Kohorte
Raumbeschreibung – Julien Abächerli – Frohburgsteg – IAR
Ich gehe durch den Menschen überfluteten und lauten Bahnhof hindurch, die metallene Wendeltreppe hinauf und stehe am Anfang des Frohburgsteges.
Ich stehe davor und lasse die stählerne und rohe Konstruktion auf mich wirken, bevor ich mich dazu entschliesse, den ersten Fuss auf den Steg zu setzen. Nach einigen Schritten fällt mir direkt ein merkwürdiger Ton auf. Die Gummisohlen meiner Schuhe schrammen über den gerillten Metallboden und dabei entsteht immer wieder ein kurzes und schrilles Geräusch. Bei genauerem Hinhören fällt mir dasselbe Geräusch nochmals auf, dieses Mal ist es aber konstant und kommt vom Rollkoffer einer Frau, die an mir vorbeizieht. Dabei realisiere ich, dass ich nicht allein bin. Überall auf dem Steg befinden sich Menschen und durch die seitlich einfallenden Sonnenstrahlen zeichnen sich die Schatten der Menschen auf der Brüstung ab.
Daraufhin drehe ich meinen Kopf zur Sonne, die über den Bahngleisen steht, und sehe, wie diese untergeht, was auch die Schatten erklärt. Beim Beobachten der Sonne fällt mir auf, wie warm mir eigentlich ist, was vermutlich an den Sonnenstrahlen, die den Steg durchdringen, liegt. Auf beiden Seiten des Steges befindet sich ein Stahldrahtzaun, welcher vermutlich als Absturzsicherung dient. Ich gehe näher an die Brüstung heran und lasse den Blick über die Bahngleise schweifen. Die Hektik des Alltages beinahe vergessend kehrt allmählich Ruhe ein, doch dann höre ich es wieder, das Geräusch von wahllos durcheinander gesprochenen Worten der Menschen, die sich um mich herum befinden. Der Steg überträgt die heftigen Schritte derer, die über ihn rennen, vermutlich um den nächsten Zug zu erreichen. Das Gefühl der Ruhe verschwindet so schnell wieder, wie es gekommen ist, und die Hektik des Alltages nimmt mich wieder ein. Ich setze meine Reise zum Ende des Steges fort und beobachte dabei das Lichtspiel der Sonnenstrahlen auf der Brüstung innerhalb des Steges und sehe, wie sie sich in den Fenstern von einigen umliegenden Gebäuden widerspiegelt.
Allmählich am Ende des Steges angekommen, fällt mir auf, dass sich hier viele kleinere Mülleimer beziehungsweise Aschenbecher befinden, wenn ich mich jedoch über die Brüstung des Steges lehne, fällt mir auf, dass sich in der Rille, die die Absturzsicherung und den Steg verbindet, viele kleine Zigarettenstummel befinden. Ich frage mich, warum diese nicht fachgerecht entsorgt worden sind, dabei fällt mir auf, dass die vorhin erwähnten Mülleimer sich nur am Ende (oder für andere am Anfang) des Steges befinden, und frage mich, ob es nicht sinnvoller gewesen wäre, diese über den ganzen Steg zu verteilen. Es ist nicht das erste Mal, dass ich so etwas sehe, also lasse ich mich davon nicht weiter irritieren und untersuche das Ende des Steges genauer. Dabei fällt mir auf, dass sich auf dieser Seite eine viereckig gewundene Wendeltreppe mit einem Lift im Treppenlicht befindet. Zudem bestehen die Wände des Treppenschachts aus halbtransparenten Platten, die das Sonnenlicht gerade noch so durchscheinen lassen, aber nichts von aussen zu erkennen geben. Ausserdem fällt mir auf, dass sich durch die Sonneneinstrahlung eine starke Hitze innerhalb des Treppenhauses entwickelt, wodurch ich allmählich ein wenig ins Schwitzen komme. Bevor ich mich zum Abstieg begebe, lasse ich meinen Blick noch über die zurückgelegte Strecke schweifen und geniesse ein letztes Mal den Ausblick über die Bahngleise.
Raumbeschreibung Kapellbrücke von Nina Bachmann
Mitten in Luzern, kaum zu übersehen, befindet sich das Wahrzeichen der Stadt Luzern, die Kappelbrücke. Das Postkartenmotiv vermittelt mir ein Gefühl von Schweizer Tradition und Heimat.
Als Luzernerin kenne ich die Kappelbrücke sehr gut, doch habe ich sie noch nie so wahrgenommen wie an diesem Tag.
Von weitem betrachtet verbindet die mittelalterliche gedeckte Holzbrücke das rechte mit dem linken Reussufer. Der massive Wasserturm ist mit seinem achteckigen Grundriss von weitem der auffälligste Teil der Kapellbrücke. Trotzdem wirkt die Brücke nicht mächtig, sondern fügt sich mit Ihrem Spiegelbild im Wasser gekonnt in die Landschaft und in das Luzerner Stadtbild ein.
Beim Besteigen der Treppe knarrt es nicht beim ersten Schritt, aber man merkt, dass man von der harten Betonstrasse auf einen weichen Holzgrund auftritt. Oben angekommen, fällt das alte rustikale Skelett der Brücke auf. Versucht man ans andere Ende der Brücke zu blicken, entsteht ein Gefühl von einer schlangenartigen Form, die auf dem Wasser schwebt. Beim langsamen Weitergehen entsteht von der repetitiven Baustruktur die Illusion, man könne über die Brücke bis in die Unendlichkeit gehen.
Kurz nach 17 Uhr erzeugt die Herbstsonne ein unglaubliches Schattenspiel. Neben dem einfallenden Licht durch die vielen Öffnungen erzeugt die Spiegelung der Sonne auf dem Wasser ein schönes reflektierendes Muster an der Decke. Noch hat es genügend Licht die alten kunsthistorischen Dreieckbilder im First der Brücke zu bestaunen. Sie zeigen Bilder aus der Bibel, dem Leben der Stadtheiligen, der Landesgeschichte und dem Totentanz. Neben den dreieckigen Kunstwerken wird durch den alten und neuen Teil der Brücke klar, wie historisch dieses Bauwerk ist. Doch geht die Sonne unter, so wird es langsam dunkel auf der Brücke . Die indirekte Beleuchtung sorgt für schimmerndes Licht, um die Dreieckbilder betrachten zu können und die Brücke zu passieren. Trotz der Innenbeleuchtung der Brücke verschiebt sich mein Fokus auf die umliegenden beleuchteten Gebäude, wie zum Beispiel die Jesuitenkirche. So verliert das Innere der Brücke in der Nacht an Reiz. Das skelettartige Gerüst mit seinem Charme tritt in den Hintergrund. Vom Reussufer betrachtet steht die Brücke wie bei Tageslicht im Fokus. Sie ist optimal durch Scheinwerfer beleuchtet und fasziniert den Betrachter.
Auf einer hölzernen Bank nehme ich platz und lasse den Raum auf mich wirken. Der Geruch des Holzes und der Blumen, die die Brücke von aussen schmücken, steigt mir in die Nase. Durch die Öffnungen strömt frische Luft mit einer kleinen Brise herein. Die Geräusche der Passanten werden lauter und wieder leiser. Durch die Laufschritte erklingen verschiedene Geräusche des Altbaus – Knarren, Quietschen wie dumpfe und hohe Klänge. Einheimisches Schweizerdeutsch aber auch Fremdsprachen sind zu hören. Im Hintergrund das Rauschen der Reuss.
Es kommt mir vor wie in einem Bienenschwarm und trotzdem entstehen immer wieder ruhige Momente. Diese lassen die Zeit kurz stehen. Menschen halten an und blicken durch die vielen Öffnungen auf das fliessende Wasser der Reuss. Der Blick schweift von der Promenade der Altstadt, zur Jesuitenkirche bis auf die andere Seite. Je nach Sicht kann der Blick auf den Pilatus genossen werden. So bildet jede Öffnung ein Fenster mit seinem eigenen Postkartensujet. Vermutlich ist die Kappelbrücke auch deswegen so ein beliebtes Fotoobjekt.
Ich gehe noch ein paar Schritte und steige dann die Treppe auf der anderen Seite der Brücke hinunter. Noch einmal betrachte ich staunend die Kappelbrücke in der Abenddämmerung.