22. März 2021

Kantonalbanken,

Prozessmanagement

Kaizen bei der Schwyzer Kantonalbank – positive Effekte auch in der Finanzindustrie

Von Dr. Urs Blattmann

Seit einigen Jahren setzt die Schwyzer Kantonalbank auf Kaizen. Sie hat uns Einblick gewährt in die Beweggründe, die Funktionsweise sowie die Wirkung, welche damit erzielt wird.

Im Rahmen ihrer Strategie, die Prozesse zu verbessern, hat die Schwyzer Kantonalbank im Jahr 2015 ein Pilotprojekt mit zwei Kaizen-Teams gestartet, die sich 14-täglich für eine halbe Stunde getroffen haben und über Verbesserungen der eigenen Abläufe und Prozesse diskutiert sowie entsprechende Massnahmen eingeleitet haben. Heute sind die rund 350 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Hauptsitz in 40 Teams organisiert, die alle drei Wochen für eine halbe Stunde zusammenkommen.
Der Begriff Kaizen stammt aus dem Japanischen und setzt sich aus kai „Veränderung, Wandel“ und zen „zum Besseren“ zusammen und bedeutet also „Veränderung zum Besseren“. Er umschreibt eine Lebens- und Arbeitsphilosophie. Diese wurde nach dem zweiten Weltkrieg insbesondere bei Toyota als wesentliches Element der Firmenkultur verankert, hat sich später in der Industrie stark verbreitet und ist schliesslich als ‘kontinuierlicher Verbesserungsprozess KVP’ auch als westliches Managementinstrument vor allem bei Industrieunternehmen zum Einsatz gelangt. In Europa wird das Instrument, in dessen Fokus Qualitätssteigerungen und Kostensenkungen stehen, in der Regel als Bestandteil des Qualitätsmanagements betrachtet.

Eine Philosophie die pragmatisch und ‘handfest’ umgesetzt wird

Bei der Schwyzer Kantonalbank weist man darauf hin, dass Kaizen in der Bank nicht als Kostensparprogramm sondern als Instrument gesehen wird, mit dem jeder Mitarbeiter seinen Beitrag zur Verhinderung von Verschwendung, Verbesserung der Qualität und damit auch zur Effizienzsteigerung am Arbeitsplatz beitragen kann. Die Bank betrachtet Kaizen entsprechend als die Grundlage, auf der ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess KVP mit bereichsübergreifenden Projekten zu verbesserten Prozessen führt und damit zur Erreichung der strategischen Zielsetzung im Bereich Prozessmanagement beiträgt (Vgl. dazu Abbildung 1).

Abbildung 1: Einordnung von Kaizen als Basiselement von Prozessverbesserungen

Interessant ist, dass die Schwyzer Kantonalbank den Kaizen-Prozess nicht digital, sondern ganz handfest mit ‘Kaizen-Tafeln’ (siehe Abbildung 2) umgesetzt hat, die den Mitarbeitern im Hauptsitz immer wieder im Weg stehen und sie so daran erinnern, dass es zu ihren Aufgaben gehört, ihren Beitrag zur Effizienz am Arbeitsplatz zu leisten und nicht zu warten, bis die Vorgesetzten entsprechende Optimierungen ausgearbeitet haben und diese dann auch realisieren. Neue Ideen können ganz einfach per Post-it auf das Board geklebt werden. Sie müssen am nächsten Kaizen-Meeting vom entsprechenden Mitarbeiter aber begründet werden, was automatisch zu einer gewissen Qualität der Anregungen führt.
Auf diese Weise werden im Sinne eines ‘bottom-up’ Ansatzes die Mitarbeiter der Bank in die aktuellen Veränderungsprozesse eingebunden und allfällige Widerstände reduziert. Zudem wird für die Mitarbeiter deutlich, dass sie selbst es zumindest ein Stück weit in der Hand haben, Verbesserungen zu realisieren. Anliegen, welche die Grenzen des eigenen Teams überschreiten, werden zudem in den übergeordneten KVP-Prozess geleitet und im entsprechenden Projektteam aufgenommen, priorisiert und umgesetzt.

Abbildung 2: Kaizen-Boards, auf die mit Post-its neue Ideen geklebt und mit Filzstift die im Team beschlossenen Umsetzungsmassnahmen sowie der Verantwortliche festgehalten werden

Einführung und Erfolgserlebnisse

Die Einführung eines derartigen neuen Ansatzes ist auch bei der Schwyzer Kantonalbank nicht ganz reibungslos verlaufen. Sprüche wie ‘jetzt auch das noch’ sowie generell eine gewisse Skepsis haben die Anfänge begleitet, sind aber rasch einer breiten Akzeptanz gewichen. Während zunächst sehr viele Ideen generiert und auch umgesetzt wurden, wurde später eine gewisse Abflachung der Kurve des Inputs beobachtet. Heute bewährt sich das Programm insbesondere bei Teams mit repetitiven Aufgaben, während es bei den ‘kreativen’ Teams, etwa im Produktmanagement, schwieriger umzusetzen ist und auch mehr Support vom Prozessmanagement Team erfordert. Die Teammeetings werden heute vielfach von Mitarbeitenden moderiert, während zu Beginn die Hierarchie noch eine grössere Rolle gespielt hat. Zudem kann auch beobachtet werden, dass bei einzelnen Teams eine Rotation bei der Moderation eingesetzt hat.
Coaches stellen mit halbjährlichen Besuchen bei den einzelnen Teams eine gewisse Homogenität in der Bank sicher. Auch die GL-Mitglieder gehen bei den Teams halbjährlich vorbei, machen bei Bedarf auch einen GEMBA-Walk, d.h. arbeiten 1:1 im Team mit, und machen so den Mitarbeitern deutlich, dass eine kontinuierliche Verbesserung für die Bank wichtig ist.

Als konkrete Erfolgsbeispiele wurde u.a. Verbesserungen in der Materialbewirtschaftung erzielt, wo der Umstand, dass sich jeder bediente und so oft die benötigten Materialien nicht vorhanden waren, weil sie nicht rechtzeitig nachbestellt wurden, zu Ineffizienzen geführt hat. Auch haben einzelne Teams das automatische Anzeigen von neu eingehenden E-Mails in Outlook bewusst abgestellt, weil es beispielsweise während eines Kontrollprozesses – wo die ungeteilte Aufmerksamkeit auf das zu kontrollierende Objekt gerichtet sein sollte – zu Ablenkungen gekommen ist, was die Effizienz und die Qualität negativ beeinflusst hat. Diese Beispiele machen deutlich, dass Verbesserungen im kleinen Rahmen realisiert werden, deren Einfluss auf die Kostenstruktur entsprechend begrenzt ist.
Diese und andere Erfolgsmeldungen werden periodisch in der Hauszeitung respektive im Intranet vorgestellt um anderen Teams Denkanstösse zu vermitteln und allen Mitarbeitern deutlich zu machen, dass Kaizen nicht ein Projekt ist, das ein Ende hat. Vielmehr wird darauf hingewiesen, dass sich immer wieder Änderungsbedarf, zum Beispiel nach der Einführung neuer Prozesse, ergibt und dass gewisse Themen immer wieder aufs Neue hinterfragt werden müssen. Mit anderen Worten: Der Erfolg von Kaizen besteht vor allem darin, eine neue Kultur in der Bank zu festigen.

Fazit

Die Bereitschaft, von der Industrie zu lernen – wo notabene die Margen deutlich enger sind als in der Finanzbranche – erachten wir im Hinblick darauf, welche Veränderungen in den nächsten Jahren auf Banken zukommen werden, als wesentliche Voraussetzung für einen erfolgreichen Wandel. Dass die dort erfolgreichen Konzepte auch in der Finanzindustrie positive Effekte erzeugen, zeigt das Beispiel der Schwyzer Kantonalbank. Den grössten Effekt orten wir im kulturellen Bereich, wo es der Bank mit Hilfe dieses Prozesses gelungen ist, Betroffene zu Beteiligten zu machen und so die Angst vor Veränderungen, welche viele Unternehmen in der Entwicklung behindert, zu einem guten Teil zu überwinden. Damit wird eine gute Basis für Prozessoptimierungen geschaffen, welche im Hinblick auf weitere Kostensenkungen unerlässlich sein werden. Dass die Mitarbeiter damit auch einen Teil der Verantwortung für die Effizienz am eigenen Arbeitsplatz übertragen bekommen, erachten wir als weiteren Erfolgsfaktor für die Bank der Zukunft.
Dass neben diesen äusserst wichtigen kulturellen Veränderungen im Microbereich auch eine ganze Reihe von Qualitätssteigerungen und Effizienzverbesserungen realisiert werden konnten, rundet das insgesamt positive Bild der Umsetzung von Kaizen bei der Schwyzer Kantonalbank ab. Banken, die im Veränderungsprozess nicht ausschliesslich auf den top down-Ansatz setzen möchten, kann deshalb empfohlen werden zu prüfen, ob Kaizen als zielführende Philosophie in der eigenen Bank ebenfalls eingesetzt werden könnte.

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