Beitrag zum neo.forum „Innovation Speed“ vom 6. Juni 2019 –
Autoren: O. Fahed, O. Ineichen (Studierende MAS Wirtschaftsingenieur).
Der Slogan von Nike: „Just Do It“ prägt im Zeitalter von Change und Speed viele Unternehmen. Es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um ein etabliertes Unternehmen oder um ein Start-up handelt. Um neue Kunden für ihre Produkte und Dienstleistungen zu gewinnen, müssen sich Firmen immer wieder neu erfinden und sich dem ständig wechselnden Umfeld anpassen. Die heutigen Zeiten sind durch kurze Prozesslebenszyklen, immer kürzere Entwicklungszeiten und je nach Markt stetig steigende Regulationen geprägt. In diesem Umfeld ist das Ignorieren von Innovationen für jedes Unternehmen gefährlich und kann langfristig deren Existenz bedrohen.
Der Schlüssel zum Erfolg liegt in der Kreativität und im intelligenten Anpassen an die Veränderung. Unter der Verfolgung des Lean Innovation Ansatzes wird das Risiko minimiert und gleichzeitig der Kundennutzen erhöht. Allein mit dem Grundgedanken und der Anwendung der „schlanken Innovation“ kann das Unternehmensergebnis verbessert werden. Produkte werden rascher sowie ressourcenschonend auf den Markt gebracht.
Was ist Lean Innovation überhaupt?
Lean Innovation konzentriert sich auf die Steigerung der Effizienz, unter dem einfachen Aspekt des frühzeitigen Einbeziehens des Kunden. Mit dem kontinuierlichen Abholen und Auswerten der Kundenfeedbacks wird die Verschwendung von Produktentwicklungszyklen minimiert und Fehlentwicklungen werden frühzeitig eliminiert. Gegenüber der aufwändigen Planung eines Produktes unter der Anwendung des Wasserfall-Modells, bringt der Ansatz des Experimentierens kontinuierlich Verbesserungen.
Lean Innovation hat eine lange Geschichte. 1913 führte Henry Ford die erste Fliessbandfertigung ein. Mit diesem Herstellungsverfahren konnte die Montagezeit eines einzelnen Fahrzeuges von 12 Stunden auf 90 Minuten verkürzt werden. Mit dieser drastischen Reduzierung von Zeit, Geld und Personal, die für den Bau eines Autos erforderlich waren, konnte Ford die Kosten für das beliebte Modell T von 850 USD auf weniger als 300 USD senken und somit den Zugang für die Massen ermöglichen (Lean Six Sigma Definition (a), online). Die gesteigerte Effizienz des Systems trug dazu bei, „Verschwendung“ zu vermeiden und gleichzeitig das Kundenerlebnis zu verbessern. Diese beiden Grundprinzipien bilden die Basis für eine schlanke Innovation. Toyota wiederholte später die ursprünglichen Prinzipien von Henry Ford im Montagewerk in Rouge und verwendete Fords Ansatz als Grundlage für die Entwicklung des Toyota- Produktionssystems (Lean Six Sigma Definition (b), online).
Gemäss Wheeler (2014), spielen bei der Umsetzung von Lean Innovation die folgenden drei Fähigkeiten eine entscheidende Rolle:
- Die Fähigkeit, neue Möglichkeiten zu identifizieren
- Die Fähigkeit, schnell und mit weniger Ressourcen Lösungen zu entwickeln, zu prototypisieren, zu validieren und zu verbessern
- Die Fähigkeit, schlanke Prozesse anzuwenden, welche es den Entwicklungsteams ermöglicht, die Verschwendung und die Bürokratie auf ein Minimum zu reduzieren (Wheeler, 2014)
Abbildung 1. Lean Progress Model (Griesbach, 2019)
Durch die Integration des Kunden können Unternehmen Konzepte schneller validieren und ermitteln, welche Projekte zukunftsweisend sind.
Die Rolle von Design Thinking bei Lean Innovation
Design Thinking ist ein kundenorientierter Ansatz, um neue Ideen zu entwickeln und Probleme zu lösen. Der Findungsprozess legt dabei den Schwerpunkt auf den Kunden. Welche Probleme hat der Benutzer? Wie löst er derzeit seine Probleme? Durch die Beobachtung der Endnutzer können Unternehmen die Bedürfnisse ihrer Kunden besser verstehen und wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Diese Erkenntnisse werden als Basis für die Entwicklung neuer Produkte, Dienstleistungen oder Geschäftsmodellen genutzt.
Während der gesamten Umsetzungszeit steht das Kundenbedürfnis im Zentrum und alle Aktivitäten werden um dieses aufgebaut. Um das Bedürfnis möglichst gut erfüllen zu können, wird der unten dargestellte Mikrozyklus mehrfach durchlaufen (Leifer, 2018):
Abbildung 2. Design Thinking Mikrozyklus
Mit dem Design Thinking können Unternehmen ein tieferes Verständnis für ihre Kunden gewinnen. Es entstehen neue Ideen, und Produkte können mit minimalen Kosten und Zeitaufwand getestet und gebaut werden.
Vorteile der Lean Startup-Methode
Der Lean Startup-Ansatz konzentriert sich auf eine Feedback-Schleife. Dabei werden die Schritte Erstellen, Messen und Lernen für jeden Ansatz durchlaufen. Das Ziel ist es, dass das Unternehmen
ein Minimum Viable Product (MVP) oder eine abgespeckte Version davon erstellt, um das Testen der Early Adopters zu ermöglichen. Der MVP sollte ausschliesslich über die Kernfunktionen verfügen. Diese dienen als Leitfaden für die zukünftigen Entwicklungen. Der Benutzer bekommt frühzeitig eine Hands-On Experience mit dem MVP und das Unternehmen kann schnell feststellen, was funktioniert und was nicht. Anhand dieses Feedbacks wird die Entwicklungs-geschwindigkeit erhöht und der Kunde erhält ein Produkt mit einem tatsächlichen Bedarf (The Lean Startup Methodology, 2020).
Abbildung 3 Lean Startup Methodology (Ries, 2011)
Anwendung der Lean Prozesse
Die Lean Prozesse legen den Fokus auf die Steigerung der Effizienz. Dabei wird das Ziel verfolgt, frühzeitig neue Trends zu erkennen und relevante Kundenbedürfnisse zu eruieren. Aus den erkannten Trends können neue Produkte oder Dienstleistungen abgeleitet werden. Damit die Lösung marktgerecht bleibt, muss jedoch der Lean-Gedanke im ganzen Unternehmen verankert sein. Angefangen mit der Minimierung der Anzahl der Sitzungen, sowie der Vereinfachung der Handlungsschritte bis zum Einsatz von Lean-Methoden wie beispielsweise Six Sigma.
Die erfolgreichsten Unternehmen haben folgende Punkte gemeinsam. Sie haben gelernt, die Trends zu erkennen, ihre Chancen wahrzunehmen und die Verschwendung zu minimieren.
Warum Lean und Design Thinking nutzen?
Eigentlich liegt es auf der Hand. Lean Innovation ermöglicht es den Unternehmen, ihre Hypothesen schnell aufzustellen und zu testen. Sie können ihre Produkte effizienter und mit weniger Ressourcen entwickeln und vor allem können sie das Produkt schneller auf dem Markt einführen. Gleichermassen werden die Unternehmen gefordert, ihre Produkte und Dienstleistungen kontinuierlich zu hinterfragen und weiterzuentwickeln. Diese Herangehensweise unterbindet die Gefahr, sich auf den Lorbeeren der Vergangenheit auszuruhen. Unter der Betrachtung des Marktes mit Lean Innovation, werden Trends frühzeitig vom Unternehmen erkannt. Das zusätzliche Einsetzen eines MVP ermöglicht die Evaluation der Aufwände für eine Kostenabschätzung und erlaubt das Abwägen, ob sich eine Investition lohnt. Somit wird das F&E-Risiko reduziert und die Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens verbessert.
Situation in unserem Unternehmen
In unserem Unternehmen sind Neuentwicklungen stark durch Technologien getrieben und wenig auf die Kundenwünsche von morgen abgestimmt. Um zukünftig den Kundenwünschen besser gerecht zu werden, sehen wir Lean Innovation als möglichen Ansatz, um die Geschwindigkeit von Neuentwicklungen voranzutreiben und die Kundenwünsche von morgen abzuholen. Dabei erwarten wir den grössten Mehrwert, wenn dieser Ablauf im eigentlichen Entwicklungsprozess angesiedelt wird. Dadurch wird das Potenzial jeder Neuentwicklung bereits ganz am Anfang aus verschiedenen Perspektiven betrachtet und das Risiko einer Fehlentwicklung kann dadurch stark reduziert werden.
Literaturverzeichnis: Griesbach, D. (2019). Lean Innovation Guide. Zürich: Versus Verlag. Lean Six Sigma Definition (a). Henry Ford. (ohne Datum). Abgerufen am 15.08.2020 von https://www.leansixsigmadefinition.com/glossary/henry-ford/ Lean Six Sigma Definition (b). Toyota Production S. (ohne Datum). Abgerufen am 15.08.2020 von https://www.leansixsigmadefinition.com/glossary/toyota-production-system/ Leifer, L. (2018). Das Design Thinking Playbook. Willhelmstrasse 9, 80801 München, Germany: Verlag Franz Vahlen GmbH. Ries, E. (2011). The Lean Startup : How Constant Innovation Creates Radically Successful Businesses. London: Penguin Books Ltd. Ries, E. (2011). The Lean Startup Methodology. (15. 08 2020). Von The Lean Startup Methodology: http://theleanstartup.com/principles abgerufen Wheeler, C. (26.05.2014). NewCastle Systems. Von NewCastle Systems: https://www.newcastlesys.com/blog/bid/344985/lean-manufacturing-3-critical- principles-for-improving-productivity abgerufen
