Hamed Abdalla: Der ägyptische Meister des Lichts

Bis Ende Mai 2024 war im ZENTRUM PAUL KLEE in Bern die erste Ausstellung in der Schweiz von HAMED ABDALLA zu sehen.  Sie war dem grossen Pionier der ägyptischen und arabischen Kunst gewidmet, „dem Meister des Lichts“, wie er von seinen Freunden und Schülern liebevoll genannt wurde. Abdallas Bilder faszinieren den Betrachter, der in ihnen den Synkretismus der ägyptischen Kunstgenealogie und der westlichen Moderne erkennt.

Hamed Abdalla wurde 1917 in Kairo als Sohn einer «Fellachen-Bauernfamilie» aus Sohag in der Region Saïd in Mittelägypten geboren. Er besuchte die Koranschule, wo er durch seine schöne Kalligrafie auffiel, die es ihm ermöglichte, sich an der Schule für angewandte Kunst einzuschreiben, um einen Beruf zu erlernen. Seine Neigungen waren jedoch eher künstlerischer Natur, so dass er versuchte, in die Akademie der Schönen Künste einzutreten. Dies wurde ihm jedoch verwehrt aufgrund seiner fehlenden akademischen Ausbildung. Von da an beschloss er, seinen eigenen Weg als Autodidakt und experimenteller Künstler ausserhalb institutioneller Zwänge zu gehen.

In den 1940er Jahren erlangte er in Ägypten Erfolg und Anerkennung, stellte in zahlreichen Galerien aus und gründete seine eigene Kunstschule. In den 1950er Jahren begann er sich international zu etablieren und stellte in Paris, London und Amsterdam aus. 1956 liess er sich in Kopenhagen nieder, 1967 zog er nach Paris, wo er 1985 starb.

Seine Kunst schöpft aus der Geschichte und dem künstlerischen Erbe Ägyptens, von der Antike bis zum 20. Jahrhundert, und greift gleichzeitig auf die europäische Avantgarde zurück, die Ende des 19. Jahrhunderts aufkam. Im Laufe seiner Karriere durchlief er verschiedene Stile, die er in klar abgegrenzten Perioden definierte: figurativ-naiv, abstrakt, lyrisch und romantisch. Für Abadalla hatte die Kunst eine soziale Funktion der Kritik und der historischen Dokumentation: Sein Werk spiegelt seine grosse Liebe, sein Interesse und seine Sorge für die Bauern und die unterprivilegierten Klassen wider. Es zeigt auch seine Anti-System Haltung, die sich gegen die Ungerechtigkeit und die westliche Vereinnahmung der östlichen und arabischen Kunst auflehnt. Aber nicht nur. Seit seiner Zeit als Lyriker arbeitet er mit dem Konzept der „anthropomorphen Schrift“. Dabei handelt es sich um eine neue Tendenz, eine spirituelle Dimension des „Heiligen“ durch das arabische Alphabet auszudrücken.  Inspiriert von der Kalligrafie in der mittelalterlichen islamischen Keramik verwendete er die Kalligrafie zum ersten Mal zur Darstellung menschlicher Wesen. Die arabische Sprache ist die Sprache des Heiligen Koran und besitzt eine talismanische Kraft, die einem Gegenstand eine Schutzfunktion verleihen kann. Er schafft symbolische Kompositionen mit Kalligraphie, die von figurativ bis abstrakt reichen und die humanistische und tolerante Vision des Islam vertiefen und erweitern.

Aufgrund seiner kritischen Haltung an der westlichen Politik gegenüber Ägypten, insbesondere nach der Suezkanal-Krise von 1956 und dem Sechstagekrieg von 1967, weigerte sich Abdalla, mit europäischen Galerien zusammenzuarbeiten, und geriet so in eine relative Isolation, die ihm den Ruf eines „marginalen“ Künstlers einbrachte. Heute ist er jedoch wiederentdeckt      und erhält seinen Platz in der Kunstgeschichte als das, was er war: ein sehr wichtiger Künstler seiner Zeit.

 

 

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Quelle:
  1. Autodidakt, Klee-Bewunderer und Pionier der ägyptischen Moderne; Peter Wäch; (18.06.24); https://www.plattformj.ch/artikel/217016/
  2. The collection; (18.06.24); https://dafbeirut.org/en/hamed-abdalla
  3. „FOKUS: HAMED ABDALLA (1917-1985)“; www.ch-cultura.ch; D. Leutenegger; (18.06.24); https://www.ch-cultura.ch/de/archiv/museum-ausstellung-galerie/fokus-hamed-abdalla-19171985
  4. Wikipedia, Movimiento HURUFIYYA; (18.06.24); https://en.wikipedia.org/wiki/Hurufiyya_movement
  5. Titelbild: „Und präge ihnen das Gleichnis vom diesseitigen Leben (…) .Sure 18, Vers 45, Koran. Übersetzt von Mazen Rahman Abdel; (19.05.24); Fotografie von Belén Temiño im Paul Klee Museum, Bern; (24.02.24)

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