27. März 2017

Allgemein

Wer prüft die Schweizer Retail Banken?

Von Prof. Dr. Christoph Lengwiler

Die externen Prüfgesellschaften sind ein wichtiges Element der Corporate Governance von Schweizer Banken. In der IFZ Retail Banking Studie 2016 wird erstmals aufgezeigt, welche Prüfgesellschaften welche Banken prüfen und wie hoch die Audit-Kosten der einzelnen Banken sind.

Die Jahresabschlüsse der Schweizer Retail Banken finden in den ersten Monaten des Jahres jeweils grosse Beachtung. Etwas weniger Aufmerksamkeit wird den Revisionsberichten der externen Prüfgesellschaften und den mit der Revision verbundenen Kosten geschenkt. Jede Bank beauftragt eine von der FINMA anerkannte Prüfgesellschaft mit der Rechnungsprüfung und der aufsichtsrechtlichen Prüfung. Diese Prüfaktivitäten sind somit ein wesentliches Element der Corporate Governance. Welche Prüfgesellschaften sind bei den Retail Banken in welchem Mass engagiert und wie hoch sind die Audit Kosten der einzelnen Institute? In der IFZ Retail Banking Studie 2016 haben wir 73 Schweizer Retail Banken ab etwa CHF 500 Millionen Bilanzsumme analysiert und sind den aufgeworfenen Fragen nachgegangen. Nicht berücksichtigt sind UBS (auch nicht UBS Switzerland) und Credit Suisse.

Bei den analysierten Banken sind die folgenden Prüfgesellschaften mit der Abschluss- und Aufsichtsprüfung beauftragt:

  • BDO AG
  • Deloitte AG
  • EY (Ernst & Young AG)
  • Grant Thornton Bankrevision AG (GTBR)
  • KPMG AG
  • Mazars AG
  • PricewaterhouseCoopers AG (PwC)

PwC ist klarer Marktführer

Wie Abbildung 1 zeigt, ist PricewaterhouseCoopers (PwC) für 53 Institute, beziehungsweise für rund drei Viertel der analysierten 73 Retail Banken, als Prüfgesellschaft tätig. Weitere neun Banken haben das Prüfmandat an EY (Ernst & Young) vergeben. Die fünf übrigen Prüfgesellschaften teilen sich die verbleibenden elf Prüfmandate: KPMG und BDO haben drei Mandate, Deloitte und Grant Thornton Bankrevision je zwei Mandate. Die französische Mazars hat mit der Bank Leerau Genossenschaft seit 2015 ein erstes Mandat im Schweizer Retail Banken Markt (eine komplette Liste der Banken und Prüfgesellschaften finden Sie hier).

Abbildung 1: Prüfgesellschaften nach Anzahl Banken 2015

Grosse Banken beeinflussen das Bild

Wird der Marktanteil der Prüfgesellschaften an der Bilanzsumme der analysierten Retail Banken gemessen, vereinigt die PwC rund 52 Prozent des Marktes auf sich. An zweiter und dritter Stelle folgen EY mit 29 Prozent und KPMG mit 14 Prozent. Diese beiden Prüfgesellschaften betreuen zwar verhältnismässig wenige, dafür aber relativ grosse Retail Banken. So betreut die KPMG drei Institute, darunter die PostFinance und die Neue Aargauer Bank. EY betreut neun Institute, darunter die Zürcher Kantonalbank und einige weitere mittelgrosse Kantonalbanken wie diejenigen aus Basel-Stadt und Aargau. Obwohl PwC gegenüber 2014 zwei Mandate verloren hatte, konnte sie den Marktanteil gemessen an der Bilanzsumme ausbauen. Der Markt bewegt sich allerdings langsam. Nur vier der 73 Banken wechselten zwischen 2014 und 2015 ihre externe Revisionsstelle.

Abbildung 2: Revisionsgesellschaften nach kumulierten Bilanzsummen der Banken 2015 (Total: CHF 1’060’846’612)

Kleinere Banken kostet die Prüfung verhältnismässig viel

Aufgrund der neuen Rechnungslegungsvorschriften der Banken gemäss FINMA-Rundschreiben 15/1 Rz A5-139 ist das Revisionshonorar für die Rechnungs- und Aufsichtsprüfung (nach OR Art. 961a Ziff. 2) der Prüfgesellschaften offenzulegen. Daher konnten erstmals sämtliche Revisionshonorare der 73 untersuchten Schweizer Retail Banken erhoben werden. Gesamthaft betrachtet entfallen rund 65 Prozent der Revisionshonorare auf die PwC, welche gemessen an der Bilanzsumme einen Marktanteil von rund 52 Prozent hat. Umgekehrt liegen die Anteile der Revisionshonorare der KPMG und EY unter dem an der Bilanzsumme gemessenen Anteil. Offenbar hängt die Summe der Revisionshonorare nebst anderen Faktoren auch von der Anzahl, Grösse und Geschäftsstruktur der geprüften Institute ab (Abbildung 2).

Die durchschnittliche Schweizer Retail Bank wendet rund 0.1 Promille ihrer Bilanzsumme oder rund 3.1 Prozent des Jahresgewinns für die Rechnungs- und Aufsichtsprüfung auf. Deutlich tiefer liegen die Kantonalbanken mit 0.39 Promille der Bilanzsumme oder 0.65 Prozent des Jahresgewinnes. Dies kann auch damit zusammenhängen, dass vor allem bei grösseren Banken die interne Revision Leistungen für die externe Revisionsstelle erbringt. Insofern sind die Zahlen mit Bedacht zu analysieren.

Die Raiffeisenbanken bezahlen für die Revision 0.063 Promille der Bilanzsumme oder 1.6 Prozent des Jahresgewinns. Gemessen an der Bilanzsumme bezahlt die heterogene Gruppe der Weiteren Banken (Definition siehe Retail Banking Studie) ähnlich viel (0.054 Promille). Aufgrund von Ausreissern ist der arithmetische Mittelwert dieser Aufwandposition gemessen am Jahresgewinn mit 3.2 Prozent deutlich höher. Relativ am meisten bezahlen die eher kleineren Regionalbanken und Sparkassen mit 0.136 Promille der Bilanzsumme oder 4.63 Prozent des Jahresgewinns (Tabelle 1).

 Honorar im Verhältnis zur BilanzsummeHonorar im Verhältnis zum Jahresgewinn
KantonalbankMittelwert: 0.0039% (Median: 0.0029%)Mittelwert: 0.65%
(Median: 0.45%)
Sparkassen und RegionalbankenMittelwert: 0.0136% (Median: 0.0128%)Mittelwert: 4.63%
(Median: 3.64%)
RaiffeisenbankenMittelwert: 0.0063% (Median: 0.0063%)Mittelwert: 1.61%
(Median: 1.61%)
Weitere BankenMittelwert: 0.0054% (Median: 0.0047%)Mittelwert: 3.21%
(Median: 1.18%)
GesamtMittelwert: 0.0095% (Median: 0.0079%)Mittelwert: 3.14%
(Median: 2.07%)
Tabelle 1: Honorar für Rechnungs- und Aufsichtsprüfung der Prüfgesellschaft in Prozent der Bilanzsumme und des Jahresgewinns 2015

Die „Big Four“ vereinnahmen fast alles

Das anteilige Revisionshonorar der PwC beträgt für die 73 untersuchten Banken insgesamt rund CHF 27.5 Millionen (65.2%) und jenes der EY etwa CHF 10.3 Millionen (24.5%). Deutlich tiefer liegen die kumulierten Honorare von KPMG (knapp CHF 1.9 Mio.) und Deloitte (CHF 1.3 Mio.). Die «Big Four» machen somit die Prüfung der Schweizer Retail Banken quasi unter sich aus. Das Honorarvolumen der kleineren Prüfgesellschaften macht weniger als eine Million Schweizer Franken (bzw. 2.7% )des Revisionshonorars von CHF 42.2 Mio. aus (Abbildung 3).

Abbildung 3: Revisionsgesellschaften nach kumulierten Revisionshonoraren 2015 (Honorare für Rechnungs- und Aufsichtsprüfung, total: CHF 42’213’473)

Fazit

Aufgrund regulatorischer Änderungen müssen seit Ende 2015 alle Banken die Honorare für die Rechnungs- und Aufsichtsprüfung offenlegen. Die Untersuchung der in der Retail Banking Studie 2016 berücksichtigten 73 Retail Banken lässt folgende Schlüsse zu:

  • Kleinere Banken bezahlen im Verhältnis zu ihren Bilanzsummen wie auch zu ihren Jahresgewinnen relativ höhere Honorare
  • Die grossen vier Wirtschaftsprüfungsgesellschaften sind im Schweizer Retail Banking Markt dominant. PwC ist unangefochtener Marktführer.
  • Der Wirtschaftsprüfungsmarkt bewegt sich nur sehr träge. Die Retail Banken wechseln ihre Prüfgesellschaften selten.

Ob die gestiegene Transparenz und der Markteintritt einer neuen Prüfungsgesellschaft (Mazars) den Markt beleben wird bleibt offen. Immerhin ist zu erwarten, dass der Trend zur periodischen Ausschreibung des Prüfmandates dazu führen wird, dass sich für die grösseren Prüfgesellschaften Chancen zur Gewinnung von Marktanteilen zu Lasten des Marktführer PwC ergeben könnten. Da jedoch bei Neuausschreibungen der Revisionsmandate nebst dem Preis auch die Erfahrung mit vergleichbaren Banken eine Rolle spielt, dürften auch in Zukunft PwC und EY den Markt weitgehend unter sich ausmachen, wobei allenfalls auch KPMG und Deloitte der Gewinn einzelner Mandate zuzutrauen wäre.

Übrigens: Die zwei grössten Banken – UBS und Credit Suisse – sind in der Analyse nicht enthalten. Die Revisionsstelle der UBS Group im Jahr 2015 war EY, diejenige der Credit Suisse war KPMG. Die aggregierten Revisionshonorare (2015) betrugen knapp CHF 91 Millionen.

Eine komplette Liste der Banken und Prüfgesellschaften finden Sie hier.

Sie finden die komplette Corporate Governance Analyse in der IFZ Retail Banking Studie 2016. Die 222-seitige «IFZ Retail Banking-Studie Schweiz 2016» kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden. Sammelbestellungen kosten ab 3 Exemplaren CHF 240.- pro Exemplar, ab 5 Exemplaren CHF 190.- und ab 10 Exemplaren CHF 140.- CHF pro Exemplar. Hier finden Sie das Inhaltsverzeichnis der Studie.

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