Architekt: Michael Alder
Nutzung: Genossenschaftswohnen
Baujahr: 1990-1993
Ort: Bungestrasse, Basel
Biegt man vom Luzernerring ab und folgt der Burgfelderstrasse Richtung französischer Grenze, blickt man rechterhand bald über eine grosse Schrebergartensiedlung. Die die Hauptstrasse säumende, blockrandähnliche Bebauung macht einen Knick und führt die leicht abfallende Bungestrasse nach unten. Nach wenigen Metern wechselt die Architektur und der Riegel von Michael Alder beginnt.
Bei der ersten Begegnung mit der zur Strasse liegenden, nördlichen Fassade fällt das stark repetitive, gestaffelte Aussen auf. Die enorme Länge macht die Repetition und das auf den ersten Blick einheitliche Ganze möglich. Einige Begegnungen und genaueres Hinsehen später, zerfällt dieses Ganze jedoch und man erkennt, dass der Hauptbau und die filigranen Glasanbauten zwei unterschiedliche Handschriften tragen. Die eine ist die eines massigen Bären, die andere eher die einer filigranen Stabheuschrecke. Der massige Körper hat ein dickes Fell, dessen Stärke – eine 39 Zentimeter wärmedämmende Leichtbacksteinwand – durch die innen angeschlagen Fenster und die dadurch entstehenden Laibungstiefen sichtbar wird. Die Öffnungen des massigen Körpers sind klein und reduziert. Am Bären klammern sich die filigranen Stabheuschrecken. Diese vorgesetzte, glasig wirkende Schicht zeichnet mit äusserst schmalen Ansichten von Betonscheiben ein geometrische Muster über das Ganze. Die Länge des Körpers wird so gekonnt vertikal rhythmisiert und vom introvertierten Innenleben zum dynamischen Stadtleben gefiltert und verflüssigt. Die Balkontürme zeigen eine feine, ausbalancierte Gliederung aus Sichtbeton, Metall und Glas. Das nackt wirkende Konstrukt lässt eine Bespielung durch die Bewohner zu und erhält so einen informellen, sich stetig ändernden Charakter. Es widerspiegelt das Bild des gegenüberliegenden Schrebergartens. Das Stadthaus verzahnt sich so selbstverständlich mit seinen Nachbarn.
Auf der Südseite hat Alder ein ähnliches Prinzip angewendet. Die grösseren Öffnungen in den dicken Mauern lassen hier ein tiefes Relief entstehen. Die resultierenden Licht- und Schattenspiele integrieren die Fassade gekonnt in den Kontext.
So additiv die Balkonschichten auf beiden Seiten des Riegels also sein mögen, bereichern sie den kompakten und eher wirtschaftlich angeordneten Grundriss mit wertvollem Aussenraum. Durch gezielt gewählte anstatt grossflächig verglaste Öffnungen, werden Sichtbezüge von Nord- zu Südseite geschaffen. So gewinnt die Wohnung an Weite und öffnet sich zur Stadt. Zur gleichen Zeit werden Rückzug und Konfrontation zugelassen. Die vertikalen Betonscheiben der Balkone auf der Nordseite schliessen jeweils eine Wohnung ein und bieten so eine gewisse Intimität in der Öffentlichkeit. Ausserdem fassen und überdachen sie im Erdgeschoss die eine stolze Adresse bildenden Eingänge. Wertige Materialien wie Terrazzo und Vollholz machen den Übergang von Aussen nach Innen zu einem eindrucksvollem Ankommen.
Die Einfassung des Erdgeschosses mit Vormauerung, Abzäunung und verschiedenen Pflanzen verschleiert den Ursprung des Gebäudes. Der Betonsockel ist kaum zu erkennen. Der Riegel scheint deshalb aus einer ungeahnten Tiefe zu entspringen und fest mit dem Ort verankert zu sein.
Die Überbauung lebt von Kontrasten. Die Ausführung der Balkone ist präzise und trotzdem sachlich, das Hauptvolumen dagegen ist etwas zu massig geraten. Die Verbindung dieser beiden Elemente gestaltet sich daher als schwierig. Oder bildhaft gesprochen: Der Bär ist loyal und toleriert die Heuschrecken, aber er reagiert nicht auf sie. Es besteht eine gegenseitige Akzeptanz, aber auch nicht mehr. Schaut man aber über die architektonische Fügung dieser Schnittstelle hinweg, gliedert sich das Gesamte gut in die Umgebung ein und bietet der Stadt ein interessantes Gesicht. Die additiven Balkontürme befreien den Bau von seinem passiven Ausdruck und lassen diesen intensiv mit der Stadt in Kontakt treten und mit ihr kommunizieren.