1. Oktober 2018

Allgemein

«Mind the Gap» – Mitten drin in der Britischen Startup-Szene

«Mind the Gap» – Mitten drin in der Britischen Startup-Szene

Im Londoner Pub eine Geschäftsidee entwickeln, Pitching bei Blockchain-Unternehmen und Netzwerken in der Schweizer Botschaft. Bei den London Startup Days der Hochschule Luzern wurde hands-on die britische «Startup City» erlebt. Ein Bericht von Luca Grossmann, Co-Founder der Laduma GmbH.

Mittwochmorgen, 9 Uhr und wir treffen uns bereits im Pub. Was sich für uns nach der «Aufwärmphase» nach einem anstrengenden Fussball-Fan-Tag anhört, ist hier ganz Business as usual. Die Briten leben die Pub-Kultur nun mal nicht nur in der Freizeit, sondern auch in der Geschäftswelt. Englische Pubs, wie das Old Street Records, wo wir uns am ersten Tag trafen, bieten nicht nur eine lange Theke mit einer Vielfalt an berauschenden Getränken, sondern auch Event-Räume mit Beamer, Bestuhlung und der typisch-britischen Pub-Atmosphäre.

Am ersten Tag der London Startup Days stellt uns Mike Schwede und Christoph Burgdorfer die britische Startup-Welt vor. Beide sind Schweizer Expats, welche als Unternehmer in London mit ihren Startups erfolgreich durchgestartet sind. Christoph erzählt seine Story als Co-Founder von This Place, ein Londoner Startup, welches in den letzten Jahren stark expandiert hat und mittlerweile Büros in Seattle und Tokyo aufgebaut hat. Christoph zeigt uns das kreative Umfeld seiner Firma und erläutert seine Herausforderungen, um mit den Briten Geschäfte zu machen und gibt uns Tipps, wie man sich erfolgreich auf dem britischen Markt durchschlägt. Im Rahmen der Startup Days hier in London wird jede Gruppe eine eigene Geschäftsidee entwickelt haben und diese dann am Ende präsentieren. Die vielen Inputs von den Referenten und Gründer sind hier die beste Unterstützung, um die eigene Idee bestens auszuarbeiten.

Die «Startup City», wie man heute diese Gegend in East London nennt, ist die grösste Startup-Szene in Europa und hat sich in den letzten Jahren von einem Ghetto in ein hippes und modernen Viertel verwandelt. Die Gegend rund um Old Street wird nicht umsonst auch «Silicon Roundabout» genannt. Viele Coworking-Spaces sind in den letzten Jahren in London eröffnet worden und ermöglichen Selbstständigen, Freelancer, Digital Workers sowie auch etablierten Firmen das neue Konzept vom «shared workspace» zu leben. Coworking Spaces sind perfekt für stark wachsende Startups, wodurch das Angebot genau nach den aktuellen Bedürfnissen des Teams angepasst werden kann. Bei work.life haben wir uns am Mittwochnachmittag eingenistet, wo uns deren Founder Eliot Gold über seine Story als Unternehmer sowie auch die Entwicklung der Coworking-Branche erzählt.

Am Abend waren wir zu Gast bei der Schweizer Vegi-Gastrokette tibits direkt an der Reagent Street. Trotz enorm starker Konkurrenz in London hat sich tibits mit zwei Standorten in der Innenstadt mit ihrem alternativen Konzept etabliert (das zahlen-nach-Gewicht-Konzept kannte man dort nicht). Wie wir uns das gewöhnt sind, gibt es einen Apéro serviert und die Marketingleiterin erzählt von den Erfahrungen von tibits auf den britischen Inseln. Nach einem spannenden ersten Tag in der britischen Startup-Welt zieht es uns dann doch wieder zurück ins Pub – nun aber fürs Vergnügen.Einen krassen Szenenwechsel gab es bereits am zweiten Tag. Vom alternativ-hippen East London haben wir uns nun im Businesszentrum Canary Wharf wiedergefunden. Von abbröckelnden Backstein-Häusern zu gläsernen Wolkenkratzer. Vor wenigen Jahren haben die Londoner damals aus den ungenutzten und verfallenden Schiffswerften ein neues Viertel für Firmen wortwörtlich aus den Boden gestampft. Die eindrückliche Szenerie von Hochhäuser und den darum herumschlingenden Kanälen war besonders gut sichtbar aus dem 39sten Stockwerk des One Canada Square. Dort hat sich neben der UBS und HSBC auch der Startup-Accelerator Level39 niedergelassen. Der Finance-«Beschleuniger» unterstützt junge Firmen im Fintech-Bereich und bietet ihnen einen flexiblen Arbeitsplatz, Coaching und ein starkes Netzwerk aus der Finanzbranche. Im Gegenzug bekommt Level39 Anteile der Startups, wobei die Unternehmer bereits im frühen Stadium profitieren können und der Accelerator dann – im Erfolgsfall – auch langfristig.

Das Level39 ist in verschiedene Zonen aufgeteilt. Zum einen hat es die Coworking-Büroräumlichkeiten sowie auch die dedizierten Büros für die grösseren Startups. Dann findet man in der Mitte des Stockwerks ein Café, welches die Begegnungszone zum Netzwerken bildet sowie auch für Meetings genutzt wird oder um einfach die atemberaubende Aussicht auf die Weltstadt zu geniessen. Gleich nebenan gibt es eine Pitch-Zone, wo die Unternehmer ihre Geschäftskonzepte präsentieren können. Dort haben uns zwei Gründer ihre Firma vorgestellt, wodurch wir dann die Gelegenheit hatten, nun auch mal die fiesen Investorenfragen zu stellen. Die vorgestellten Firmen sind bahnbrechende Konzepte, die zeigen wie die Blockchain-Technologie neue Geschäftsmodelle ermöglicht. BABB zum Beispiel, benutzt die Blockchain, um allen Menschen auf der Welt ein Bankkonto zu ermöglichen. Die Bankkonti werden durch die Blockchain geführt, was nur einen Bruchteil der Infrastruktur von grossen Banken benötigt und so auch ein Kundensegment in ruralen Gegenden anspricht.

Frachtcontainer werden nicht nur auf den Cargo-Schiffen verwendet, sondern können auch zu alternativen Einsätzen recycelt werden. Der Boxpark nutzt alte Container und verwandelt diese in kleine Läden für Popup-Stores, Take-Away-Restaurant oder sogar als Club. Zurück in East London lernen wir das geniale Konzept vom Boxpark kennen. Hier in Shoreditch wurden über 80 Container zu einem Komplex zusammen getürmt und bilden eine Plattform für neue Geschäftskonzepte. Neben den Popup-Stores auf dem Erdgeschoss findet man darüber eine Begegnungszone mit Restaurants, Bars und sogar einen Club – und das alles aus Container.

Der zweite Tag endet dann mit dem Pitch der eigenen Geschäftsidee vor der Gruppe und der Jury. Vorweg hat uns Mike Schwede noch über die wichtigsten Aspekte eines guten Pitchs instruiert und erzählt dies aus der Erfahrung seiner eigenen Firma. Es werden sehr interessante Geschäftsideen präsentiert, von einer App über eine Plattform bis zu konkreten Produkten. Die Jury gibt Feedback zu den einzelnen Startups und prämiert zum Schluss noch einen Sieger.

Am dritten Tag wird’s politisch. Die Brexit-Frage hat nun bereits bei allen Referenten zu Ratlosigkeit geführt. Diese Frage stellen wir nun auch den Schweizer Beamten in London. Die Schweizer Botschaft präsentiert uns deren Programme, wie sie Schweizer Startups hilft auf dem britischen Markt Fuss zu fassen. Die Swiss Business Hubs sind deren Schweizer Vertretungen, welche auf den Schweizer Botschaften Dienstleistungen für ausländische und Schweizer Firmen anbieten. Auch auf der Botschaft gibt es keine Antwort zur Brexit-Frage, da niemand weiss, welches Szenario eintreffen wird und welcher Deal mit der EU ausgehandelt werden kann. Doch eines steht fest: Für Schweizer Startups gibt es nach Brexit umso mehr Chancen in den britischen Markt zu expandieren. Die Startup City in London hat erst richtig losgelegt!

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