Soziokultur

Sozialraumplanung statt Raumplanung

Sozialraumplanung statt Raumplanung

Am 3. März 2013 haben die Schweizer Stimmbürger und Stimmbürgerinnen das revidierte Raumplanungsgesetz angenommen, dieses ist seit 1. Mai 2014 in Kraft. Seither sind die Gemeinden angehalten, gegen ihre Zersiedelung vorzugehen. So müssen sie, bevor sie Neueinzonungen vornehmen, vorerst ihre vorhandenen Baulücken schliessen und bestehende Siedlungen besser nutzen. Es geht also um einen sorgfältigen Umgang mit dem Bestehenden und gleichzeitig um die Zusammenarbeit mit all den betroffenen Akteuren, die von den räumlichen Veränderungen betroffen sind. Diese sind viele, seien es Bewohnerinnen und Bewohner, Eigentümerinnen und Eigentümer von Liegenschaften, Gewerbetreibende oder Menschen, die hier ihren Arbeitsplatz haben. Sie alle nutzen, handeln, haben Pläne, entwickeln… und sie alle stellen ihre legitimen Ansprüche.

Was hat das alles und was hat insbesondere die Raumplanung mit Soziokultureller Animation zu tun? Raumplanung ist immer auch Sozialraumplanung. Sozialraumplanung beruht auf dem Verständnis, dass die räumliche Dynamik, bei der architektonisch gestaltete Gebäude, ausgestatte Plätze, Strassenverläufe, gestaltete Freiräume und das Leben und Handeln der Menschen in Wechselwirkung zueinander stehen. Es geht um Bedeutungen, die bestimmte Orte in der Gemeinde für ihre Bewohnerinnen und Bewohner haben, um Geschichten und Erinnerungen, die mit bestimmten Orten verbunden sind. Sozialraumplanung berücksichtigt verschiedene Gruppen, die den Raum erleben, sich aneignen und gestalten. Sozialraumplanung ist deshalb untrennbar mit Mitwirkung verbunden, damit die verschiedenen Erfahrungen und Anliegen in die klassische Raumplanung Eingang finden können. Nicht nur die Soziokulturelle Animation, aber sie insbesondere, verfügt über viele Erfahrungen und geeignete Methoden, um die verschiedenen Perspektiven zu integrieren. Sie kennt sich aus im Umgang und im Einbezug verschiedener Gruppen wie Kinder, Jugendliche und älteren Menschen oder sie weiss, wie man zwischen der Verwaltung einer Gemeinde und Anspruchsgruppen vermittelt.

In planerischen Fachkreisen wächst die Einsicht, dass in der Raumplanung ein sozialräumlicher Zugang zu besseren Ergebnissen führt, ja, dass die klassischen Instrumente und Methoden der Raumplanung alleine nicht mehr genügen. Dies zeigte sich in mehreren Tagungen der letzten Monate: z.B. «Raumplanung ins Dorf bringen», Rückblick zur Tagung der VLP-ASPAN am 2. September 2016 und «Areale und Quartiere partnerschaftlich entwickeln», Kurzbeschrieb der Tagung der VLP-ASPAN am 26. Oktober 2016.

Auch der renommierte Verband Regionalplanung Zürich und Umgebung (RZU), lud im Dezember ein zur Veranstaltung im Hotel Metropol unter dem Titel «Mitwirkung neu denken». Vorgestellt und diskutiert wurden verschieden Praxisbeispiele der Innenentwicklung. Besondere Aufmerksamkeit erhielt das Bespiel Löwenquartier in Rorschach, präsentiert von der Soziokulturellen Animatorin Anna Dietsche. Anna Dietsche ist seit mehreren Jahren sozialräumlich tätig. Als Quartierkoordinatorin und in enger Zusammenarbeit mit der Stadtentwicklung in Rorschach gelang es ihr, mit Bewohnerinnen und Bewohnern Begegnungsorte für das Quartier zu gestalten und zwischen den verschiedenen Playern der Raumgestaltung aus soziokultureller Sicht zu vermitteln. Die Raumplanungsgruppe Nordostschweiz hat das Projekt dieses Jahr mit seinem vierten Raumplanungsplanungspreis ausgezeichnet, weil es ein Paradebeispiel für gute Raumentwicklung gilt.

Das Potenzial und das Know-how der Soziokulturelle Animation scheint allmählich erkannt zu werden. Es geht aber auch hier um einen wechselseitigen Prozess. Es liegt auch an den Soziokulturellen Animatorinnen und Animatoren selber, sich mit der Raumplanung auseinanderzusetzen, sich in die Innenentwicklung einzumischen, mit Planungsfachleuten zusammen zu arbeiten, auf die Verwaltung in der Gemeinde zuzugehen und die Vorteile eines sozialräumlichen Zugangs aufzuzeigen.

Bildquelle: Quartiertreff Stadt Rorschach

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