Crowdwork und Schwarzarbeit – aktueller denn je

Crowdwork und Schwarzarbeit – aktueller denn je

Autor: Sheron Baumann

Hochschule Luzern - W Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter
sheron.baumann@hslu.ch
Von Sheron Baumann

So genannte «Gig-Worker» oder «Crowdworker» arbeiten nicht erst seit der Coronakrise intensiv von zuhause aus. Sie verkörpern eine neue Arbeitsform der «Gig-Economy» oder «Plattformökonomie», welche die Digitalisierung mit ihrer einhergehenden Neuordnung des Arbeitsmarkts auf lokaler und globaler Ebene ermöglicht hat. Das virtuelle Arbeiten bietet auch viel Potenzial für die Zunahme von Schwarzarbeit.

Crowdworking-Plattformen wie upwork, Amazon Mechanical Turk, Fiverr und andere stellen seit einigen Jahren eine zunehmend beliebte Möglichkeit zum Angebot und der Nachfrage einer sich ständig verbreiternden Palette an digitalen und physischen Dienstleistungen dar. Ob Web- und Grafikdesign, Übersetzungen, wissenschaftliches Schreiben, Softwareentwicklung Microjobs von repetitivem Charakter, Dank den Plattformen können «Virtual Workers», wie die Gig-Worker auch genannt werden, ihre Dienstleistungen über Grenzen hinweg kostenlos anbieten und Nachfragerinnen und Nachfrager haben die Möglichkeit sich den geeigneten Anbieter bzw. die geeignete Anbieterin in einem globalen Markt auszusuchen. Dabei werden von Unternehmen oft Arbeiten bzw. Dienstleitungen ausgelagert, die nicht zu ihren Kernkompetenzen gehören.

Die Vermittlungstätigkeit der Plattformen nimmt mit der wachsenden Gig Economy laufend zu. Das Beispiel Crowdguru vermittelt schon seit einiger Zeit mehr als 15 Millionen Projekte und Aufgaben pro Jahr. Der Online Labor Index (OLI) der Universität Oxford, welcher die globale Auftragsvergabe auf den fünf grössten englischsprachigen Plattformen misst, erreichte per Ende April 2020 einen Stand von gut 150 Punkten. Das so gemessene Volumen an verrichteter Arbeit wuchs in knapp zwei Jahren um 50 Prozent. Die Schweiz nimmt gemäss dem OLI Platz 13 beim virtuellen Arbeiten ein. Die drei wichtigsten Tätigkeitsfelder für Crowdworker sind hierzulande Software Entwicklung, Kreativ- und Multimediaarbeit sowie Büroarbeiten und Datenerfassung. Auch die Gewerkschaft syndicom hat das Wachstum der Gig-Economy untersucht und gab bekannt, dass hier rund zehn Prozent der Bevölkerung mindestens einmal wöchentlich als Crowdworker tätig sind. Gigwork ist somit stärker verbreitet, als das nach gleicher Methodik in Grossbritannien, Österreich, Schweden, Deutschland und den Niederlanden gemessen wurde. Rund 125‘000 Personen in der Schweiz sollen ihr ganzes Einkommen und weitere 261‘000 Personen mindestens 50 Prozent ihres Einkommens durch irgendeine Form von Crowdwork erzielen. Über die Höhe der dabei erzielten Einkommen ist allerdings nichts bekannt. Die Tatsache, dass zwischen fünf und zehn Prozent der Befragten in anderen europäischen Ländern keine Angaben zum durch Crowdwork erzielten Einkommen machen wollen, lässt aber auf nicht unerhebliche Beträge schliessen.

Während die Plattformökonomie den Gigworkern und ihren Kundinnen und Kunden durch ihre Grenzenlosigkeit und den einfachen Zugang eine grosse Flexibilität bietet, erlaubt sie es gleichzeitig, die in der Schweiz mit dem Bundesgesetz über die Schwarzarbeit eingeführten, physischen Instrumente der Kontrollorgane zu umgehen. Die Gig-Economy funktioniert nämlich grösstenteils elektronisch und als Resultate des virtuellen Arbeitens werden häufig nur bearbeitete Daten um den Globus geschickt. Auf den physischen Transport von Gütern oder gar Personen ist sie nicht angewiesen Die meisten auf dem Markt auftretenden Plattformen verstehen sich, wie bekannterweise Uber, nicht als Arbeitgebende und überlassen Sozialversicherungsfragen den Crowdworkern. Auch im Verständnis der auslagernden Unternehmen entstehen nur Werkaufträge, welche von Selbständigen, oft als Freelancer bezeichnet, erfüllt werden.

Wenn die Crowdworker das Einkommen aus dieser Form der selbständigen Erwerbstätigkeit nicht deklarieren, entsteht Schwarzarbeit, bei der Instrumente der schweizerischen Schwarzarbeitskontrollorgane versagen. Sie sind auf vor Ort durchführbare Kontrollen der Einhaltung von Melde- und Bewilligungspflichten im Sozialversicherungs-, Ausländer- und Quellensteuerrecht ausgelegt und wirken im Gegensatz zur Gig-Economy geradezu archaisch.

Das Kompetenzzentrum Management & Law möchte sich deshalb stärker mit der Frage auseinandersetzen, wie selbständige Crowdworker/Freelancer in der Schweiz dazu gebracht werden können, sozialversicherungs- und einkommenssteuerkonform abzurechnen. Da wegen der verschärften wirtschaftlichen Situation nach der Coronakrise die Suche nach günstigen Virtual Workers weltweit zunehmen wird, ist die Frage aktueller denn je.

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