Schulhaus Scheibenschachen, Herbst 2015
Historische Karten Aarau
Das Quartier Scheibenschachen (roter Punkt) war bis in die 1950er vorallem in Richtung Norden nach Rombach noch recht unbebaut. Einige Häuser im Südwesten der Parzelle sowie eine Zementfabrik (1882-1929) im Nordosten waren vorhanden.
Erst in den 50er Jahren entstanden mehr und mehr Reihenhäuser und Mehrfamilienhäuser in dem Gebiet, bis 1961-63 die Schulanlage Scheibenschachen gebaut wurde.
Luftaufnahme
Die Schulanlage (rot) liegt nördlich der Stadt Aarau in einem Reihen- und Mehrfamilienhausquartier. Trotz ihrer Zugehörigkeit zu der Stadt bildet sie einen starken Kontrast mit ihrer fast parkähnlichen Umgebung. Das Bauen neuer Schulen in neu entstehenden Quartieren, anstatt ein Abriss alter Schulhäuser und Neubau an gleicher Stelle, war zu damaligen Zeit im Trend, um so vorallem jüngeren Schülern einen besseren Schulweg anzubieten.
Gliederung der Schulanlage
Im Süden der Schulanlage gegenüber der Aare befinden sich 3 Klassentrakte mit den dazugehörigen Garderobenhallen und WC-Anlagen sowie einem Aula-Trakt. Im Norden sind die damals eher von modernem Gedanken geprägten Spezialzimmer für Handarbeit und Handwerk entstanden. Ebenso ist das Lehrerzimmer und die Turnhalle im Norden angeordnet. Ein Sportfeld mit Spielwiese, Sprunggrube sowie Trockenplatz bilden den nordöstlichen Abschluss. Das Schulhaus orientiert sich grösstenteils zum Aareufer. Die Hauptzugänge erfolgen aber von Westen und Osten.
Das reformierte Kirchengemeindehaus (Bild) und das Pfarrhaus sind von den gleichen Architekten erbaut worden und ergeben gesamthaft ein gutes Ensemble.
Bildungsreform nach dem zweiten Weltkrieg
Vor dem zweiten Weltkrieg waren die Schulgebäude oftmals noch ein Repräsentationsbau in der Gemeinde/Stadt. Das Erschaffen eines guten Lernklimas war dabei nebensächlich. In der Nachkriegszeit kam es zu einem Umdenken. Neue pädagogische Ideen entstanden und die Schulbauten wurden diesen angepasst. Die Schulgebäude wurden auf Kind gerechtere Dimensionen reduziert. Neu spielten auch kleinere Klassenzimmer mit weniger Schülern eine wichtige Rolle sowie genügend Licht, Luft und die Möglichkeit den Unterricht im Freien zu halten. Die fix installierten Schulbänke von früher wurden durch neue flexible Tische und Stühle ersetzt, sodass man diese auch mit ins Freie nehmen konnte. Die Schulgebäude wurden schlichter und nüchterner als die früheren Repräsentationsbauten, dafür wurde der Aussenraum mehr miteinbezogen. Es entstanden vielerorts pavillonartige Bauten, die mit Laubengängen verbunden wurden. Dieses Pavillonsystem, das 1930 erfunden wurde, fand vorallem in den 50er- und 60er- Jahre seine Anwendung.
Schulhaus Scheibenschachen, Eröffnung 1963
Ausgestaltung des Klassenzimmers nach neuer Art
Das Klassenzimmer ist kleiner als früher ausgestaltet und besitzt flexible Tische und Stühle. Der Lehrer steht auf dem gleichen Niveau wie die Schüler. Die Zimmer werden immer von zwei Seiten belichtet, wie es auch in den damaligen neuen Schulbauten üblich war, um genügend Luft und Licht im Raum zu haben.
Die Schulzimmer sind in ihren Dimensionen und Funktionen bis heute gleich geblieben. Nur das Mobiliar und die im Jahr 2003 erstellte Metall-Loch-Decke hat sich im Laufe der Zeit verändert.
Grundriss Erdgeschoss
Rot – Passerelle die alle Trakte verbindet
Grün – Pausenhöfe zwischen den Schultrakten
Blau – Freiluftschulzimmer
Passerelle
Eine 120 Meter lange Passerelle bildet das Rückgrat der Schulanlage, an ihr sind die einzelnen Baukörper angefügt.
Pausenhofgestaltung mit Anlehnung an die Uferlandschaft
Die Pausenhöfe der Schule sind um 1.90 über das gewachsene Terrain erhöht. Diese sind so ausgestaltet, da es eine Anlehnung an die Topografie des Ufers ist.
Durch die Erhöhung des Pausenhofes wird die Schule gefasst bzw. trennt sich klar von der Umgebung ab. Die Grenzen des Schulareals sind so klar sichtbar.
Freiluftschulzimmer
Zu jedem der drei Schulzimmertrakte gehört noch je ein Freiluftschulzimmer dazu, dies leitet sich auch wieder aus dem früheren Gedanken des Einbezugs der Natur in den Unterricht ab. Das Freiluftschulzimmer im Schulhaus Scheibenschachen ist heute nicht mehr in Gebrauch, soll aber in Zukunft wieder vermehrt benutzt werden.
Blick von anderem Aareufer
Vergleich einer historischen und aktuellen Fotografie (folgendes Bild).
Im heutigen Foto ist zu erkennen, dass die Uferböschung renaturiert wurde und damit auch der Fussweg, der an der Aare entlang führt. Somit hat sich eine Grube von der neuen Uferkante zum bestehenden Schulhaus gebildet.
Architekten
Die Architekten des Schulhauses Scheibenschachen waren Alfons Barth und Hans Zaugg. Ab 1943 gründeten die beiden Architekten, die vorher selbständig waren, das Büro „Barth und Zaugg“, auf Grund eines gemeinsamen Wettbewerbs. Nebenher führten sie aber immer noch ihre eigenen Büros weiter. Die beiden Architekten wurden in den 60er Jahren Teil der lose zusammengefundenen Gruppe der „Solothurner Schule“ (Max Schlup; Franz Füeg; Fritz Haller; Hans Zaugg; Alfons Barth), welche sich durch ihren Beitrag an der Schweizerischen Nachkriegsarchitektur auszeichneten. Als Schule wurde die Gruppe bezeichnet, da sie voneinander unabhängig Arbeiten machten, die sich aber einer gleichen Architektursprache bedienten. Zitat von Jürgen Joedicke: «Sie versuchen kompromisslos nur jene Mittel zu verwenden, die sie als unserem Zeitalter, als einer Epoche der Technik für angemessen halten. Daraus erklärt sich ihre Vorliebe für Stahl und ihr Streben nach Vorfabrikation und Montagebau.“ Die aber auf den ersten Blick vermeindbare „Einfachheit“ der Bauten der Solothurner Schule entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein Streben nach technischer Perfektion und komplexen, stringenten Überlegungen. Vielfach war das Denken in Systemen oder in Rastern ein weiteres Indiz ihrer Bauten. Nebst den einfachen Kubenbauten sowie der eindeutigen Materialisierung waren die Mitglieder der Solothurner Schule auch für ihre Tendenz zur Verweigerung von Bauen im Kontext bekannt.
Materialien
Die Schulanlage besteht aus nur wenigen verschiedenen Materialien. Die Hauptmaterialien sind Stahlbeton, Durisol-Steine, Verputz, Metall und Glas.
Materialien
Die Schulanlage besteht aus nur wenigen verschiedenen Materialien. Die Hauptmaterialien sind Stahlbeton, Durisol-Steine, Verputz, Metall und Glas.
Materialien
Die Schulanlage besteht aus nur wenigen verschiedenen Materialien. Die Hauptmaterialien sind Stahlbeton, Durisol-Steine, Verputz, Metall und Glas.
Ordnungssystem
Die gesamte Schulanlage ist auf einem Raster von 1.03 m aufgebaut. Dies ist nicht das einzige Ordnungssystem am Gebäude. Die Fenster gliedern sich in quadratische Teile.
Zwei Schalungsmuster
Das Schalungsmuster ist an den Gebäuden gut ablesbar und besitzt den Ausdruck einer Elementbauweise. Die horizontalen Elemente wurden mit einer horizontalen Schalung geschalt.
Die Vertikalen mit einer vertikalen Schalung.
Tragstruktur / Konstruktion
Die Konstruktion besteht aus einem Eisenbetonskelett, das mit Durisol-Steinen und / oder Fenstern ausgefacht ist. Die Lastabtragung des Gebäudes geschieht rein über das Betonskelett und ist durch dessen Sichtbarkeit an der Aussen- und Innenfassade klar ablesbar. Die Durisolsteine dienen als Dämmungsschicht. Sie sind im Innen- als auch Aussenbereich körnig verputzt und nicht mehr als Mauerwerk ablesbar. Die Schutzschicht bildet ein Anstrich mit weisser Farbe.
Bei näherer Untersuchung des Gebäudes und Studium der Planunterlagen ist auffallend, dass die Deckenplatten des Schulhauses auf ein Minimum reduziert und nur 9 cm dick sind. Nur ein mittiger Unterzug besitzt eine Dicke von 37 cm (roter Kreis).
Die Aussenwände des Schulhauses sind aus 20 cm starken Durisol-Steinen aufgebaut. Nur im Bereich der Fensterbrüstung ist ein breiterer Stein von 28 cm verwendet worden (roter Kreis), um die innere Flucht des Betonsturzes aufnehmen zu können und das Fenster innenbündig anzuschlagen. Auch hier wurde anstatt eine Wand durchgehend mit einer 28 cm starken Wand zu machen, Material gespart und nur an notwendigen Stellen hinzugefügt.
Additionsprinzip
Die verschiedenen Gebäudetrakte sind über ein Vordach mit der Passerelle verbunden. Die Trakte sind an die Überdachung angefügt. Wo sich aber Gebäudekörper berühren, wird das Konstruktionsprinzip verdoppelt und somit addiert. Dadurch wird aufgezeigt, dass jedes Volumen für sich gedacht wurde.
Additionsprinzip
Verbindung der Turnhalle mit dem Schulhaustrakt.
Ausnahme zum sichtbaren Additionsprinzip
Eine Ausnahme zum Additionsprinzip bildet der Anschluss des Traktes mit den Handwerks- und Handarbeitszimmern, der den Übergang von der Passerelle zur Turnhalle bildet. Dieser Trakt ist direkt und ohne über ein weiteres Vordach an die Passerelle angefügt. Auch ist keine sichtbare Verdoppelung der Stütze zu sehen, welche in der übrigen Anlage bei der Addition von Bauvolumen sichtbar ist.
Fugen
Am Gebäude sind vorallem im Bereich der Passerelle und der an ihr addierten Trakte viele Silikonfugen vorzufinden. Diese weisen auf die Bauetappen hin, die traktweise geschehen sind.
Das Betonskelett der Klassentrakte weist lediglich Arbeitsfugen auf, was eine Ortbauweise zeigt.