Soziokultur

Zusammenleben in ländlichen Gemeinden – die Verantwortung der Gemeindebehörden

Zusammenleben in ländlichen Gemeinden – die Verantwortung der Gemeindebehörden

Haben die Gemeindebehörden eine Verantwortung für das Zusammenleben in ihrer Gemeinde? Können sie dieses überhaupt beeinflussen und falls ja, wie? In einem Forschungsprojekt der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit wurde die Bedeutung der Behörden aber auch der alteingesessenen Bevölkerungsgruppe für das Zusammenleben bestätigt.

Im Projekt «Soziokulturelle und sozial nachhaltige Entwicklung in ländlichen Räumen» wurde der Frage nachgegangen was das Zusammenleben für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen (Migrantinnen und Migranten, zugezogene Schweizerinnen und Schweizer, Jugendliche und alteingesessene Personen) bedeutet. Dafür wurden in zwei Gemeinden Gruppendiskussion durchgeführt und ausgewertet. Die Ergebnisse zeigen, dass unterschiedliche Integrationsbiographien, aber auch verschiedenartige Wahrnehmungen und Erwartungen betreffend Zusammenleben und Willkommenskultur bestehen. Diese sind den befragten Bevölkerungsgruppen selber, aber auch den Gemeindebehörden, kaum bewusst. Selbstverständlich lässt sich ein «gutes Zusammenleben» von den Gemeindebehörden nicht einfach «machen» oder verordnen. Die Behörden und politisch Verantwortlichen können aber Rahmenbedingungen schaffen, die günstige Voraussetzungen für ein gelingendes Zusammenlebens bieten. Hier besteht für lokale Behörden ein Handlungsspielraum. So wird in der Literatur die wichtige Rolle der Gemeindebehörden in Bezug auf die Schaffung einer Willkommenskultur sowie der Gestaltung und Öffnung des Vereins- und des Zusammenlebens betont [1].

Neben den lokalen Behörden ist es die oft dominante alteingesessene Bevölkerung eines Ortes, die eine besondere Verantwortung für das Zusammenleben trägt. Denn diese definiert, welche sozialen Beziehungen wertvoll sind, sowie was als prestigeträchtig und ehrwürdig gilt. Dass seitens der Behörden zu wenig für die Integration bzw. das Zusammenleben getan wird, liegt auch daran, dass das Bewusstsein für die unterschiedlichen Erwartungen und Voraussetzungen nicht vorhanden ist und unreflektiert aus dem eigenen Erfahrungshorizont heraus gehandelt wird. Die politisch Verantwortlichen bzw. die alteingesessene Bevölkerungsgruppe müssen dafür sensibilisiert werden, dass jede Bevölkerungsgruppe andere Zugangsvoraussetzungen mitbringt, um sich aktiv am Zusammenleben zu beteiligen. Festmachen lässt sich dies am Beispiel der Vereine. Alteingesessene Personen und Behördenmitglieder gehen von einem scheinbar einfachen Zugang für neu zugezogene Personen zu Vereinen aus; Sie erwarten Engagement und Eigeninitiative vor allem von Seiten der Zugezogenen. Die empirischen Ergebnisse des Forschungsprojektes bestätigen die in der Literatur gefundene Beobachtung, dass die Beteiligung in Vereinen meist das Resultat einer bereits gelungenen Integration in der Familie, im Freundeskreis oder am Wohnort darstellt. Ein Vereinsengagement ist bei hoch mobilen und lokal wenig verwurzelten Personen eher schwach ausgeprägt [2]. Zugezogene Schweizerinnen und Schweizer sowie Migranten und Migrantinnen können also nicht allein für ihre gelingende Integration und für die Teilnahme am kommunalen Zusammenleben verantwortlich gemacht werden. Gemeindebehörden bzw. die Mitglieder der dominanten Bevölkerungsgruppe prägen das Zusammenleben entscheidend und spielen eine wichtige Rolle, die es aktiv wahrzunehmen gilt. Möglichkeiten sind, sich mit den Bedürfnissen der Zugezogenen auseinanderzusetzen, eine Willkommenskultur in der Gemeinde zu etablieren aber auch die eigene Wahrnehmung immer wieder kritisch zu hinterfragen.

Das Kompetenzzentrum für Stadt- und Regionalentwicklung der Hochschule Luzern – Soziale Arbeit führt Projekte in ländlichen Räumen der Schweiz durch.

Weiterführende Informationen
[1] Schrader Stiftung, Integrationspotenziale ländlicher Regionen im Strukturwandel
[2] Freitag, Markus & Vatter, Adrian (Hrsg.) (2014). Das soziale Kapital in der Schweiz. Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung


von: Beatrice Durrer Eggerschwiler

Kommentare

1 Kommentare

Beranrd Wandeler

Haben den die Gemeinden Ideen, wie diese "Willkommenskultur" den aussehen könnte? Gibt es gute Beispiele?

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