Der Erismannhof, in Anlehnung an den Stadtrat Friedrich Erismann, wurde 1928 zum ersten Mal bezogen. Die Mieterschaft waren vorwiegend Schweizer Arbeiterfamilien mit tiefen Einkommen. Die 20er Jahre waren geprägt von den Folgen des Weltkrieges und der Weltwirtschaftskrise. Die Überbauung sollte den Bewohnern ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit geben, was sich klar im Städtebau ausdrückt. Die U-förmig angeordnete Blockrandbebauung öffnet sich nur zur Hohlstrasse. Im grosszügigen Innenhof wurde ein städtischer Kindergarten errichtet, der bis heute besteht.
Die Gebäudehülle ist sehr kompakt und einfach gehalten, wodurch es eine kostengünstige Erstellung gibt, was das Hauptkriterium war. Beim Bau und bis zur Renovierung 1989 gab es neben der Küche eine kleine Loggia, welche bei der Renovierung in ein Badezimmer mit Dusche umgewandelt wurden. Die Formsprache vom Erismannhof ist eher schlicht, schafft aber durch wenige Details einen starken Ausdruck zu erzeugen. Dies erkennt man an den 129 3-Zimmer-, den 10 2-Zimmer- und den 30 4-Zimmerwohnungen. Die Zimmer sind klein und kompakt gehalten, haben aber ein Fenster und einen Bezug zum Aussenraum. Die Wohn- und Schlafräum sind mit weissem Täfer eingekleidet, was ein warmes und wohliges Gefühl auslöst. Seit der Erstellung steht ein Kachelofen im Wohnzimmer, welcher noch heute die Heizquelle der Wohnung ist. Die Wohnungen sind so angeordnet, dass die Schlaf- und Wohnzimmer direktes Sonnenlicht haben. Die einzelnen Baukörper sind der Sonne nach ausgerichtet.
Die tragenden Elemente des Erismannhofes sind die aussteifenden Treppenkerne, welche pro Etage zwei Wohnungen erschliessen, die Aussenwände, sowie die vertikal zur Aussenwand stehenden Wohnungstrennwände. Die Innenwände, welche horizontal zur Aussenwand stehen, sind nichttragend und bestehen nur aus einer dünnen Holztrennwand. Die ganze Siedlung ist in einem wiederkehrenden Raster geteilt. Die Fenster sind in einem zusätzlichen Raster und werden durch die Treppenhäuserfenster unterbrochen, welche ein halbes Geschoss versetzt sind. Die Fenster sind übereinander und man kann die Abfolge der Wohnungen ablesen, je zwei Fensterraster ergeben eine Wohnung. Die zwei unteren Geschosse bilden den Sockel und werden durch ein umlaufendes Gesims von den drei Obergeschossen getrennt. Dieser recht hohe Sockel lässt das Gebäude massiver und wehrhafter wirken.
Das Satteldach hat einen charakteristischen Ausdruck durch seine unzähligen Gauben. Die Regenrinne teilt das Volumen in mehrere Abschnitte und bricht somit die Länge. Die Stützen im EG verankern die Gebäude in den Boden und geben den Volumen einen burgartigen Ausdruck. Die Risalite in den Ecken fassen die Eingangsfassade und lassen das Gebäude von der Seite aus tiefer und massiver wirken. In der Fassade gibt es einerseits eine horizontale Trennung durch das Gesims, anderseits durch die sich abwechselnden dunklen und hellen Streifen, welche seit der Renovierung in sanftem Gelb gehalten sind.
Abschliessend lässt sich sagen: Der Entwurf ist sehr durch die Zeit, in der der Erismannhof gebaut wurde, geprägt. Die burgenhafte äussere Erscheinung zeugt vom 1.Weltkrieg und der anbahnenden Wirtschaftskrise. Die Architekten haben es geschafft, mit wenigen Ressourcen eine sehr bedeutungsvolle Fassade zu entwerfen und so der Siedlung den gewünschten Ausdruck zu geben. Der Gedanke des Städtebaus, welcher Geborgenheit und Sicherheit ausstrahlt sowie die Gemeinschaft stärkt, ist gerade in der schnelllebigen Zeit von heute wieder aktuell.