4. April 2022

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Wird die Zukunft von Bankdienstleistungen auf dem Metaverse beruhen?

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Das Metaverse ist in aller Munde. Und das zurecht. Schliesslich denkt man mit dem Metaverse über das «neue Internet» nach. Bereits heute gibt es interessante Fragestellungen zum Thema. Warum kauft beispielsweise jemand ein virtuelles Grundstück für 500’000 Dollar? Welche bedeutenden Technologieunternehmen sind heute aktiv dabei – und warum? Und vor allem (für diesen Blog relevant): Was bedeuten diese Entwicklungen für Banken? Warum hat JP Morgen eine virtuelle Filiale im Metaverse eröffnet? Welche anderen Banken sind heute schon aktiv im Metaverse? Im heutigen Blog versuche ich diese Fragen zu beantworten und das Thema Metaverse auch im Kontext von Schweizer Retailbanken zu beleuchten.

In den letzten Monaten ist ein richtiggehender Hype um das Thema «Metaverse» entstanden. So hat Microsoft das Metaverse als Mitgrund für die Übernahme des Spieleentwicklers Activision Blizzard für USD 68.7 Milliarden angegeben. Mark Zuckerberg setzt ebenfalls auf das Metaverse und hat sogar sein Konzern «Facebook» in Meta umbenannt, um die Ambitionen und die Vision des Unternehmens zu unterstreichen. Und Google und Apple arbeiten schon seit einigen Jahren an Technologien für das Metaverse. Warum ist das Thema so präsent? Und was ist das Metaverse überhaupt?

Was ist das Metaverse?

Der Begriff Metaverse ist an sich nicht klar definiert. Es gibt auch nicht DAS Metaverse. Vielmehr ist Metaverse ein Begriff für ein Ökosystem auf einer virtuellen Plattform, auf welcher sich Menschen treffen, miteinander kollaborieren und auch digitale Waren und Dienstleistungen wirtschaftlich handeln können. Ein Metaverse ist zwar virtuell, hat aber teilweise fliessende Übergänge in die physische Welt.
Oder anders erklärt: Das Metaverse ist eine andere Art ins Internet zu gehen. Indem man sich als Figur («Avatar») durch virtuelle Welten bewegt und mit anderen Personen (oder Unternehmen) interagiert, wird das Internet «dreidimensionaler». Es hat aber einen klaren Bezug zur realen Welt. Gerade in der Gaming-Industrie sieht man schon erste solche Entwicklungen.
Das Metaverse ist eigentlich eine logische Weiterentwicklung des Webs. Während im Web 1.0 vor allem statische Websites existiert haben, die man besuchen konnte, wurde das Web 2.0 «sozialer». Auch Nicht-Experten können im Web 2.0 Inhalte generieren und vielen Menschen einfach und unkompliziert zur Verfügung stellen (Stichwort «Social Media»). Metaverse könnte das Web in eine virtuelle Welt weiterentwickeln. Dabei dürfte die Blockchain-Technologie oder der Einsatz von Non-Fungible Tokens (NFT) an Bedeutung gewinnen.

Wie relevant Metaverses in zehn Jahren sein werden, ist ungewiss. Das Metaverse könnte aber die Rolle des Internets neu definieren und verspricht dadurch auch neue Einnahmemöglichkeiten. Gemäss Goldman Sachs liegt das langfristige Umsatz-Potenzial von Metaverse zwischen 2.6 bis 12.5 Billionen USD.

Was der Rapper Snoop Dogg mit dem Metaverse zu tun

Die neuen Geschäfts-Möglichkeiten des Metaverses hat auch der Rapper Snoop Dogg entdeckt. Mit dem Snoopverse kreiert er derzeit seine eigene virtuelle Welt. Offiziell macht er dies, um auf neuen Wegen mit den Fans in Kontakt treten zu können. Dahinter steckt aber vor allem auch eine interessante Geschäfts-Idee. Angeboten werden unter anderem exklusive Partys und Konzerte. So gibt es beispielsweise 1’000 private Pässe für jeweils etwa USD 5’700 Dollar, die Nutzer:innen kaufen können, um „in Snoop Doggs Lebensstil einzutauchen“. Mit diesen Pässen erhalten die Nutzer:innen Zugang zu einer privaten virtuellen Party und die Möglichkeiten, mit Snoop Dogg (zumindest virtuell) zu feiern und möglicherweise sogar mit ihm zu sprechen.

Abbildung 1: Snoop Dogg kommt ins Metaverse

Ein Video zu dieser etwas speziellen Welt finden Sie auf Twitter hier.

Auch wenn das auf den ersten Blick vielleicht erstaunt: Das Modell scheint zu funktionieren. Neben ausverkauften Partys begann Anfang Dezember 2021 auch ein Verkauf von Ländereien in der virtuellen Welt von Snoop Dogg. Nach wenigen Tagen zahlte der NFT-Sammler “P-Ape” USD 450’000 (!!), um ein virtuelles Grundstück neben Doggs virtuellem Anwesen zu erwerben. Dadurch zieht der NFT-Sammler in die Nachbarschaft des bekannten Rappers – allerdings nur virtuell.

Abbildung 2: Die Fake – pardon – virtuelle Villa neben Snoop Dogg kostet USD 450’000

Was hat Snoop Dogg nun aber mit Banken zu tun? Nun: Es zeigt als erstes, dass der Verkauf von virtuellen Immobilien – so schwer vorstellbar dies für Otto Normalverbraucher ist – derzeit in die Höhe schiesst. Offenbar wurden 2021 rund 100’000 virtuelle Immobilien im Wert von USD 500 Millionen gekauft. Und wo es um Immobilien geht, kommen auch Banken ins Spiel.

Weshalb Metaverse für Banken spannend sein könnte

Für die klassische Finanzindustrie stellt sich mit den neuen Möglichkeiten rund um Metaverse die Frage, welche Chancen und Gefahren sich in Bezug auf Kundenschnittstelle, Touchpoints und Geschäftsmodell ergeben. Einige Gedanken und Ideen dazu:

  • Wie oben aufgezeigt, erwerben Menschen auch im Metaverse Immobilien. Als erstes kann man sich vorstellen, dass gewisse Personen eine Hypothek aufnehmen für den Erwerb einer virtuellen Liegenschaft. Aus Bankensicht sind Metaverse-Kreditvergaben für Immobilien, die auf Spekulationen von steigenden Landpreisen beruhen, nicht interessant (auch wenn die Preise für Metaverse-Immobilien 2021 um 700% gestiegen sind). Spannender sind aber Kreditvergaben im Geiste von «gewerblichen» Immobilienkrediten für Personen oder Unternehmen, die im Metaverse Geld verdienen, also einen realen Cashflow aus der virtuellen Welt erzielen. Dieser Umsatz kann beispielsweise von Spielen oder Events im Metaverse kommen. Als zweites könnten Banken möglicherweise auch im Metaverse ähnliche Dienstleistungen wie in der physischen Welt anbieten (Mietverträge, Bewertungen von Immobilien und Geschäftsideen).
  • Auch im Kauf/Verkauf von realen Immobilien könnte das Metaverse helfen. Ergänzt um Virtual- und Augmented-Reality-Elemente könnte die Hausbegehung eines Interessenten hybrid und in Echtzeit erfolgen (virtuelle Tour mit einem Immobilienmakler).
  • Treffen in virtuellen Bankfilialen mit Kundinnen und Kunden können einerseits den Banken eine interessante Möglichkeit bieten, persönlichere und gefühlt «physischere» Treffen (anstelle von Telefonaten oder Videoberatungen) abzuhalten und die (digitalen) Beziehungen zu vertiefen. Als zweites sind möglicherweise gewisse sehr digital und NFT-affine Kundengruppen je länger je stärker im Metaverse zu finden. Für solche Kundinnen und Kunden können Kontaktmöglichkeiten im Metaverse durchaus relevant werden.
  • Banken können die Rolle übernehmen, eine möglichst nahtlose Verbindung zwischen der physischen und der virtuellen Welt herzustellen und beispielsweise Anbieter von Spieleplattformen mit Banking-Produkten zu bedienen.
  • Vorstellbar ist auch, dass auch Bank-Veranstaltungen im Metaverse stattfinden (ähnlich wie Partys oder Konzerte von Snoop Dogg).

Diese Banken sind heute schon im Metaverse

Es gibt heute schon einige Banken, welche in einem Metaverse zu finden sind und mit dem Thema experimentieren. Folgende Beispiele sind mir bekannt:

BNP Paribas

BNP Paribas hat bereits in mehreren Geschäftsbereichen der Bank, darunter Retail Banking, Immobilien und Versicherungen, verschiedene auf Virtual Reality basierende Dienstleistungen eingeführt. Vor kurzem hat die Bank eine VR-basierte App auf den Markt gebracht, die ihren Kundinnen und Kunden einen Vorgeschmack auf das Bankgeschäft von morgen geben soll und der Kundschaft die Möglichkeit bietet, VR-Techniken in ihre Bankgeschäfte einzubinden. Beispielsweise hat BNP Paribas Real Estate ein Tool entwickelt, die es Kaufinteressenten ermöglicht, sich in eine Wohnung oder in ein im Bau befindliches oder zum Verkauf stehendes Gebäude zu begeben und es in 3-D zu betrachten.

KB Kookmin Bank

Die KB Kookmin Bank ist eine der grössten Banken in Südkorea und mit dem KB Financial Town in der virtuellen Welt präsent. Kunden erhalten als Avatare Zugang zur Bank in einem Metaverse. Hier können zum Beispiel einfache Transaktionen an einem (virtuellen) Schalter abgewickelt werden. Möglich ist auch, dass die Kunden das Risiko-Rendite-Profil mithilfe eines Mitarbeiter-Avatars analysieren oder Finanzierungsportfolios erstellen lassen. Auch andere südkoreanische Banken versuchen, das Metaverse für den Unternehmenseinsatz zu erforschen. Beispielsweise plant die NH Nonghyup Financial Institution, eine Nachbildung der Insel Dokdo in einem Metaverse zu schaffen, in dem Gäste Videospiele spielen und Immobilien kaufen können.

JP Morgan

JPMorgan ist mit einer virtuellen Bankfiliale, der Onyx-Lounge, in das Metaversum eingestiegen. Wahnsinnig viel sieht man als Besucher:in der Lounge – ausser einem herumlaufenden Tiger (@Nils Hafner – bist Du das?) – noch nicht. Generell bieten virtuelle Filialen aber durchaus interessante Opportunitäten, wie man mit Kundinnen und Kunden in einer dreidimensionalen Welt in Kontakt kommen kann.

Fazit

Es dauerte rund 20 bis 30 Jahre, bis sich das Internet im Retail Banking in der Breite auch bei Kundinnen und Kunden durchsetzen konnte. Im Bereich des Mobile Bankings war die Durchdringung nach rund 10 Jahren gelungen. Wird das Metaverse wirklich das Web 3.0? Und wie lange braucht es, bis sich das Metaverse im Banking durchsetzen wird? Wie sehen Bankgeschäfte in einer virtuellen 3D-Welt aus?
Es sind spannende Fragen und faszinierende Perspektiven, die das Metaverse bietet. Entscheidend ist aber schlussendlich, wann die Technologie ausgereift ist, zu welchem Zeitpunkt die Kundinnen und Kunden auch in der Breite solche Möglichkeiten nutzen werden und wie Banken sich nicht nur in der regulierten realen Welt, sondern auch im Metaverse bewegen (können). Beim Metaverse geht es zudem nicht nur um die Technologie als vielmehr um die Fähigkeit, Netzwerke zu nutzen und zu aktivieren.
Es wird sich auch zeigen, ob virtuelle Bankfilialen (vgl. JP Morgan) wirklich der «richtige» Weg für Banken ist. Im derzeitigen Stadium können solche Initiativen zwar Lerneffekte und positive Markenwerte generieren. Die Metaverses sind derzeit aber noch ziemlich leer und die «Städte» befinden sich erst «im Bau». Auch der künftige Übergang von der mobilen Banking App zu einer virtuellen Filiale ist noch unklar. Für welche Anwendungsfälle bleibt der Kunde und die Kundin künftig in der zweidimensionalen Welt der Banking-App? Wann möchte er die Bankenvertreter:innen physisch treffen? Und wann und warum geht man (falls überhaupt) ins Metaverse? Und wird Banking im Metaverse nur „embedded“ sein?

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