28. September 2015

Bankstrategie,

Digitalisierung,

Kundenorientierung

Brauchen junge Menschen eine Bankfiliale?

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich und Dr. Simon Amrein

Das IFZ hat mittels einer Umfrage erheben lassen, wie oft und für welche Zwecke Personen zwischen 14 und 30 Jahren in eine Bankfiliale gehen. 22 Prozent der befragten Personen haben abgesehen von Automatenbenutzungen im letzten Jahr nie eine Bankfiliale besucht. Die restlichen Befragten nennen Fremdwährungsbezüge und Kontoeröffnungen als wichtigste Gründe für einen Filialbesuch.

Die Anzahl Bankfilialen in der Schweiz hat in den letzten Jahren stark abgenommen. Lag diese im Jahr 1992 noch bei über 4‘000, so hat sie sich auf aktuell etwa 2‘500 reduziert. Besonders in den 90er Jahren war ein starker Rückgang zu beobachten (siehe dazu auch unseren Blog-Artikel zur Bankstellendichte in der Schweiz). Die Gründe für diese Veränderungen sind vielschichtig: Einerseits kam es in den 90er Jahren zu einer starken Konsolidierung im Bankensektor mit zahlreichen Zusammenschlüssen. Andererseits haben technologische Fortschritte wie der Bankomat und das Online Banking gewisse zuvor am Schalter getätigte Transaktionen ersetzt. Durch die fortschreitende Digitalisierung ist es für die Banken zunehmend schwieriger geworden, jüngere Kunden frühzeitig an sich zu binden. Entsprechend taucht in diesem Zusammenhang immer wieder die Frage auf, über welche Touchpoints die jungen Personen hierzulande derzeit mit ihrer Bank kommunizieren.

Simon Rohrer, Student an der Hochschule Luzern – Wirtschaft, hat sich im Rahmen seiner Bachelorarbeit der Frage der Filialnutzung von jungen Personen angenommen. Überdies untersuchte er in einem zweiten Schritt die Kommunikationskanäle und -bedürfnisse von jungen Menschen (auf diese zweite Untersuchung werden wir in einem späteren Blog-Artikel detaillierter eingehen). Die nachfolgend vorgestellten Resultate der Arbeit basieren auf einer Umfrage unter 622 Personen zwischen 14 und 30 Jahren aus der Deutschschweiz, wovon rund die Hälfte zwischen 22 und 25 Jahre alt ist. 54 Prozent der Teilnehmenden waren weiblich. Die Umfrage muss somit als nicht ganz repräsentativ betrachtet werden. Dennoch lassen sich klare Tendenzen daraus lesen.

Fast ein Viertel besuchte im Jahr 2014 keine Bankfiliale

Abbildung 1: Anzahl Filialbesuche im Jahr 2014 von Personen zwischen 14 und 30 Jahren (ohne Benützung von Bankomaten oder anderen Automaten in den Filialen; Quelle: Rohrer, 2015)

22 Prozent der Digital Natives haben im Jahr 2014 keine Bankfiliale aufgesucht. Davon ausgeschlossen sind Filialbesuche für die Benutzung von Automaten (Geldwechsler, Bankomat, etc.). Die grosse Mehrheit der Befragten (57%) ging ein bis fünf Mal in eine Bankfiliale, während 21 Prozent der befragten Personen mindestens sechs Mal eine Filiale besuchten.

70 Prozent der befragten Digital Natives, welche mindestens einmal in einer Filiale waren, tat dies für den Bezug von Fremdwährungen. Zu den weitere oft erwähnten Gründen für den Besuch einer Filiale gehören Kontoeröffnungen (39%), Barbezüge (37%) sowie Bareinzahlungen (35%). Interessant ist, dass die beiden letztgenannten Dienstleistungen Vorgänge sind, welche in der Regel auch mittels Bankomaten erledigt werden könnten. Ein Drittel der Befragten hat die Filiale für administrative Erledigungen aufgesucht. Darunter werden beispielsweise Adressänderungen oder Vollmachtserteilungen subsumiert. Beratungen zu Produkten (z.B. Karten) wurden von 26 Prozent in Anspruch genommen. Wenig überraschend war die Beratung für komplexere Bankprodukte (z.B. Hypotheken- oder Anlageberatungen) noch wenig relevant für dieses Kundensegment.

Abbildung 2: Gründe für den Besuch einer Bankfiliale im Jahr 2014 von Personen zwischen 14 und 30 Jahren (ohne Benützung von Bankomaten oder anderen Automaten in den Filialen; Quelle: Rohrer, 2015)

Wenn nicht in der Bankfiliale, wo findet die Interaktion sonst statt?

Es überrascht wenig, dass das Online Banking der zentrale Kanal für die Digital Natives ist. So verwenden 96 Prozent der befragten Personen Internet Banking. Immerhin 54 Prozent der Befragten nutzen bereits Mobile Banking (Tendenz steigend: Rund 74% können sich vorstellen, in fünf Jahren Mobile Banking zu benutzen). Betrachtet man die Social Media Kanäle, so zeigt sich, dass derzeit 14 Prozent der Befragten mindestens einer Bank via Facebook folgen. Twitter-Kanäle von Banken werden hingegen derzeit nur gerade von zwei Prozent der Digital Natives verfolgt. Interessanterweise können sich junge Personen auch vorstellen, sich vermehrt mit Banken via Chats auszutauschen (22%). Diese Zustimmung weist darauf hin, dass First Mover im Bereich des Web-Chats, wie die UBS oder die LUKB, mit ihren Chat-Angeboten einem Kundenbedürfnis bei dieser Generation entsprechen.

Fazit

Junge Menschen benutzen Bankfilialen im Gegensatz zum Internet- und Mobile Banking nicht sehr oft. Rund vier von fünf Personen zwischen 14 und 30 Jahren waren im vergangenen Jahr aber trotzdem mindestens einmal in einer Bankfiliale. 21 Prozent der Befragten besuchten sogar mehr als fünf Mal eine Filiale. Gleichzeitig wurde in der Umfrage ersichtlich, dass auch diese Generation für komplexere Anliegen nicht auf (die Beratung in) Bankfilialen verzichten möchte. So ist es nur für zwölf Prozent der Befragten unwichtig, dass ihre Hausbank über eine physische Bankfiliale verfügt. Filialen werden daher für die grosse Mehrheit der Kunden nicht überflüssig. Was sich jedoch ändern dürfte, ist die Funktion der Bankfilialen. Die Bedeutung des Transaktionsgeschäfts wird sich in Zukunft reduzieren, während vermehrt komplexere Beratungsdienstleistungen angeboten werden.

PS: In der diesjährigen IFZ Retail Banking Studie stehen nicht mehr die digitalen Vertriebskanäle im Fokus, sondern die wichtigsten strategischen Prioritäten von Banken. Die spannenden Resultate dieser Umfrage und weitere interessante Erkenntnisse werden im Rahmen der IFZ Retail Banking Konferenz am Nachmittag des 19. November 2015 vorgestellt. Das gesamte Programm der Konferenz und alle Referenten finden Sie hier.

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