11. Oktober 2021

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Die Zuger Kantonalbank lanciert ihr Kundenportal – was dies strategisch für das E-Banking der Zukunft heissen könnte

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Mitte September hat die Zuger Kantonalbank ein Kundenportal lanciert. Im heutigen Blog zeige ich auf, warum sich die Bank zu diesem Schritt entschieden hat, welche Funktionen im Portal angeboten werden und welchen Einfluss dieser Entscheid auf das E-Banking der Zukunft der Zuger Kantonalbank haben könnte.

Die Zuger Kantonalbank hatte das Bedürfnis, ihren Kundinnen und Kunden verschiedene zusätzliche Services anzubieten, die in dieser Form derzeit (noch) nicht in der vorhandenen E-Banking-Lösung integriert werden können. Nach verschiedenen Analysen hat sich die Bank dazu entschieden, ein Kundenportal als Ergänzung zum E-Banking und Mobile Banking zu lancieren. Dabei soll das Kundenportal eine Art «sicherer Parallelraum» zum E-Banking sein. Auch die Login-Daten für die Kunden sind gleich wie im E-Banking.
Im Kundenportal kann ein Kunde gegenüber dem klassischen E-Banking-Kanal zusätzliche Services und Produkte abschliessen. Für die Zuger Kantonalbank sind insbesondere digitale Angebote, welche die Beratungsleistungen unterstützen und die Kundeninteraktion betreffen, strategisch hoch relevant. Dass diese Themen wichtig sind für die Bank kann man auch daran erkennen, dass die Zuger Kantonalbank in unserer Studie «Digitalste Schweizer Retail Banken» im Bereich der Touchpoints führend war (vgl. der Blog-Artikel dazu). Das Kundenportal soll das hybride Modell der Beratungsleistungen in Kombination mit digitalen Touchpoints weiter ergänzen.
Um die verschiedenen Angebote lancieren zu können, mussten in den vergangenen zwei Jahren zuerst einige technische Voraussetzungen geschaffen werden. Hierfür wurden viele Arbeiten selber gemacht.
Das Kundenportal basiert auf dem Zuger Kantonalbank Webframework (Design, html, css), welches für die Website, diverse Applikationen und das Intranet im Einsatz ist. Zudem bedient es sich Finnova Schnittstellen (Finnova Integration Layer).

Welche Funktionalitäten sind im Kundenportal?

Grundsätzlich sind alle transaktionalen Funktionalitäten weiterhin im Finnova E-Banking respektive Mobile Banking der Zuger Kantonalbank zu finden. Die eher Sales- und Marketing-lastigen Funktionalitäten finden sich hingegen in erster Linie im Kundenportal (vgl. Abbildung 1). Die Authentisierung wird dabei vom E-Banking ins Portal «weitergegeben», so dass der Kunde sich nur einmal einloggen muss.
Auf dem Portal finden sich beispielsweise der Chatbot und der Live-Chat. Auch verschiedene Funktionalitäten rund um die Online-Beratung (Screen-Sharing, Document Sharing, Co-Browsing, Voice und Video) sind ausschliesslich auf dem Portal und nicht im E-Banking zu finden. Des Weiteren sind das Kampagnen-Management, die Newsletter und weitere Tools wie beispielweise der Hyporechner, in das Portal integriert.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die elektronische Vertragssignierung via Kundenportal. Die Vertragsunterschrift findet dabei soweit möglich online und elektronisch statt (fortgeschrittene elektronische Signatur). Das Ziel ist es, vom Vertragsabschluss (Konto 3a, Fondsparplan, etc.) bis hin zur Archivierung alles elektronisch abzubilden.
Gemäss Aussagen der Bank, ist die Zuger Kantonalbank mit der Nutzung der neuen Services in den ersten Tagen nach der Lancierung sehr zufrieden. Interessant ist, dass viele Kundinnen und Kunden auch ihre persönlichen Daten (Telefonnummern, E-Mail Adressen, etc.) aktualisiert oder über die getätigten Abschlüsse ihre Stammdaten ergänzt haben.

Abbildung 1: Strategische Einordnung der Zuger Kantonalbank Digital Banking Suite (Quelle: Zuger Kantonalbank)

Ist eine Kundin oder ein Kunde im E-Banking, kann sie/er systembedingt nur über den Bereich «Weitere Services» ins Kundenportal wechseln. Aktuell lässt das E-Banking nur eine marginale Integration von Fremdinhalten zu. Wie gut diese Wegleitung in der Praxis funktionieren wird, ist für mich unklar. Kunden gehen in der Regel im E-Banking zielgerichtet vor und suchen nicht nach neuen Funktionalitäten. Entsprechend ist der Absprung ins Portal aus meiner Sicht derzeit noch zu wenig prominent platziert. Die Bank versucht aber, durch E-Banking Banner, Begrüssungskampagnen («Popups»), Newsletters, Mitarbeitendenschulungen oder auch über Hinweise bei ihren Bancomaten, Kundinnen und Kunden auf die neuen Optionen hinzuweisen. Zudem werden auf der Website Direktverlinkungen (sog. «Deep-Links») ins Portal angeboten. So wird zum Beispiel beim Wunsch einer Kontoeröffnung nach dem Login direkt auf das entsprechende Eröffnungsformular verlinkt.
Auf dem Kundenportal werden die Kundinnen und Kunden der Zuger Kantonalbank von einer etwas anderen Welt als im E-Banking empfangen. Die gewählten Farben sind zwar aus naheliegenden Gründen ähnlich. Der optische Unterschied vom Portal zum E-Banking fällt aus meiner Sicht aber rasch und deutlich auf (siehe Abbildung 2). Das Portal ist gegliedert in die Bereiche «Konten und Karten», «Anlegen» «Hypotheken», «Vorsorgen» sowie «Beratung & Services». Im Bereich Anlegen können beispielsweise – dank der Möglichkeit der fortgeschrittenen elektronischen Signatur – online Depots eröffnet werden (eigentlich schade, dass dies nicht direkt im E-Banking möglich ist). Im Bereich «Eröffnung eines Sparen 3-Kontos» gilt das Gleiche. Auch dieses kann (nur) im Portal eröffnet (und elektronisch unterschrieben) werden.

Abbildung 2: Kundenportal Zuger Kantonalbank (Startseite)

Unter «Beratung und Services» können beispielsweise online Termine vereinbart werden. Der Bereich Hypotheken ist diesbezüglich derzeit noch weniger stark ausgebaut. Hier gibt es einerseits die Möglichkeit, den Hypothekenrechner zu nutzen. Auf der anderen Seite kann für das Hypotheken-Erstgespräch online ein Termin vereinbart werden (das geht sowohl im Portal als auch auf der Webseite). Weitere Funktionalitäten können der Abbildung 3 entnommen werden.
Die entsprechenden Angebote und vielfältigen Möglichkeiten für Neuabschlüsse in einer virtuellen Geschäftsstelle finde ich begrüssenswert. Die «Öffnungszeiten» der Online Geschäftsstelle sind hingegen weiterhin sehr traditionell. Video und Chat stehen jeweils von Montag bis Freitag von 9 Uhr bis 17 Uhr zur Verfügung.

Abbildung 3: Funktionalitäten im Kundenportal der Zuger Kantonalbank

Fazit

Das Online- und Mobile-Banking sind seit längerem neben dem Filialgeschäft eine tragende Säule des Privatkundengeschäfts. Es ist davon auszugehen, dass Bankkundinnen und Bankkunden zukünftig einen noch grösseren Anteil ihrer Geschäfte via Online- und Mobile Banking erledigen werden. Bereits heute nutzen gemäss einer Studie des IFZ und ti&m (2020) 89 Prozent aller befragten Teilnehmenden E-Banking und 54 Prozent Mobile Banking.
Interessant ist dabei insbesondere die Nutzungshäufigkeit: Beispielsweise schauen 66 Prozent der Befragten mindestens wöchentlich ihren Kontostand an. Dieser regelmässige Kundenkontakt ist aus Bankensicht erfreulich und bietet interessante Chancen für die Finanzindustrie.
Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass sich Banken intensiv Gedanken zum Online und Mobile Banking der Zukunft machen und das Thema strategisch ein hohes Gewicht hat. Gerade die Agilität und Reaktionsgeschwindigkeit auf Bankenseite oder das Thema des Nutzungserlebnisses («User Experience UX») gewinnen dabei – nicht zuletzt durch den Druck der Neobanken oder von BigTechs – an Bedeutung.
Die Zuger Kantonalbank hat sich dazu entschieden, ein von der Kernbankensystem-Welt von Finnova losgelöstes zusätzliches Portal zu bauen. Dieses Portal ist heute noch schwierig auffindbar für Kunden, da der Absprung aus dem Online Banking aus meiner Sicht noch nicht optimal gelöst ist. Mittelfristig wird aber möglicherweise das Kundenportal im Zentrum der Kundenschnittstelle stehen und die transaktionalen Funktionalitäten aus dem heutigen Online Banking nur noch als eine Art «Widgets» im Kundenportal integriert sein. Aus Sicht der Zuger Kantonalbank liegt der Vorteil darin, dass die immer wichtiger werdende User Experience und das «look and feel» von der Zuger Kantonalbank selbstständig und schnell(er) angepasst werden können. Zudem können neue Funktionalitäten oder Services schneller und ohne Release des Kernbankensystems integriert werden. Auch eine stärkere Verschmelzung von Portal und Webseite ist durchaus möglich. Gemäss Christof Tscherter, Leiter Digital Banking, wird das ZugerKB Kundenportal noch in diesem Jahr mit drei bis vier weiteren Services und Online-Angeboten ergänzt.
Sollte dieses Modell «Schule» machen, würde sich entsprechend die E-Banking und Mobile Banking-Landschaft in den kommenden Jahren verändern.

Kommentare

6 Kommentare

Jordan

29. Oktober 2021

Es wäre interessant zu erfahren, wie die Banken Investment-/Roboadvisor-Lösungen (z. B. Whitelabel) in ihre Plattformen integrieren - die BLKB ist ein Beispiel dafür.

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Peter

13. Oktober 2021

Übertragen auf eine Bankfilale muss ich, wenn es um mein Geld geht immer in einen eigenen Raum gehen und das allgemeine Blabla macht man in einem anderem Raum. Es zeigt wie sehr die Banken von Finnova etc. abhängig sind und wie wenig flexibel diese Lösungen sind. Für den Kunden wäre ein "Raum" besser, indem man alles klären kann.

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Nigge

11. Oktober 2021

Für die Kund*innen ist es nicht so einfach zwischen e-Banking und Kundenportal zu unterscheiden. Zudem frage ich mich, ob aus Kundensicht überhaupt differenziert werden muss.

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Nicole

11. Oktober 2021

Wer war bei der Umsetzung beteiligt? Hat das Portal die Finnova erstellt oder ein Dritthersteller?

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Prof. Dr. Andreas Dietrich

11. Oktober 2021

Meines Wissens hat Finnova nicht an der Gestaltung des Portals mitgearbeitet. Viel wurde intern bei der Zuger KB gemacht. Beste Grüsse, Andi DIetrich

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David Strebel

11. Oktober 2021

Andere Banken haben es schon vorgemacht. Die Nutzung des Kundenportals ist hochgradig abhängig vom Zusammenspiel bzw. der Integration mit dem transaktionsorientierten E-Banking (siehe z.B. Olivia der TKB). Gute Userjourneys bedingen oftmals das Aufbrechen der traditionellen EBanking-Silos. Das ist für die Banken gleichermassen eine Herausforderung wie für die Systemanbieter und braucht Durchhaltevermögen.

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