24. Juni 2013

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Eigenkapitalrentabilität – die falsche Kennzahl

Von Prof. Dr. Andreas Dietrich

Ein Blick in die Zusammenfassungen der wichtigsten Kennzahlen in den Geschäftsberichten von 90 Retail Banken zeigt, dass die Eigenkapitalrentabilität noch immer eine zentrale Kennzahl vieler Banken ist. Jede dritte Retail Bank weist diese als „Key Figure“ aus.
Die hohe Bedeutung dieser Kennzahl erstaunt mich immer wieder. Natürlich hat diese Kennzahl eine gewisse Bedeutung für Aktionäre resp. deren eingesetztes Eigenkapital. Die Eigenkapitalrentabilität ist meines Erachtens aber schlussendlich eine eher sinnlose Kennzahl für den Erfolg einer Bank und für sich allein betrachtet auch ein falsches Mass für die Beurteilung der (relevanten) Leistung einer (Retail) Bank.
„Mathematisch“ ist die Eigenkapitalrentabilität nichts anderes als die Rendite auf dem Gesamtkapital (Return on Assets, ROA) multipliziert mit dem Leverage (Gesamtkapital geteilt durch das Eigenkapital):

Eigenkapitalrentabilität (ROE) = ROA x Leverage

Daher ist aus meiner Sicht die Gesamtkapitalrentabilität, der ROA, die sinnvollere (wenn auch nicht „perfekte“) Kennzahl als die Eigenkapitalrentabilität. Sie sagt aus, wie viel Gewinn aus den gegebenen Aktiven erwirtschaftet werden konnte, ohne die Kapitalstruktur der Bank zu berücksichtigen. Der ROA wird aber erstaunlicherweise nur von 7 der 90 untersuchten Retail Banken in der Zusammenfassung der wichtigsten Kennzahlen ausgewiesen. Die Einführung des Leverage in die obige „Formel“ resp. die Multiplikation des ROA mit dem Leverage ist meines Erachtens eine eher unnötige Ergänzung und hat gar gefährliche Konsequenzen, wenn man sich an dieser Kennzahl orientiert: Je mehr Eigenkapital eine Bank nämlich hält, desto tiefer ist dadurch der ausgewiesene ROE. Eine Verbesserung der Eigenkapitalrentabilität ist entsprechend ziemlich einfach zu bewerkstelligen: Mit der Reduktion des Eigenkapitals (bei gleichbleibendem Gewinn und gleich grossen Aktiven) erreicht man ohne eine bessere Leistung erzielt resp. erbracht zu haben eine verbesserte Kennzahl. Ob dies aber aus Bankensicht oder auch aus Aktionärssicht sinnvoll ist, mag bezweifelt werden. Eine Verbesserung der Eigenkapitalrentabilität ist nämlich vor allem dann begrüssenswert, wenn mehr Gewinn im Verhältnis zur Bilanzsumme erwirtschaftet wurde – also der ROA erhöht werden konnte.

Das Thema des ROE als „falsche“ Zielgrösse und die geringe Aussagekraft des ROE als isoliert betrachtete Kennzahl ist nicht wirklich neu. Unter anderem kritisierte der Vizepräsident der SNB, Jean-Pierre Danthine, in einem Interview im Oktober 2012 mit der „Finanz und Wirtschaft“  diese Kennzahl. Passiert ist bis heute aber noch wenig. Es bleibt zu hoffen, dass (Retail) Banken vermehrt die Gesamtkapitalrentabilität oder – um das Risiko miteinzubeziehen – eine Kennzahl wie beispielsweise den „Return on risk weighted assets“ (RORWA) als alternative Messgrössen zur Bestimmung der Rentabilität ins Zentrum stellen.

Kommentare

2 Kommentare

André Bachmann

26. Juni 2013

Ein Thema, das mich auch beschäftigt. Mit dem ROE werden eigenkapitalstarke Retailbanken "abgestraft". Dabei bildet ein starkes Eigenkapital - bei einer eher sicherheitsorientierten Sicht - eine gutes und starkes Fundament für eine sichere Bank. Der Fokus auf den ROE verleitet dazu, das Eigenkapital zu "optimieren", sprich auf das gesetzlich notwendige zu reduzieren. Dies wird dann belohnt mit einem höheren ROE - und erkauft mit einer Reduktion der Unternehmensstabilität. Macht das aus heutiger Sicht, mit den gemachten Erfahrungen aus der Finanzmarktkrise, noch Sinn?

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Andreas Bleiker

24. Juni 2013

Eine Wohltat, dieser Bericht: genau vor diesem Hintergrund hat insbesondere UBS ihr Eigenkapital reduziert - zur Freude der Aktionäre, weil steuerfrei - um dann in der subprime-Krise den Staat anzurufen, um nicht die Bilanz deponieren zu müssen... Damals wollte niemand die kritischen Voten hören: spare in der Zeit, so hast du in der Not.

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