Die maurisch-arabischen Einflüsse auf die europäische Küche

Das Thema Essen, Ernährung und die Nahrungsmittel haben in den letzten Jahren in der Öffentlichkeit eine ungeahnte Bedeutung eingenommen. Vor allem in den Sozialen Medien wird das Thema von allen möglichen Seiten beleuchtet, sodass scheinbar nichts mehr unbeantwortet bleibt. Mit Blick auf Altertums-interessierte Koch- und Naturfreunde soll hier einmal auf den Aspekt der ursprünglichen Herkunft gewisser Nahrungsmittel am Beispiel einer spezifischen Epoche eingegangen werden.

Spanier-innen und Spanien-Reisende, die sich schon einmal intensiver mit der maurisch-arabischen Vergangenheit von Andalusien befasst haben, kann die Tatsache faszinieren, dass hier im Mittelalter vom 8.- bis 15. Jahrhundert 700 Jahre lang eine arabische Gesellschaft bestand. Es ist diesbezüglich die einzige Gegend Europas. Geringere arabische Einflüsse sind auch von Frankreich über Italien bis Griechenland bekannt.

Rasch haben wir zwar einige Beispiele parat, welche sprachlichen und kulturellen Überbleibsel bis in unsere Tage überdauert haben. Man kennt die Bauten in Cordoba oder Granada, sehr viele Wörter im  spanischen oder italienischen Wortschatz haben ihren Ursprung im Arabischen – und viele sind bis ins Deutsche gelangt, Beispiele sind ‘Sofa’, ‘Matratze’, ‘Makramee’, aber auch ‘Haschisch’ und ‘Alkohol’!

Man kann deshalb auch einmal beim Thema Essen der Frage nachgehen, welchen Einfluss die arabische Zeit bis zu uns auf unseren mitteleuropäischen Speiseplan hat. Dieser ist erstaunlich und überraschend. Gerade auch einige heutige Top-Produkte der Food-Influenzer-Szene stammen aus dem Orient, wurden nicht etwa durch die Römer bekannt, sondern haben sich erst anschliessend durch die Phasen der Arabisierung von Nordafrika über das ganze Mittelmeer und erst spät von Spanien und Italien auch nach Nord-Europa verbreitet.

Schauen wir einmal auf diesen spezifischen Speiseplan anhand eines Mustermenus, wir erhaschen dabei einen runden Einblick in alle Köstlichkeiten aus der arabisch-maurischen Geschichte.

Ein Muster-Menu
Apéro:
— Honigmelone mit Schafkäse
— Hummus mit Granatapfelkernen
— Panissa bzw. Farinata aus Kichererbsenmehl mit Pesto und Artischocken

Vorspeise:
– Couscous- oder Bulgur-Salat aus Weizenschrot mit Tomaten, Minze und Zitrone
– Gefüllte Aubergine mit Hackfleisch und Pinienkernen und Kreuzkümmel

Hauptspeise:
– Lamm-Eintopf/Tajine mit Quittengemüse, Spinat und Safran. Dazu Reis.

Dessert:
– Gedämpfte Aprikosen auf Creme aus Honig-Orangenblütenwasser
– Marzipan und Baklava zum Kaffee

Lammeintopf. (Copyright by Pixabay, kostenlose Nutzung)
Lammeintopf. (Copyright by Pixabay, kostenlose Nutzung)

 

Geschichtliche Notizen zu einzelnen Nahrungsmitteln:

  • Melonen wurde schon vor 5000 Jahren angepflanzt in Afrika, die Wasssermelone war  als Wasserspeicher geschätzt und wurden von den Mauren in Spanien bekannt gemacht, von dort aus verbreitete sie sich bis nach Südamerika. Auch die süsse Honigmelone aus dem Orient machte einen ähnlichen Weg.
  • Die heute gerade sehr beliebte Kichererbse stammt von weither (Indien/Pakistan/Burma!), wurde aber schon früh in ganz Nordafrika und dem östlichen Mittelmeer ein äusserst wichtiges Nahrungsmittel.
  • Der mythische Granatapfel gelangte aus dem Kaukasus in den arabischen Raum und im 9. Jh ins maurische Spanien. Der Ortsname Granada ist davon abgeleitet.
  • Die bittere dornige Artischocke aus dem arabischen Namen für ‘Erddistel’ machte verschiedene Wege bis zu uns, sie gelangte u.a. über Persien und den arabischen Gebieten nach Italien,  Spanien, Griechenland.
Artischocke. (Copyright by Pixabay, kostenlose Nutzung)
Artischocke. (Copyright by Pixabay, kostenlose Nutzung)
  • Der beliebte Basilikum kommt urspr. aus tropischen Gebieten in Indien und weiter aus Asien. Indien kannte ihn schon vor 5000J. In Thailand ist der Basilikum seit Alters beliebt. Er kam insbesondere über Italien zu uns.
  • Die Eierfrucht Aubergine stammt ursprünglich aus Asien und nahm ihren Weg mit der Arabisierung Nordafrikas auch in den Mittelmeerraum, wo sie aber nicht sofort akzeptiert wurde.
  • Das Grundnahrungsmittel Reis nahm einen auch zeitlich langen Weg und erst die Mauren brachten ihn aus dem Zweistromland zu uns, obwohl man ihn dort schon 400 v. Chr kannte, noch viel früher aber schon in Indien und China bekannt war.
  • Der Spinat wurde von den Mauren erst spät im 12.Jh aus Persien nach Spanien und Europa gebracht, wo er bald viele heimische Blattgemüse verdrängte.
  • Die sonderliche Quitte hat eine der geheimnissvollsten Geschichten vorzuweisen. Der Quittenbaum galt in unserer Jugend als wichtiger Gesundheitsgarant auf jedem Bauernhof, es wurde uns gesagt, er sei ‘heidnischen’ Ursprungs, er vertrieb die Insekten aus den Kuhställen und war ein wichtiger Vitaminbringer im Winter. Die reale Herkunft der Quitten ist jedoch tatsächlich nicht klar, war es die Türkei, die Insel Kreta oder gar die Halbinsel Krim? In Nordafrika ist die Quitte bis heute sehr wichtig und wird gerne mit Fleischeintöpfen gekocht oder zu Süssigkeiten verarbeitet.
  • Den gelben Safran haben schon die Römer gekannt, ja den Safran kannte man schon 2300 v. Chr. im heutigen Griechenland! Die Mauren brachten ihn in den Pestzeiten als Medizin nach Spanien, wo er rasch grosse Verbreitung fand. Die Möglichkeiten als Gewürz haben uns ebenfalls die Mauren nähergebracht. Und so kennen wir heute die entsprechenden bekannten Gerichte, wie die Paella, Albondigas, Mejillon al Azafran und weitere mehr.
  • Zuckerrohr und der Zucker. Dass der Zuckerrohr und somit der Zucker nicht aus Kuba kommt, sondern aus Persien, überrascht wohl die meisten von uns. Süssmacher und Zucker waren wie der Safran und andere Gewürze in der Antike Luxusartikel und nur den allerobersten Kreisen vorbehalten. Wie musste es eine Wohltat sein, als die Araber das Zuckerrohr nach Europa einführten, die Zuckerpreise zum Purzeln brachten und so die Süssmacher für viele Gesellschaftsschichten plötzlich erschwinglich wurden. Damit sind auch die Süssspeisen noch süsser und deren Mengen grandios geworden. Wer kennt nicht griechische oder türkische Süssgebäcke, die vor Zucker triefen.
  • Zusammen mit den von den Römern schon verbreiteten Mandeln bekam der Marzipan seine Berühmtheit als Feiertags- und Weihnachts-Nascherei.
  • Die Aprikose wurde wohl ursprünglich in Nordchina gezüchtet und fand irgendwann einen Weg über die Türkei an’s Mittelmeer, wo sich ein Klima fand, das ihr entsprach. Unser heutiger Name ist aus dem Arabischen abstammend, in Nordafrika werden sie gerne in einem Fleischgericht mitgebacken oder gedünstet mit Datteln zu einem süss-sauren Dessert kombiniert.
  • Unser allerliebster Kaffee hat seinen allerfrühesten Ursprung in Äthiopien, gelangte erst im späteren Mittelalter Richtung Mittelmeer und wurde von den Arabern und dem osmanischen Reich weitherum bekannt gemacht. Irgendwann brachten schlaue Rohstoffhändler den Anbau in grossem Stil nach Südamerika und Asien.

!شهية طيبة – ¡Buen apetito! – Enjoy your meal! – 祝您好胃口 – Buon appetito!- Приятного аппетита! – Bon appétit ! – 召し上がれ!

 


Quelle:

  1. CN Costa Nachrichten; (22.08.24); https://www.costanachrichten.com/service/gastronomie/maurische-kueche-spanien-geschichte-rezepte-al-andalus-cordoba-sevilla-granada-91003928.html
  2. Titelbild:Microsoft Bing Creator; (22.08.24); Autor: Belén Temiño;https://www.bing.com/images/create/ein-stillleben-mit-reifen-granatc3a4pfeln-und-gelben-/1-66d0830fb5044a6ba36210d9730366e4?id=Qp3d9LoKVIzj%2Bqda2S6KOw.5JrItHU6ouc4rDmok%2B0GEg&view=detailv2&idpp=genimg&thid=OIG1.obtR6aHvWucayM4.dfi4&skey=yQvzwW5IRZV9SQoLHv13bOsMnIhMSFP3eOn1PzgxuM4&form=GCRIDP&ajaxhist=0&ajaxserp=0
  3. Bildquelle: Kostenlose Nutzung by Pixabay                   Artischockenpflanzen; (22.08.24); ReinhardThrainer; https://pixabay.com/de/photos/artischocke-gem%C3%BCse-lebensmittel-5987718/Lammeintopf; (22.08.24); IndigoBunting; https://pixabay.com/de/images/search/eintopf/

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