)
Nur durch die Verkleidungsprofile aus Baubronze in der Tiefenwirkung geprägt, wirkt die Fassade flächig und glatt. Der Grossteil der Fassade ist geprägt durch die Struktur des Pfosten-Riegelsystems mit einer opaken Verkleidung aus 0.8mm starken Blechen aus Baubronze oder elektrochromen Isoliergläsern gefüllt.
An der Deckenstirne der Decke über EG sind im Zuge der Sanierungsarbeiten im Jahr 2015 neue Schwerter angebracht worden, um die vorgehängte Fassade zu befestigen.
Aus der Sicht des Kunden, welcher durch die Verkaufsgeschosse flaniert, entwickelt sich im Erker mit zunehmender Höhe ein Gefühl der Erhabenheit gegenüber den Passanten im darunterliegenden Strassenraum.
Das Restaurant im sechsten Obergeschoss mit der attraktiven Dachterrasse. (Quelle Fotografie: Marc Straumann)
Der Blick vom sechsten Obergeschoss in den belebten Strassenraum Zürichs.
Während die Fassaden zum Strassenraum repräsentative Funktionen haben, ist jene zum Innenhof wesentlich zurückhaltender gestaltet.
Lediglich die seit 2015 abgerundeten Fensterleibungen der verputzten Lochfassade nehmen die Thematik der Strassenfassaden ansatzweise auf.
links: Die Visualisierung zum Wettbewerbsbeitrag von 1964
mitte: Fotografie der ’neuen Modissa‘ von 1975
rechts: Nach den Sanierungarbeiten von 2013-2015
Das Geschäftshaus der Modissa AG in der Abenddämmerung festgehalten.