Nutzung: Sportanlässe, Konzerte
Baujahr: 1939
Ort: Wallisellenstrasse 45, Zürich
Karl Egender wuchs in Zürich auf und absolvierte zunächst eine Berufslehre als Hochbauzeichner bei den Gebrüdern Wassmer in Zürich. Nach der Gründung seines eigenen Architekturbüros im Jahre 1921 entstand zwischen 1938–1939 sein bedeutendstes Werk, das Hallenstadion in Oerlikon.
Das Hallenstadion liegt unweit des Bahnhofs Oerlikon am Strasseneck der Wallisellenstrasse und der Thurgauerstrasse. Früher von grossen leeren Flächen umgeben, korrespondierte es vor allem mit der offenen Radrennbahn im Süden.
Durch die Nähe des grossen Messegebäudes im Osten wird die Rundumwirkung des Stadions geschwächt. Zudem scheint die Ausrichtung nicht mehr ganz in die städtebauliche Situation zu passen.
Die Ausrichtung zur offenen Radrennbahn im Süden wird durch die «ausgestreckten» Zuschauereingänge deutlich inszeniert.
Die geknickte und gerundete Grossform bricht mit der geometrischen Strenge des Neuen Bauens. Diese Charakterzüge geben dem Gebäude das gestalthafte Wesen, das es für die Bevölkerung annehmbar macht und dem es den Kosenamen „Schildkröte“ zu verdanken hat.
Der Radrennsport, in den 1920er Jahren eine sehr beliebte Sportart, wurde zum Initiativgrund für den Bau des Hallenstadions. So bildeten die neu überdachten Radrennen über lange Zeit die Hauptattratkion im Stadion.
Radrennen als beliebte Freizeitveranstaltung.
Die Radrennbahn musste in den 50er Jahren der Eisfläche weichen.
Im Gesamteindruck bilden Dach und Fassade eine Einheit, sodass das Gebäude als kompakte und einprägsame Figur erscheint.
Die fein unterteilte Fensterfläche weitet sich an den Schmalseiten des Gebäudes schräg aus und widerspiegelt damit den Verlauf der Rennbahn mit den Steilkurven.
Die sich in den Steilkurven der Radrennbahn ausweitenden Fensterflächen versorgen die Halle grosszügig mit Tageslicht und schaffen einen direkten Bezug zum Aussenraum.
Das Betonskelett mit den Backsteinfüllungen erweisen der Industriearchitektur ihre Referenz. Die Konstruktion ist offengelegt und das statische Prinzip von aussen klar ablesbar.
Als freistehendes Stadion konnte das Gebäude zur Bauzeit seine Wirkung auf die Umgebung uneingeschränkt entfalten.
An den Längsfassaden setzte Egender das Bild der aufsteigenden Tribüne expressiv um. Das Aufstrebende, nach oben sich Ausdehnende sollte Leichtigkeit vermitteln; mit der tendenziellen Ablösung vom Boden wurde jeglicher Monumentalität entgegengewirkt.
Der Aufbau des tragenden Betonskeletts gehörte zu den ersten Etappen des Rohbaus.
Das Grundgerüst für die Tribünen wurde zusammen mit dem Betonskelett der Fassade direkt vor Ort gegossen.
Die in ihrer Farbigkeit und Musterung leicht variierenden Backsteine wirken lebendig und machen jedes Wandsegment zu einem individuellen Kunstwerk.
Wo die alte Backsteinstruktur ersetzt oder ergänzt wurde, hat das Erscheinungsbild an Ausdruckskraft eingebüsst.
An diesem Wandabschluss im Eingangsbereich lässt sich der zweischichtige Aufbau der Backsteinwände ablesen. Diese bestehen aus zwei halbversetzten Läuferschichten ohne konstruktiv an sich notwendige Binderschichten. Damit wird nochmals verdeutlicht, dass die Wand lediglich sich selber halten muss und nicht tragend ist.
Betrachtet man das Hallenstadion aus der Ferne, erkennt man das grosse Fensterband, welches direkt unter dem Dach beinahe ununterbrochen ums gesamte Stadion führt. Es wirkt leicht auf dem Körper aufliegend und lässt die Abtragung der Hauptlast über eine innenliegende Konstruktion erahnen.
Hochliegende, statisch sinnvollerweise direkt unter den Betonstürzen platzierte Fensterbänder verdeutlichen nochmals die Verhältnisse der tragenden und der schützenden Fassadenelemente.
Die verzinkten Metallfenster wurden direkt ans Betonskelett angeschlagen.
Die verzinkten Fensterprofile mit sichtbarer Verschraubung stehen für die schnörkellose, klare Bauweise.
Die Aussparung für die Fensteranschläge wurden direkt in die Betonstürze miteingeschalt. Einfache und praktische Detaillösungen waren ein grosses Anliegen.
Wo ein Fenster nicht gleich unter dem Betonskelett platziert werden konnte, wurden materialgerechte Backsteinbögen eingesetzt.
Die runden Fenster im Eingangsbereich sind als Anlehnung an die organische Grossform des Gebäudes zu verstehen und brechen mit der Strenge des Neuen Bauens. Zudem inszenieren sie die Aussicht für den Besucher.
Die im Rohbau belassene Treppe zeichnet sich an der Fassade direkt ab und verhält sich damit wie die sichtbaren Deckenstirnen im Rest des Gebäudes. Konstruktive Details werden bewusst inszeniert.
Die verwendete Schalung trägt eine spannende Profilierung an den Betonelementen ab.
Die rohe Bausubstanz ist auch im Innern stark präsent und vermittelt Funktionalität und Robustheit.
Im Schnitt ist die Dachkonstruktion mit dem Eisenfachwerk gut erkennbar. Die genieteten Stützen und Fachwerkträger lassen an Hallenbauten der Industrie erinnern. Die beeindruckende Ingenieurleistung ermöglichte die Ausbildung des flachen Daches.
Eine der vier genieteten Hauptstützen aus Stahl, auf denen die Dachkonstruktion aufliegt.
Die Holzrippen der Dachuntersicht sind von aussen sichtbar.
Das Zusammentreffen von Alt und Neu funktioniert. Ein Eingangsgebäude wurde bereits bei der Planung des Ursprungsgebäudes von Egender mitgedacht, aus Kostengründen jedoch nicht realisiert. Der Anbau fügt sich ohne grosse Geste dem Ursprungsgebäude an.
Im Innenhof greifen Alt und Neu ineinander und bilden so eine Raumeinheit, wobei die Bausubstanz klar differenzierbar ist.
Den grossen Menschenmengen war der Ursprungsbau nach heutigen Standards nicht mehr gewachsen. Deshalb musste die ganze HLK-Technik und das Evakuierungssystem auf den neusten Stand gebracht werden. Die Hauptanlagen wurden aussen an der Ost- und Westfassade platziert.
Die Nähe des Messegebäudes östlich des Hallenstadions wirkt einengend. Ursprünglich als freistehender Baukörper geplant, kann sich die Wirkung des Hallenstadions nicht mehr richtig entfalten.
Der westlich liegende ZSC-Lions Platz ist als beliebter Treffpunkt für bevorstehende Veranstaltungen in der Bevölkerung verankert.