22. Mai 2017

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Das neue Filialkonzept der BLKB unter der Lupe

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Die Anzahl Bankfilialen in der Schweiz hat in den letzten Jahren stark abgenommen. Lag diese im Jahr 1992 noch bei über 4‘000, so hat sie sich auf aktuell etwa 2‘500 reduziert. Gleichzeitig bleiben aber die Nähe zum Kunden und die Wiedererkennbarkeit bzw. Emotionalisierung der eigenen Marke wichtige Differenzierungsmöglichkeiten in einem hart umkämpften Markt. Vor diesem Hintergrund erstaunt es nicht, dass verschiedene Banken nicht nur in ihre digitalen Produkte und Dienstleistungen investieren, sondern auch bedeutende Investitionen in ihr Filialnetz tätigen. Auch die Basellandschaftliche Kantonalbank (BLKB) investiert in den nächsten Jahren massiv in ihr neues Filialkonzept. Der Umbau soll bereits im Jahr 2021 beendet sein und wird einen mittleren zweistelligen Millionen kosten. Nachfolgend möchte ich einige zentrale Elemente des Konzepts und die wichtigsten Überlegungen dahinter vorstellen. Des Weiteren gehe ich auf das interessante und angepasste Konzept des „mobilen Vertriebs“, sprich des neuen Lastwagens, ein.

Die rund 23 über das ganze Baselbiet verteilten BLKB-Filialen präsentieren sich heute sehr heterogen. Ausser dem einheitlichen Logo sind zwischen den einzelnen Filialen nicht viele Gemeinsamkeiten zu erkennen. Stattdessen präsentiert sich das Bild einer über die Jahrzehnte unterschiedlich gewachsenen Filiallandschaft. Nun plant die Bank eine grundlegende Erneuerung ihres Filialnetzwerks. Die zentralen Überlegungen der BLKB möchte ich nachfolgend unter den drei Aspekten «Validierung Niederlassungskonzept», «Markenführung und Design» sowie «Betrieb und Rollenkonzept der Mitarbeitenden» vorstellen.

  • Validierung Niederlassungskonzept

In der Anfangsphase des Projekts wurden vor allem die (potenziellen) Kunden stark in den Prozess der Analyse des derzeitigen Niederlassungskonzepts eingebunden. Einerseits wurden rund 600 Kunden und Nicht-Kunden zu verschiedenen filialspezifischen Themen befragt. Andererseits fanden in sechs Workshops vertiefte Diskussionen mit rund 60 Kunden statt.
In einem zweiten Schritt wurde das Niederlassungskonzept kritisch hinterfragt und es wurde mittels einer Potenzialstudie (Potenzial pro Region) und der Analyse der entsprechenden Business Cases eine «Optimierung» des Filialnetzes diskutiert. Dabei kam die BLKB unter anderem auch zum Schluss, dass die Filiale Reigoldswil mit ihrem bereits reduzierten Betrieb im Verlaufe dieses Jahres geschlossen wird.

  • Markenführung und Design

Neben der Validierung des Niederlassungskonzepts hat man sich auch ausführlich mit dem Thema Markenführung und Design auseinandergesetzt und versucht, die BLKB-Markenwerte (persönlich, engagiert, nachhaltig) in den Raum zu übertragen. Das Konzept sieht optisch wie folgt aus:

Abbildung 1: Einige Eindrücke der BLKB-Filiale der Zukunft

Auffällig ist auch bei diesem Konzept der klare Trend hin zu zunehmender Transparenz (vgl. auch Blog zur BKB-Filiale). Speziell bei der BLKB-Umsetzung ist zusätzlich, dass nicht nur die Kundenzone, sondern – wo immer möglich – auch die Beratungszimmer transparent sein sollen.
In der flächenmässig grössten Filiale am Hauptsitz in Liestal ist zudem einerseits ein „Edutain“-Saal mit Platz für rund 120 Personen geplant (für Vorträge, etc.). Andererseits wird die BLKB auch einen Co-Working Space für intern und extern anbieten. Der Bahnhof in Liestal hat natürlich nicht die gleich hohen Frequenzen wie die Zürcher Bahnhofstrasse und das entsprechende Angebot der ZKB. Es ist aber meines Erachtens ein durchaus sinnvoller Versuch, den vielen Platz nutzstiftend einzusetzen.

  • Betrieb und Rollenkonzept der Mitarbeitenden

Es wurde entschieden, dass 18 Standorte zu sogenannten „Beratungsbanken“ und drei Standorte zu „Selbstbedienungsbanken“ (analog dem Modell von Lausen) umgerüstet werden. Das bereits in Lausen erprobte Modell der Videotelefonie (vgl. Blog vom Dezember 2015) wird aber auch in den Beratungsbanken künftig angeboten und die Videotelefonie wird künftig noch mehr Geschäftsfälle abdecken können. Des Weiteren wird auch künftig die in einem kleinen Lastwagen untergebrachte „mobile Bank“ unterwegs sein. Dieses Modell werde ich weiter unten noch etwas genauer beschreiben.
Interessant sind auch die neuen Rollenbilder der Mitarbeitenden, welche die BLKB definiert hat. Grundsätzlich gibt es künftig den klassischen Schalter-Beamten nicht mehr. Dies hängt vor allem auch damit zusammen, dass die Anzahl Schaltertransaktionen seit 2011 um 30 Prozent gesunken ist. Stattdessen wird die Bank einerseits Mitarbeitende in der Rolle als «Kundenberater Cash» (klassische Bargeldtransaktionen am Schalter) und andererseits als «Kundenberater Services» (neues Rollenbild) im Einsatz haben. Der Kundenberater Services soll dabei nicht nur die Kunden empfangen, sondern verstärkt auch Kurzberatungen anbieten. Das Jobverhältnis dieser beiden Profile von ca. 3:1 zugunsten des Kundenberaters Service zeigt auf, dass das klassische Rollenbild des Cash-Managers wohl zunehmend verschwinden wird und im neuen Filialkonzept nur noch in den grossen Niederlassungen anzutreffen sein wird. Da durch diesen Wandel bestehende Schalter-Beamte ein neues Berufsbild erhalten, muss entsprechend auch in Schulung und Change Management investiert werden.

Der neue Lastwagen als Differenzierungsmerkmal

Spannend finde ich das neu angepasste «Lastwagen-Modell» als mobile Bankfiliale. Derweil die Berner Kantonalbank beispielsweise seit dem Jahr 2016 ihre Lastwagen nicht mehr im Einsatz hat, hat sich die BLKB entschieden, das vor 10 Jahren gestartete Projekt weiterzuführen – aber in einer erweiterten und meines Erachtens interessanten Art und Weise. Einerseits wurde dieser Entscheid basierend auf der Kundenbefragung gefällt. Gemäss den Aussagen der Kunden wird ein solches Angebot als sympathisch betrachtet. Auf der anderen Seite und wohl mindestens so zentral in der Entscheidungsfindung, hat man sich dazu entschieden, das Konzept anzupassen und die mobile Bank als sogenannten «Pop-up» Store zu betreiben. Mit dem neuen, kleineren Lastwagen-Modell kann die BLKB auch bei lokalen Events und Festivitäten vor Ort sein. Damit die Bank auch wahrgenommen wird, ist der neue Lastwagen auffälliger gestaltet und deutlich kleiner als der alte. Der Ein- und Auszahler ist an der Seite des Fahrzeugs, derweil im Innenraum die eigentliche «Kundenzone» zu finden ist (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2: Der neue Lastwagen (Modell) – vom Konzept her etwas an einen Güggeli-Wagen erinnernd

Die BLKB wird zudem weiterhin fixe Haltestellen anfahren. Es wird in einer ersten Phase aber nochmals eruiert, welches die sinnvollsten Orte sind. Es ist aber geplant, etwas weniger an fixen Orten zu sein und stattdessen verstärkt an Festaktivitäten aufzufahren. Ebenso möchte man die mobile Filiale verstärkt für Promotionen nutzen. Yves Allemann, Senior Marketing- und Vertriebsmanager der BLKB schätzt, dass es etwa 30 solcher «Pop-up» Möglichkeiten pro Jahr geben könnte.
Rechnet sich mit dieser mobilen Filiale auch ein Business Case? Vermutlich nicht. Aber er trägt zum Image der Bank bei und kann wirkungsvoll als Marketing-Instrument eingesetzt werden (innovativ und nah). Und diese Faktoren können ja schlussendlich durchaus wieder zu einem erfolgreichen Business Case beitragen. Da die BLKB zudem meines Wissens die einzige Bank ist, welche hierzulande eine mobile Bankfiliale anbietet, kann sie sich durch diesen Vertriebskanal zusätzlich differenzieren.

Fazit

Die Bankfiliale wurde schon oft totgesagt. Tatsächlich hat deren Anzahl im Laufe der letzten 20 Jahre sehr stark abgenommen. Dennoch: Trotz Mobile- und Online-Banking scheint die Bankfiliale als Ort für hochqualifizierte Beratung ein (erneutes) Comeback zu erleben. Auch die BLKB investiert viel Geld in den Ausbau ihres Filialkonzepts. Mir persönlich gefällt das neue, gut begründete und hergeleitete Konzept der BLKB. Speziell gespannt bin ich auf die weitere Entwicklung der mobilen Bankfiliale.

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