1. März 2017

Allgemein

IFZ FinTech-Studie: Die Schweiz hat das Potenzial zum globalen FinTech-Zentrum

Von Prof. Dr. Thomas Ankenbrand, Prof. Dr. Andreas Dietrich und Dr. Denis Bieri

Das Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ der Hochschule Luzern hat zum zweiten Mal eine umfassende Bestandesaufnahme des Schweizer FinTech-Markts vorgenommen. Die Studie zeigt, dass in der Schweiz die Rahmenbedingungen für FinTech-Unternehmen im internationalen Vergleich ausgezeichnet sind. Dies veranschaulicht auch das beachtliche Wachstum der Anzahl Unternehmen von 17 Prozent auf 190 Unternehmen 2016.

Heute erscheint die «IFZ FinTech Study 2017» der Hochschule Luzern. Darin gibt das Projektteam einen umfassenden Überblick über den Schweizer FinTech-Sektor. Der erste Teil der Studie beschreibt das Ökosystem von FinTech: Einerseits wird das politische und rechtliche, ökonomische, soziale sowie technologische Umfeld im Detail besprochen, anderseits werden Auswertungen über die Geschäftsmodelle der 190 Schweizer FinTech-Unternehmen aufgeführt. Im zweiten Teil der Studie werden 104 Schweizer Unternehmen, welche digitale Finanzdienst­leistungen anbieten, genauer vorgestellt. In den Übersichten sind unter anderen Informationen zu Zielmärkten, Vertriebskanälen und Ertragsmodellen sowie verschiedene Unternehmenskennzahlen zu finden.

Die Schweiz bietet ausgezeichnete Rahmenbedingungen für die FinTech-Branche

Um die Leistungsfähigkeit des Schweizer FinTech-Ökosystems im internationalen Kontext zu beurteilen, wurde ein globales Ranking für FinTech-Zentren, sogenannte Hubs, erstellt. Das Ranking basiert auf 68 Indikatoren, welche die Rahmenbedingungen bezüglich des politischen und rechtlichen, ökonomischen, sozialen sowie technologischen Umfelds bewerten. So wurden unter anderem die politische Stabilität, die Effizienz der Behörden, der Zugang zu Krediten und Venture Capital, die Anzahl Studienabgänger in den Bereichen Wissenschaft und Technik sowie der Zugang und der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologie berücksichtigt. Die Analyse zeigt, dass die Branche hierzulande sehr gute Rahmenbedingungen vorfindet: Von 27 untersuchten Städten liegen Zürich und Genf auf Platz 2 und 3 hinter dem erstplatzierten Singapur (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Ein Vergleich von 27 Städten hinsichtlich ihrer Rahmenbedingungen für FinTech-Unternehmen (Quelle: Hochschule Luzern)

Zürich und Genf haben gegenüber Singapur vor allem in der ökonomischen und technologischen Dimension noch Aufholbedarf, wie Abbildung 2 aufzeigt. Bezüglich der politischen/rechtlichen und insbesondere der sozialen Rahmenbedingungen gehören beide Schweizer Städte zu den Führenden.

Abbildung 2: Performance-Spinne der führenden fünf Hubs (Quelle: Hochschule Luzern)

Die guten Rahmenbedingungen zahlen sich aus: Die Schweizer FinTech-Szene ist 2016 weiter gewachsen. Im vergangenen Jahr waren hierzulande 190 Firmen tätig, wie die eigens von der Hochschule Luzern erarbeitete Datenbank, in der FinTech-Unternehmen mit Geschäftssitz in der Schweiz aufgeführt sind, veranschaulicht. Im Vergleich zu 2015 entspricht das einem Zuwachs von 17 Prozent. 2010 zählte man noch 24 FinTech-Unternehmen. In Bezug auf die Anzahl domizilierter Unternehmen konnte Zürich mit nun 84 (plus 12) FinTech-Firmen die Spitzenposition ausbauen, gefolgt von Zug mit 29 (plus 8) und Genf mit 19 (plus 6). Trotz der steigenden Zahl von FinTech-Unternehmen, den Branchenvereinigungen und Unterstützungsprogrammen konnte dieses Wachstum noch nicht vollumfänglich in neue Arbeitsplätze oder höhere Unternehmensbewertungen umgesetzt werden. Die FinTech-Branche in der Schweiz hat also noch Wachstumspotenzial.

FinTech ist global

Der Schweizer Markt alleine ist zu klein für die meisten FinTech-Geschäftsmodelle. Als Konsequenz hat die globale Ausrichtung und Spezialisierung der Schweizer FinTech-Unternehmen im vergangenen Jahr weiter zugenommen, wie die Studie zeigt. Rund 60 Prozent der Firmen verfolgen ein internationales Business-to-Business-Geschäftsmodel (siehe Abbildung 3). Das heisst, sie sind oft spezialisierte globale Zulieferer von etablierten Finanzdienstleistungsunternehmen. Auch die Inkubatoren/Akzeleratoren und Venture Kapitalgeber agieren international. Daher wird es für das weitere Wachstum der Schweizer FinTech-Industrie wichtig sein, dass einerseits die Produkte und Dienstleistungen global exportiert werden können, und andererseits ein globaler Zugriff auf talentierte Mitarbeitende und Venture Kapital gewährleistet ist. Des Weiteren muss das regulatorische Umfeld – die Studie liefert eine detaillierte Übersicht diesbezüglich – weiterhin dynamisch auf kommende Entwicklungen angepasst werden. Ansonsten werden viele Unternehmen den globalen Markt nicht mehr von der Schweiz aus bearbeiten.

Abbildung 3: Anzahl FinTech Unternehmen nach Kategorie und bedienten Märkten (Quelle: Hochschule Luzern)

FinTech-Unternehmen sind im Allgemeinen keine Konkurrenz zu Banken

Die FinTech-Firmen kooperieren in den meisten Fällen mit den Banken oder sind deren Zulieferer. Zudem haben sich die Ertragsmodelle der FinTech-Betriebe im vergangenen Jahr in Richtung Lizenzgebühren und SaaS (Software-as-a-Service), wie üblich für technologiegetriebene Geschäftsmodelle, verschoben. Die typischen Ertragsmodelle der etablierten Finanzunternehmen haben für die Unternehmen eine geringe Bedeutung (Zins- und Handelsgeschäfte) oder verlieren an Relevanz (Kommissionsgeschäfte). Die Firmen unterstützen also die Banken in ihren Digitalisierungsbemühungen als innovative Speerspitze, statt diese direkt zu konkurrenzieren. Für die Zukunft lässt dies eher auf eine evolutionäre Entwicklung im FinTech Bereich schliessen, als einen disruptiven Big Bang.

Die gesamte 125-seitige Studie (auf Englisch) kostet 290 Franken und kann unter ifz@hslu.ch bestellt werden.

Bei Fragen zur „IFZ FinTech Study 2017“ wenden Sie sich bitte an Dr. Thomas Ankenbrand.

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