11. Februar 2013

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Greifen die neuen Regeln im Hypothekarmarkt?

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Für die Finanzierung von Wohneigentum kann in der Schweiz der Vorbezug von Vorsorgegeldern aus der 2. und 3. Säule beansprucht werden. Mit dieser Regelung versucht der Gesetzgeber den Erwerb von selbstgenutztem Wohneigentum einer breiteren Bevölkerung zugänglich zu machen. Dadurch entstand aber gemäss der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) ein neues Segment von Kreditnehmern, für die der Erwerb einer Wohnliegenschaft unter anderen Marktbedingungen nicht möglich wäre. Dies könnte bei steigenden Zinsen zu Kreditausfällen und sinkenden Immobilienpreise führen. Um dies zu verhindern und die Finanzstabilität des Landes zu gewähren, hat die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) per 1. Juli 2012 eine Selbstregulierung für Hypothekarfinanzierungen erlassen. Damit möchte die SBVg zur Krisenprävention beitragen, die angespannte Lage auf dem Immobilienmarkt verbessern und das starke Hypothekarwachstum bremsen.

Kernelemente der neuen Regulierung

Eigenmittel: Hauptpunkt dieser Selbstregulierung ist, dass mindestens 10% des Belehnungswertes aus „harten“ Eigenmitteln bestehen müssen. Das heisst, diese Eigenmittel dürfen weder als Verpfändung noch als Vorbezug aus der 2. Säule eingebracht werden.

Amortisation: Neu muss die Hypothekarschuld innerhalb von 20 Jahren auf zwei Drittel des Belehnungswertes amortisiert werden. Die neue Amortisationspflicht soll sich langfristig positiv auf die Tragbarkeit auswirken und die Belastung der Schuldner durch die Hypothekarzinsen reduzieren.

Risikogewichtung: Ab dem 1. Januar 2013 wird bei Hypothekarkrediten mit einem Belehnungsgrad von über 80% eine Risikogewichtung von 100% verlangt.

Nach Ansicht des Hauseigentümerverbandes Schweiz (HEV) werden die neuen Mindeststandards Wirkung zeigen. Am stärksten dürften sich diese bei den Schwellenhaushaltungen auswirken. Diese Meinung teilt auch die SBVg und rechnet – durch den Wegfall der Schwellenhaushalte – mit einer Nachfragelücke bei Objekten am unteren Ende des Preisspektrums. Damit sollte sich auch das Risiko für das Vorsorgekapital des Kreditnehmers und seine damit verbundene Rente reduzieren. Ob durch die neuen Mindeststandards das Hypothekarvolumen deutlich zurückgehen wird, ist jedoch noch unklar.

Eine Gruppe Studenten der Master of Science in Banking and Finance-Klasse (T. Bärtsch, R. Gossner, M. Müntener) ist sowohl anhand statistischer Untersuchungen als auch qualitativen Befragungen der Frage nachgegangen, ob die Massnahmen bereits erste Wirkungen zeigen.

Statistische Überprüfung – was zeigen die Daten?

Wenn man alle Banken zusammen betrachtet ist gemäss den statistischen Tests bisher keine signifikante Verlangsamung des Wachstums vom Hypothekarvolumen bei privaten Haushalten feststellbar. Somit hat die neue Regulierung noch keine oder nur marginale Auswirkungen auf die Vergabe von Hypotheken an Privatpersonen. Es ist jedoch zu beachten, dass sich die Untersuchung auf vier Monate beschränkt. Zudem könnten gegenläufige Effekte, wie die Umsetzung der Zweitwohnungsinititive per 1. Januar 2013, die Resultate verfälschen.

Untersucht man die Volumen der einzelnen Bankengruppen gibt es hingegen Anzeichen, dass bei den Raiffeisenbanken eine signifikante Verlangsamung des Wachstums auftritt. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Raiffeisenbanken durch die neue Regulierung weniger Hypotheken abschliessen können oder wollen. Es gilt aber auch hier zu beachten, dass sich lediglich das starke Wachstum der Raiffeisenbanken verlangsamt hat. Das Wachstum liegt jetzt in etwa auf dem Niveau der anderen Bankengruppen.

Qualitative Umfrage – was sagen die Banken?

Da die statistische Beurteilung aufgrund der Datenlage nur ein unzureichendes Bild abgibt, wurden ergänzend qualitative Befragungen bei sieben Banken durchgeführt.

Bei fünf der befragten Banken (Migros Bank, Glarner Kantonalbank, Luzerner Kantonalbank, St. Galler Kantonalbank, Bank Linth) mussten die Kunden bereits vor der Einführung der neuen Mindeststandards mindestens 10% harte Eigenmittel für eine Hypothekarfinanzierung einbringen. Bei der Raiffeisenbank Schweiz und der Credit Suisse (CS) wurden vor der neuen Regelung nur 5% hartes Eigenkapital verlangt.

Bank

harte Eigenmittel

Regelung seit

Migros Bank

10%

immer

Glarner Kantonalbank

10%

Ende 2010

Luzerner Kantonalbank

10%

April 2011

St. Galler Kantonalbank

10%

immer

Bank Linth

20%

immer

Credit Suisse

5%

immer

Raiffeisenbank Schweiz

5%

immer

Tabelle: Überblick zu geforderten harten Eigenmittel vor Einführung der Regulierung

Die neuen Mindeststandards werden in der Zwischenzeit von allen befragten Banken umgesetzt.

Von den befragten Personen bezweifelt eine Mehrheit die Wirksamkeit der Regulierung, auch wenn der Zeitpunkt für die Beurteilung sicherlich noch früh ist. Aufgrund der neuen Mindeststandards mussten bei jenen Banken, die diese schon vor der Einführung am 1. Juli 2012 umsetzten, keine zusätzlichen Finanzierungsgesuche abgelehnt werden. Nur die Raiffeisen Schweiz hatte Finanzierungsgesuche, die neu abgelehnt werden mussten. Genaue Zahlen durften jedoch nicht genannt werden. Ein Nachfragerückgang bei den Finanzierungsgesuchen ist bei keiner der befragten Banken feststellbar. Dies dürfte auch dadurch begründet sein, dass die meisten Kunden schlecht oder gar nicht über die neuen Mindeststandards informiert sind.

Fazit

Letztlich kann also gesagt werden, dass es zum jetzigen Zeitpunkt schwierig zu beurteilen ist, ob die eingeführte Regulierung die gewünschten Effekte mit sich bringt. Um eine eindeutige Aussage zu machen, müssen die nächsten Monate abgewartet werden und dann mit mehr Datenmaterial die Wirksamkeit nochmals überprüft werden. Erste Anzeichen deuten aber darauf hin, dass der Effekt möglicherweise geringer ist als von gewissen Kreisen erwartet wurde

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