26. März 2018

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Erreichbarkeit von Online Banking Helpdesks bleibt tief

Von und

Bereits zum fünften Mal veröffentlichen wir eine Übersicht der Verfügbarkeit von Online Banking Helpdesks. Die Verfügbarkeit wird dabei als Gradmesser für das Bekenntnis zu «digitalen Strategien» genutzt. Wird der digitale Kanal durch einen entsprechenden Kundensupport begleitet oder sind Kundinnen und Kunden ausserhalb der traditionellen Banköffnungszeiten sich selbst überlassen? Auch in diesem Jahr zeigt sich, dass die Verfügbarkeiten der Helpdesks weiterhin tief sind. Gegenüber 2014 ergeben sich (im Durchschnitt) praktisch keine Veränderungen. Wir zeigen im heutigen Blog die angepasste Rangliste auf und erklären, warum die Bank Linth und die Raiffeisen unterschiedliche Strategien im Hinblick auf ihre Öffnungszeiten fahren. Des Weiteren begeben wir uns auf die Suche nach Erklärungen für die tiefe Veränderungsbereitschaft der meisten Banken.

Die Analyse der Helpdesk-Verfügbarkeiten von Banken stellt einen einfachen Indikator für die Konsequenz der Umsetzung von digitalen Strategien dar. Im Rahmen von digitalen Strategien liegt das Augenmerk häufig auf Massnahmen, mit denen entweder die Kosten gesenkt oder die Profitabilität erhöht werden kann. Eine wichtige Rolle nimmt dabei das Online/Mobile Banking ein, welches mitunter auch den Selbstbedienungsgrad von Kundinnen und Kunden erhöhen soll. Es liegt in der Natur von Online und Mobile Banking, dass diese 24-Stunden verfügbar sind. Diese Kanäle rund um die Uhr durch eine Hotline zu unterstützten, ist nicht zuletzt auch eine Kostenfrage. Doch wie konsequent sind Banken in der Unterstützung dieser Kanäle durch einen entsprechend ausgebauten Helpdesk?

Vorgehen

Wie in den Vorjahren haben wir auch dieses Mal wieder die 50 grössten Banken im Schweizer Retail Geschäft untersucht. Die Messung der Erreichbarkeit von Helpdesks lässt zwar keine Rückschlüsse auf die Beratungsqualität einer Bank zu, die Verfügbarkeit kann aber durchaus als ein Faktor der Kundenfreundlichkeit betrachtet werden. Zudem lassen sich Tendenzen erkennen, inwiefern die oft erwähnten digitalen Strategien mit dem Handeln der Banken kongruent sind. Die entsprechenden Daten zu den Verfügbarkeiten der Helpdesks haben wir in der ersten Februar-Woche 2018 erhoben.
Ähnlich wie bei einer Produktbewertung haben wir die Verfügbarkeit mit 1 bis 5 Sternen bewertet:

  • Permanente Verfügbarkeit (5 Sterne)
  • Sehr hohe Verfügbarkeit, täglich, inkl. Samstag und Sonntag (4 Sterne)
  • Hohe Verfügbarkeit unter der Woche, Verfügbarkeit auch am Samstag (3 Sterne)
  • Mittlere Verfügbarkeit unter der Woche, keine Verfügbarkeit am Wochenende (2 Sterne)
  • Tiefe Verfügbarkeit unter der Woche, keine Verfügbarkeit am Wochenende (1 Stern)

Verfügbarkeit der Banken

Sowohl PostFinance als auch die UBS sind an sieben Tagen während 24 Stunden erreichbar. Diese maximale Erreichbarkeit hatten die beiden Banken bereits bei unserer ersten Erhebung im Jahr 2014. Die Zürcher Kantonalbank, die Credit Suisse sowie deren Tochtergesellschaft Neue Aargauer Bank haben ebenfalls eine sehr hohe Verfügbarkeit an sieben Tagen der Woche, jedoch nicht rund um die Uhr. Bei diesen fünf Banken mit permanenter oder sehr hoher Verfügbarkeit gab es im Vergleich zum Vorjahr keine Veränderungen. Im Vergleich zu 2014 hat die ZKB ihre Verfügbarkeit deutlich ausgebaut.
Insgesamt 16 Banken haben eine hohe Verfügbarkeit unter der Woche und sind zusätzlich am Samstag erreichbar. Innerhalb dieser Gruppe gab es die markantesten Veränderungen: Die Raiffeisen Banken haben ihre Erreichbarkeit sowohl unter der Woche als auch am Wochenende deutlich ausgeweitet (insgesamt +11.5h pro Woche). Einen deutlichen Rückgang der Verfügbarkeiten gab es bei der Bank Linth. Deren Hotline ist nicht mehr von 08.00 Uhr bis 20.00 Uhr verfügbar, sondern nur noch bis 18.00 Uhr.
Unter den 50 untersuchten Banken haben etwas mehr als die Hälfte (27) eine tiefe Verfügbarkeit. Obwohl einzelne Banken in den letzten Jahren ihre Verfügbarkeiten erhöht haben, bleibt der Anteil der Banken mit tiefer Verfügbarkeit praktisch unverändert. Im Durchschnitt waren die fünfzig grössten Retail Banken im Jahr 2014 während 61.2 Stunden pro Woche verfügbar. Im Jahr 2018 liegt der Wert bei 62.0 Stunden.
Nachfolgend die Resultate in der Übersicht. Detaillierte Angaben zu den Öffnungszeiten finden Sie hier.

Abbildung 1: Erreichbarkeiten der E-Banking Helpdesks (Erhebung Anfang Februar 2018)

Gründe für die veränderten Hotline-Verfügbarkeiten bei Raiffeisen und der Bank Linth

Die Bank Linth hatte die Erreichbarkeit zwischenzeitlich für mehr als ein Jahr (April 2016 bis Juli 2017) ausgedehnt. Grund für die Einführung der verlängerten Servicezeiten von 08.00 bis 20.00 Uhr war damals die Lancierung der Video-Identifikation bei Konto-Eröffnungen. Gemäss Marlène Frey, Leiterin Unternehmenskommunikation der Bank Linth, hat das erhöhte Angebot der Bank aber nicht einem Kundenbedürfnis entsprochen. Im Durchschnitt gingen zwischen 18 bis 20 Uhr lediglich ein bis zwei Telefonanrufe ein. Die Bank Linth hat sich deshalb entschieden, die Erreichbarkeiten wieder zu reduzieren und im Gegenzug zahlreiche Dienstleistungen ausserhalb der normalen Service-Zeiten auf Nachfrage von Kunden anzubieten. Positive Effekte gab es zudem auch auf Seiten der Mitarbeitenden: Gemäss Frey hat die Einstellung des Schichtbetriebs zur Steigerung der Attraktivität der Stellenprofile im Beratungscenter beigetragen.
Den gegenteiligen Weg gingen die Raiffeisen Banken mit dem E-Banking Helpdesk. Seit dem 1.1.2018 steht der Helpdesk den Raiffeisen-Kunden 11.5 Stunden pro Woche mehr zur Verfügung. Vor allem hat sich die Bank dazu entschieden, den Service neu auch am Samstag von jeweils 9 Uhr bis 13 Uhr zur Verfügung zu stellen. Aus Sicht der Raiffeisen entsprach der Ausbau der Verfügbarkeit einem klaren Kundenbedürfnis, da beispielsweise am Samstag und auch an den Abenden jeweils zahlreiche Anrufe eingingen, welche zuvor nicht beantwortet werden konnten. Gemäss Aussage von Markus S. Blarer, Leiter Kunden Kontakt Center Raiffeisen, werden die neuen Öffnungszeiten bereits rege genutzt. Die Mitarbeitenden sind insbesondere am Samstagvormittag jeweils gut ausgelastet, denn neben den Telefonanfragen können so auch die schriftlichen Anfragen abgearbeitet werden und so den Montagspeak entlasten. Neben dem Marktbedürfnis war so auch eine regelmässigere Auslastung der Hotline ein Ziel dieser Ausdehnung. So sollen die üblichen Peaks am Montagmorgen sowie jeweils von 09.00-11.00 Uhr und von 14.00-16.00 gebrochen und die Anrufe und Anfragen besser verteilt werden können. Interessanterweise wurde bei der Raiffeisen gemäss Blarer – im Gegensatz zur Bank Linth – die Umstellung auf Samstagsarbeit auf Seiten der Mitarbeitenden mehrheitlich positiv aufgenommen. Die Arbeit am Samstag-Vormittag sei vor allem bei Teilzeit-Müttern und Teilzeit-Vätern beliebt.

Ernüchternde Bilanz

Seit 2014 erheben wir die Verfügbarkeiten von Online Banking Hotlines. Aus unserer Sicht sollte mit dem Ausbau von digitalen Kanälen auch ein Ausbau des Kundensupports auf diesen Kanälen erfolgen. Zwar gibt es jedes Jahr einzelne Banken, die dies entsprechend umsetzen. Für die Mehrheit der Banken scheint solch ein Ausbau jedoch keine Priorität zu haben. Wir sehen dafür verschiedene Gründe: Zum einen bedeutet ein Ausbau der Erreichbarkeit Mehrkosten. Diese machen einen Teil der Einsparungen durch einen eventuell höheren Selbstbedienungsgrad wieder zunichte. Als zweites wurden die Funktionalitäten der E-Banking Lösungen in den letzten Jahren immer mehr ausgebaut und oftmals vereinfacht. Dies reduziert möglicherweise auch die Anzahl Anfragen. Drittens können einige Helpdesks feststellen, dass die Anzahl Logins mit der Anzahl Telefonaten nur schwach korreliert. Es besteht die Vermutung, dass Personen, welche sich eher am Abend oder am Samstag einloggen, möglicherweise bessere E-Banking-Kenntnisse haben.

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