Die Kultur und das Virus – Eine Chance für digitale und analoge Innovation

Mit der Covid-19-Krise hat ein Umdenken stattgefunden, welches die Kultur- und Kreativbranche nachhaltig und – durchaus positiv – prägen könnte. Im seinem Artikel zeigt Jörg Weidmann auf, dass die Branche endlich als Wirtschaftszweig ernst genommen wird. Zudem ist man sich vermehrt bewusst geworden, dass Kultur die Gesellschaft zusammenhält.  Der Lockdown hat die Kultur definitiv ins digitale Zeitalter geschleudert. Kann aber virtuelle Kultur überhaupt die reelle ersetzen? Ist es richtig, dass der durch die Krise ausgelöste digitale Schub nun hauptsächlich kostenlose Angebote geschaffen hat? Und wie wollen wir künftig Kultur erleben? Der ganze Artikel hier

14 Gedanken zu „Die Kultur und das Virus – Eine Chance für digitale und analoge Innovation“

  1. Ich finde den Artikel von Jörg Weidmann sehr spannend und bin in den meisten Punkten mit seinen Beobachtungen einverstanden.
    Auch ich habe die Erfahrung machen müssen, dass der Konsum von digitaler Kultur die analoge nicht ersetzt. Nach anfänglicher Freude über all die innovativen kostenlosen digitalen kulturellen Angebote, musste ich feststellen, dass eine gewisse Ermüdung und Überforderung eintrat. Hinzu kam, dass das digitale Erlebnis das analoge nicht ersetzen konnte. Die virtuelle Führung durch eine Galerie konnte mich nicht berühren. Ich habe die Bilder nicht gespürt, die Energie ihrer Farben nicht wahrgenommen.
    Des weiteren meint Jörg Weidmann, dass es nicht verständlich sei das die digitalen Kulturangebote kostenlos seien. Damit bin ich grundsätzlich einverstanden. Ich denke aber es handelte sich mit dem Corona Lockdown um eine ausserordentliche Situation und die Kulturschaffenden hatten wohl ihre Gründe für das Gratisangebot. Sie wollten sich vielleicht solidarisch zeigen und etwas Ablenkung und Trost oder Freude spenden. Vielleicht versprachen sie sich auch ein neues Publikum auf diese digitale Art zu erreichen. Ich würde meinen, dass das kostenlose Angebot nur eine temporäre Sache war, und sich mit der Rückkehr zur Normalität zu einem grossen Teil wieder auflösen wird.
    Auch ich bin der Meinung, dass es sich bei kulturellen Veranstaltungen um Qualität und nicht Quantität handeln sollte. Das Ziel sollte nicht in jedem Fall das Erreichen eines möglichst grossen Publikums und möglichst grosser Einnahmen sein, sondern die Qualität des kulturellen Angebots auf einem hohen Niveau zu halten. Dies könnte bedeuten für die Zukunft auf kleinere Veranstaltungen zu setzen.
    Ich fände es ebenfalls gut wenn das Positive der letzten Monate, die vielen guten digitalen Innovationen im Kulturbereich, weiterbestehen würden und sich mit den analogen Innovationen im Kulturbereich vermischen würden, sodass sie sich gegenseitig ergänzen. Oder nebeneinander weiter bestehen. Ich denke es wird sich in den nächste Monaten und Jahren zeigen in welche Richtung die Entwicklung geht.

    1. Das grosse Problem mit dem digitalen Angebot sehe ich darin, dass das Angebot sehr gross ist und dass dich der interessierte Besucher in diesem „Angebots-Dschungel“ gar nicht mehr zu recht findet. Wie werden diese Angebot vermarktet und wie erreiche ich mein Zielpublikum? Für mich stellt sich diese Frage, nebst dem Einkommen der Kulturschaffenden. Da ist noch grosse Kreativität gefragt, sollte sich die Kulturlandschaft dahingehend verändern.

  2. Ich stimme dem Artikel von Jörg Weidmann und dem Kommentar von Tina Müller in vielen Belangen zu. Der Corona-Virus hat nochmals sehr deutlich aufgezeigt, was eigentlich schon lange auf der Hand lag, viele Angebote aus dem kulturellen Bereich sind noch nicht im Hier und Jetzt angekommen.

    Vielen Museen, Galerien oder auch Theater etc. ist noch nicht klar, wie sie sich «digitalisieren» sollen oder wollen. Sie haben kein Konzept und kein Ziel. Daher fand ich es persönlich nur fair, dass viele der Angebote während der Krise gratis waren. Als Beispiel: Ein bekanntes Museum in Basel macht einen Live-Stream mit einer Führung. Während der Führung wird die Kamera falsch gehalten und man muss den Kopf immer geneigt halten. Obwohl viele im Stream geschrieben haben, bitte Kamera so und in die Richtung, es klappte nicht. Und dies ist nur ein Beispiel von vielen. Dafür will ich kein Geld ausgeben.
    Daher sehe ich die Corona-Zeit als eine digitale Spielwiese für die Kultur und bin sehr froh, dass viele Institute und Kulturschaffende dies einfach mal ausprobiert haben!

    Ob das jetzt ein Überangebot war oder nicht, kann ich nicht beurteilen. Ich weiss, was ich sehen will und was nicht, oder wo ich reinschnuppern möchte und wo nicht. Daher hat für mich das Überangebot auch seine Berechtigung. Die Kultur soll ja für jeden etwas bereithalten können.

    Die Digitalisierung der Kultur kann vor allem auch neue Zielgruppen erschliessen. Es gibt viele Menschen, die sich keine Konzertkarten, Museumseintritte etc. leisten können. Aber sie wären vielleicht dazu bereit, die Hälfte eines Eintrittes zu bezahlen, wenn sie dafür eine Führung als Live-Stream sehen können. Genauso mit einem Konzert.

    Natürlich ist es anders, wenn man die Atmosphäre oder die Farben vor Ort auch physisch erleben kann. Aber dies sagen wir, weil wir es nur so kennen. In einer Zeit, in der immer alles mehr visualisiert und digital konsumiert wird, muss ein Umdenken stattfinden. Hier müssen die richtigen Formate geschaffen werden. Dann wird Kultur auch ohne physische Anwesenheit ein Genuss. Siehe die «Van Gogh Alive»-Ausstellung. Nicht ein Original von ihm hängt dort. Doch das Zusammenspiel aus Musik, den Projektionen und den Farben ist genial. Dies lässt sich auch in kleineren Räumen entwickeln, sogar zu hause.

    Auch bei der Digitalisierung soll die Qualität im Mittelpunkt stehen und genau darum ist es schon längstens Zeit, dass sich die Kultur da Gedanken machen muss. Wenn die Formate gut sind und einem wirklich etwas bieten, dann werden die Menschen dafür zahlen.

    Mein Fazit: Die Kulturschaffenden haben nun gesehen und erfahren, was es heisst, wenn man die Digitalisierung ausschliesst oder sie nur für ein oberflächliches Phänomen haltet. Jetzt muss die Zeit genutzt werden, um digitale und auch analoge Innovationen auf den Weg zu bringen. Und zwar mit all ihren Möglichkeiten, egal ob miteinander, nebeneinander oder nur digital.

  3. Der Artikel von Jörg Weidmann und die Anmerkungen meiner beiden Vorgängerinnen, Tina Müller und Graziella, sind sehr interessant und zeigen schnell eine Art Diskurs auf. Kultur ist individuell und regt zum Austausch an. Das Corona-Virus hat in diesem Punkt ganze Arbeit geleistet.
    Die Menschen reden miteinander, übereinander, vielleicht aneinander vorbei? Das Netz läd dazu ein seine Meinung zu vertreten und sein individuelles Kulturerleben und -verständnis zu schaffen. Das dies nicht immer überall gleichgut ankommt ist eigentlich nur natürlich.

    Die vergangenen Monate haben meines Erachtens eigentlich nur das zu Tage gefördert, was bisher immer schon da gewesen ist, was jedem unbewusst bewusst war, aber eben nicht aktiv erlebt wurde. Es war vieles selbstverständlich, sozusagen einfach da. Das Erleben, die Wahrnehmung, das Feeling, die Möglichkeiten – das alles fehlt jetzt. Wir sind in gewisser Weise in unserer Freiheit die Möglichkeiten unserer Identität, Kreativität und des Erlebens beschnitten worden und mussten uns damit arrangieren, das was wir bisher kannten, auf neuen Wege wieder zu entdecken.

    Die Verlagerung von dem was uns greifbar und real erscheint zur digitalen Welt, wo wir über Bildschirme und Bilder kommunizieren, ist nicht jedem leicht gefallen und zeigt mir persönlich nicht nur die Grenzen des Realen auf, sondern auch meine eigenen. Es stellt mich vor die Herausforderung aktiv im Web unterwegs zu sein, um mir den kulturellen Input zu holen, den ich für mich brauche.
    Ich denke, ebenfalls wie Graziella und Tina Müller, dass die Kulturbranche diesen Schritt gebraucht hat, um zu erkennen, dass Online eine ganz eigene, aber etwas andere Welt wartet, die ergänzend zu dem was es bisher gibt, genutzt werden kann.

    Für mich muss Kultur verständlich, aber greifbar sein. Ich muss es fühlen, riechen, erleben und ich brauche die sozialen Interaktionen und Begegnungen als grenzüberwindende Funktion. Kultur ist für mich integrativ, identitätsfördernd und bildend, aber es ist manchmal eben auch nur schön. Für mich muss Kultur diese Aspekte weiterhin behalten. Durch die Digitalisierung können jedoch die Neugier geweckt und das Erlebte erweitert werden.

    Ob die Coronakrise nun aber die Wertschtzung für die Kultur hervorgehoben hat finde ich schwierig zu sagen. Ich würde sagen, die Wertschätzung hat weder zu noch abgenommen, aber dass es gewertschätzt werden sollte und, dass die Kultur in der Gesellschaft eine grössere Rolle spielt als bisher angenommen, das ist auf jeden Fall bewusster geworden. Ich bin nicht einverstanden damit, dass die Kultur selbstverständlicher werden muss, die Kultur muss bewusster werden und sollte dennoch etwas Besonderes bleiben.

  4. Die Gedanken von Jörg Weidmann und meinen Kommilitoninnen gehen weitgehend dahin, dass die Zukunft der Kultur ganz klar auch eine digitale ist. Ein guter Mittelweg aus analogen und digitalen Angeboten wird wertgeschätzt. Dass Kultur sinn,- identitätsstiftend, bildend und gesellschaftsvereinend ist, versteht sich von selbst.
    Was nicht ausser Acht zu lassen ist, ist die Frage nach der Erreichbarkeit und Zugänglichkeit der Kultur. Wichtig ist ein niederschwelliger Zugang zu kulturellen Angeboten, ob das gratis oder nicht sein soll, sei dahingestellt und bedarf einer anderen Diskussion. Vielmehr geht es darum, dass alle Bevölkerungsschichten Zugang haben, wie Jörg Weidmann konstatiert. Hier scheiden sich die Geister, da meiner Meinung Kultur (immer noch) nicht für alle erreichbar ist, sei es aus finanziellen oder aus anwendertechnischen Gründen. Hier spielen für mich die Kulturvermittler eine grosse Rolle, um die Kultur zu allen Bevölkerungsschichten zu bringen, indem sie z.B. die ältere Generation mit digitalen Angeboten vertraut machen oder auch Migrant/innen, die aufgrund der sprachlichen Barrieren keine Zugang finden. Dies wurde nun auch in der Corona-Krise deutlich; die Personen, die in der Lage waren, weiterhin kulturelle Angebote auf einem digitalen Weg zu konsumieren, konnte das tun, andere hatten diese Möglichkeit nicht.
    Um der Einsamkeit zu entfliehen und mit anderen in Kontakt zu treten, gab es in Italien die Balkonkonzerte, die direkt ins Herz gingen und von vielen nachgeahmt wurden. So wurde Kultur mit Demut erlebt, über Landesgrenzen hinweg.

    1. Der Hinweis, dass Kultur auch im kleinen Rahmen stattfinden und allen Bevölkerungsschichten zugänglich sein sollte, finde ich von Bianca sehr wichtig. Ich habe jetzt die Erfahrung gemacht, dass auch die kulturellen Ereignisse im täglichen Miteinander in einer kleinen Gemeinde sehr wichtig sind. Die „Dorfgemeinschaft“ fällt auseinander, wenn diese nicht mehr stattfinden. Der Jassclub mit der älteren Generation, die Sportveranstaltungen der Vereine, der wöchentliche Markt etc. sind ein wichtiger und grosser Bestandteile der Gesellschaft. Kulturelle Anlässe sind so selbstverständlich geworden, dass die Corona-Krise uns erst die Augen wieder geöffnet hat, was alles wegfällen kann…

  5. Der Artikel von Jürg Weidmann trifft in den meisten Punkten auch meine Sichtweise. Die Kulturvielfalt in den digitalen Medien war in den vergangenen Wochen war sehr gross. Das Angebot hat mich persönlich schon fast „erschlagen“. Die Qualität der Konzerte war jedoch meistens sehr gut und hat viele Interessiert erreichen können. Heute besitzt jeder ein Smartphone oder einen Computer und somit waren und sind die Darbietungen für jedermann zugänglich. Das Anliegen von Bianca, dass Kultur allen Bevölkerungsschichten zur Verfügung stehen sollte, wäre mit den digitalen Medien leichter zu erfüllen. Ich finden diesen Weg für die Zukunft sehr interessant und sollte weiter ins Auge gefasst werden. Nur… von was leben dann die Kulturschaffenden? Es müsste einen Weg geben, der auch ihr Einkommen sichert.
    Jedoch… an einem kulturellen Ereignis physisch teilzunehmen ist durch keinen Stream zu ersetzen. Das „zusammen“ erleben, das Begegnen mit Gleichgesinnten und das Spüren mit allen Sinnen macht ein kulturelles Erlebnis erst zu etwas Speziellen. Erinnerungen machen unser Leben erst lebenswert und Erinnerungen an einen Stream sind eben nicht dasselbe, wie das Erleben vor Ort. Das Erleben an einem Ort (Konzert, Ausstellungen etc.) ist mehr als nur die Darbietung selber, sondern auch das gesellschaftliche Miteinander, dabei entstehen Begegnungen und diese sind im Stream nicht gegeben. Die Spontanität und die Emotionen, die dabei entstehen sind ein Bestandteil an das Gehörte oder Gesehene und machen ermöglichen ein „Erleben“ miteinander.
    Die Folgen der Corona-Zeit haben auch gezeigt, wie wichtig die Kultur für unsere Gesellschaft ist. Ich glaube, dass sich der eine oder andere gar nicht bewusst waren, was alles nicht mehr täglich – was sonst so selbstverständlich ist – verfügbar ist und wie sehr uns die Kultur bereichert.
    Viele Branchen haben so sehr unter der Corona-Zeit gelitten und werden noch weiter massiv darunter leiden. Die Art in Basel wurde gestern def. abgesagt… eine Katastrophe für die Hotellerie in Basel. Auch renommierte Hotels wie das 5 Sterne Hotel Les Trois Rois haben mit solchen Situationen sehr zu kämpfen und bereits Personal entlassen müssen. Zudem wird sich zeigen, wie grosse Konzerthallen mit dieser Situation umgehen müssen, sollte das Konzertverbot noch länger andauern. Ich befürchte, dass die Vielfalt darunter leiden wird, auch in der Clubscene. Es ist zwar so, dass es in der Schweiz schon länger ein Überangebot von Veranstaltungen gibt. Der Festivalsommer hat sich selber angefangen zu kanibalisieren, so dass viele Festivals mit ihren Besucherzahlen zu kämpfen hatten um weiter bestehen zu können. Diese Situation wird sich in Zukunft möglicherweise von selber regeln. Schade fände ich es aber, wenn schlussendlich nur noch die grossen Konzert- und Festival-Veranstalter die Scene bestimmen würden und somit den Markt und letztendlich auch den Ticketpreis massgeblich beeinflussen würden. Kleinkunst und die grosse Kulturereignisse sollen weiter die Kulturlandschaft mitprägen. Das macht mir ein bischen Sorgen, aber wir werden es sehen… und bleiben positiv.

  6. Ein spannender Text, der uns Jörg Weidmann hier liefert und tatsächlich einiges an Diskussionsmaterial mit sich bringt. Wie er und meine Mitstudierenden, die sich bereits zu diesem Text geäussert haben, bin ich der Meinung das zukünftig die Kultur auf beiden Ebenen, digital wie analog gefördert werden soll. Auch ich habe die Erfahrung gemacht, dass das Übertragen der Kultur in den virtuellen Raum nicht ohne Verlust gelingt. Das Erleben der Kunst war nicht gleich erfüllend, wie wenn man sie live und direkt erleben darf. Kultur braucht tatsächlich Raum, Begegnung, gemeinsames Erleben, Nähe, Dimension, Beziehung, Gänsehaut, Aufmerksamkeit, soziales und kollektives Erleben und Emotionen. All diese Eigenschaften sind auf dem digitalen Weg schwierig zu transportieren. Ich vertrete auch die Meinung, dass Kultur im digitalen Raum nicht ersetzt, sondern lediglich erweitert werden kann.
    Das Virtuelle Kunstangebot hat auch seine interessanten und zukunftsweisenden Seiten, indem die kulturelle Teilhabe und die Partizipation sehr einfach und effektiv umzusetzen sind und ein niederschwelliger Zugang für eine breite, jedoch nicht ganzheitliche Bevölkerungsschicht möglich wird. So werden vor allem Jugendliche und Kids via soziale Medien und kulturelle Influencer abgeholt und mit der Kulturlandschaft in Berührung gebracht. Sie sind von der digitalen Welt sehr angetan und nutzen diesen für kreatives Schaffen, Austausch und Verbreitung. Wichtige Aspekte, wenn man berücksichtigt, dass die Kinder und Jugendlichen von heute die Konsumenten oder Kulturschaffenden der analogen Kulturanlässe von morgen sein werden.
    Doch wie Bianca richtig einwendet, ist das digitale Kulturangebot längst nicht für alle Generationen und soziale Schichten erreichbar. Älter Generationen sowie Migranten müsste durch Kunstvermittler in die Welt der digitalen Künste eingeführt werden. Nur so wird das digitale Kulturerlebnis für alle Schichten geöffnet.

    Allgemein haben wir während der Corona-Krise alle feststellen müssen, dass die Kultur ein wichtiger Bestandteil unseres Daseins ist. Der Wegfall der kulturellen Anlässe hat unseren neuen Alltag in verschiedenen Bereichen eingeschränkt und verändert. Ich bin mir sicher, dass sich viele der Bedeutung der Kultur bewusst geworden sind und ich hoffe, dass dieser zukünftig als Ganzes eine grössere Wertschätzung entgegengebracht wird. Oder um es mit Jörg Weidmanns Worten zu sagen:
    «Kultur stärkt und hält die Gesellschaft zusammen – ein immenser Nutzen, der nicht mit Geld messbar ist.»

    1. Die digitale Transformation ist nicht mehr aufzuhalten und hält auch in der Kultur Einzug . Dein Input Seraina, dass vor allem Jugendliche und Kids die neuen Medien nutzen, teile ich. Der Konsum ist riesig. Es gilt jetzt auch andere Interessierte für Kulturangebote auf den neuen digitalen Kanälen zu gewinnen und zu begeistern. Dabei ist mir noch der Gedanke gekommen, dass bei dem grossen Angebot vor allem auch die Qualität nicht darunter leiden soll. Der Konsum soll nicht im Vordergrund stehen, sondern das Erleben.

  7. Den Artikel von Jörg Weidmann fand ich sehr spannend, da ich mich tagtäglich mit diesen Themen beschäftige und viele verschiedene Meinungen über Wertschätzung, kostenlose Kultur während Corona, Digitalisierung und Live-Erlebnissen zu hören bekomme.

    Vielen erwähnten Punkten, welche auch von meinen Mitstudentinnen aufgenommen wurden, stimme ich zu.

    Sehr spannend fand ich während dieser aussergewöhnlichen Zeit die Digitalisierung der Kultur. Ich sah sie in den letzten Monaten als Raum für Improvisationen und zum Ausprobieren neuer Formen an. Alles konnte (mit mehr oder weniger Aufwand) getestet, hochgeladen und neugedacht werden. Die Menschen mussten aus ihrem alltäglichen Denken herauskommen und sich neue, kreative Ideen einfallen lassen. Mir gefällt die Kreativität, die plötzlich viel sichtbarer wurde.

    Schnell wurde aber auch klar, dass ein Online-Angebot nicht das Live-Erlebnis ersetzen kann. Und das ist auch gut so. Wie Sonja bereits erwähnt hat, braucht Kultur diesen Erlebnis-Charakter. Online-Angeboten fehlt dies grösstenteils.
    Dies war vielleicht bei vielen ein Grund, Kulturangebote in dieser Zeit kostenlos zur Verfügung zu stellen. Trotz der Schliessung will man aktiv bleiben, dem Publikum etwas bieten und vielleicht sogar neue Menschen ansprechen. Auch solche, die davor keinen Zugang hatten? Nicht zu vernachlässigen ist jedoch der Aspekt, den Bianca und Seraina erwähnt haben: Der Zugang zu Online-Angeboten ist vielleicht für einige leichter. Schliesst jedoch andere aus!

    Auch die Frage der Wertschätzung verstehe ich gut. Ein Online-Angebot kostenlos zu machen ist keine Selbstverständlichkeit. Schon gar nicht unfair, wenn man dafür Geld verlangen will. Viele Projekte, Aufführungen, Konzerte und Veranstaltungen wurden abgesagt, viele Gagen, Löhne, Engagement blieben aus. Und dass die 250 Millionen Franken nur ansatzweise reichen werden, ist zu bezweifeln.

    Ich find es gut, dass wir nun alle beginnen, uns mit der Digitalisierung auseinanderzusetzen. Die positiven Erfahrungen sollten genutzt werden, um Ergänzungen (auf der digitalen Ebene) in die Kultur einzubauen.

  8. Ich muss zugeben, dass ich aus diesem Lockdown nicht gerade mit grossem Optimismus entsteige. Ich kann Jürg Weidmanns Ausführungen deshalb nur beschränkt zustimmen. Anfänglich hatte ich das gute Gefühl, dass die Krise eine Chance sein könnte für die Kulturbranche und sich Möglichkeiten zeigen werden, die Digitalisierung sinnvoll zu nutzen und neue spannende Angebote zu kreieren. Bei mir und bei vielen anderen hat sich aber schnell Ernüchterung eingestellt. Die neuen digitalen Formate wie Konzert-Live-Streams oder digitale Führungen durchs Museum fand ich ca. 2 Wochen interessant, danach war ich aber schnell gelangweilt ob der immer gleichen Ideen und des grossen Angebots. Ich stimme mit Josephine überein: die digitalen Formate können Neugierde wecken, das ist richtig und wichtig! Schnell hat sich aber gezeigt, dass das Digitale das „real time“ Kulturerlebnis, das mit den Sinnen erlebt wird, nicht im Ansatz ersetzen kann. Musik muss gespürt und erlebt werden. Eine Gitarre hört man nicht nur im Ohr, sondern man spürt sie auch im Bauch. Und was die digitalen Führungen anbelangt: wenn ich mir ein Van Gogh-Gemälde digital anschauen will, dann kann ich es auch googeln. Ist in etwa das gleiche Erlebnis. 🙂 Konzert-Live-Streams bspw. können aber gut funktionieren, wenn ich ein bereits besuchtes Konzert nochmals erleben und Erinnerungen hervorrufen möchte.

    Es entstanden aber auch schöne Initiativen in der Krise. Ziemlich am Anfang des Lockdowns hat beispielsweise die Zürcher Musikerinnen Nadja Zela das SRF in einem Essay aufgefordert, mehr Schweizer Musik zu spielen, auf allen Radiostationen. Dass SRF 3 musikalischen Einheitsbrei spielt und immer nur die gleichen 10 eh schon erfolgreichen Schweizer Künstler gespielt werden, muss ich wohl nicht extra erwähnen. Die Idee Zelas war nicht nur das Bewusstsein für Schweizer Musikschaffen in der Gesellschaft zu stärken, sondern auch, dass die Künstler so etwas an den damit generierten SUISA-Urheberrechtsabgaben verdienen können. Immerhin einen Tropfen auf den heissen Stein. Das Essay hat Wirkung gezeigt: SRF hat ihre Playlist einige Tage später komplett umgestellt und viel mehr Schweizer Musik, auch von unbekannten Künstlern, gespielt.

    Was das Kultur-Hilfspaket des Bundes anbelangt war man anfänglich voller Freude: yeah, der Bundesrat arbeitet mit den Branchen- und Berufsverbänden/Künstlern zusammen und beteiligt sie an der Ausarbeitung des Hilfspakets für die Kultur. Das war auch löblich. Als es dann aber um die tatsächliche und pragmatische Umsetzung der Massnahmen für die Öffnung der Kulturinstitutionen gegangen ist bspw. wie diese jetzt vom 8. Juni mit den 300 Personen (pro Person 4 Quadratmeter Platz), sass keiner der Musiker-Berufsverbände wie Sonart oder Verbände wie Petzi (Verband der Schweizer Musikclubs und Festivals) oder SMPA (Branchenverband der professionellen Schweizer Konzert-, Show- und Festivalveranstalter) am Tisch. Sie wurden mit einer ausgearbeiteten Regulierungs- und Massnahmenkatalog konfrontiert, die sie nun anhand von individuellen Schutzkonzepten umsetzen müssen. Wie diese dann genau aussehen werden, ist vielen noch nicht wirklich klar.

    Hat in der Gesellschaft wirklich ein Umdenken stattgefunden was die Wertschätzung der Kultur anbelangt? Klar, die Berufsverbände und Personen wie Christoph Trummer haben einen super Job gemacht und konnten auf politischer Ebene enorm viel ausrichten! Aber hat Heiri Müller aus Ebikon nun wirklich eine bessere Meinung von Kulturschaffenden als vor der Krise? Das denke ich nicht. Für Leute, die sich eh schon für Kultur interessiert haben, mag das vielleicht zutreffen. Aber für jene, die Kultur bis anhin kritisiert haben, ist vermutlich noch ein Grund mehr hinzugekommen, diese kritisch zu beäugen. Bspw. habe ich auf der Strasse schon den Spruch gehört: „Die, die das Geld eh schon in den A**** geschoben bekommen (aka Kulturschaffende), kriegen nun noch mehr. Und wir normalen einfachen Geschäftsleute mit eigener Firma gehen wiedermal leer aus.“. Diese „immer gehe ich leer aus“-Jammer-Haltung hat sich auch gezeigt bei den grossen (wohlgemerkt kommerziell ausgerichteten) Musik-Agenturen. Diese spannten zusammen um sich gemeinsam für eine finanzielle Beteiligung am Hilfspaket zu engagieren. Zitat: „kann ja nicht sein, dass nur die Clubs und Festivals profitieren, die eh schon alle subventioniert sind. Wir wollen auch unseren Anteil“.

    All diese Erfahrungen lassen mich mit einem gewissen Zynismus zurück. Das Durchschnaufen, sinnieren und hinterfragen mag der Kulturbranche gut getan haben. Plötzlich war etwas weg, was man lange für selbstverständlich erachtet hat. Es entstanden Diskurse und Diskussionen. Ob dies alles zu einem Umdenken in der Kulturbranche oder der Gesellschaft geführt hat oder führen wird, wage ich jedoch zu bezweifeln. Mir scheint als ob die ganze Branche in den letzten Wochen/Monaten in einer gewissen „Schockstarre“ verharrt ist und abgewartet hat wie sich die Massnahmen des Bundesrats bzgl. Lockerungen entwickeln und eigentlich nur abgewartet wurde, dass hoffentlich bald wieder „courant normal“ herrscht.

    Aber vielleicht ist Veränderung ja doch möglich? Vielleicht muss zuerst die Energie und Freude, dass die Krise vorbei ist, bei uns allen wieder zurückkommen, damit sich der Optimismus einstellen kann Möglich ist es.

  9. Ein sehr interessanter Rückblick auf die Auswirkungen des Lockdown auf unser kulturelles Leben. Ich selber kann Jörg in vielen Hinsichten zustimmen. Insbesondere das Thema Digitalisierung hat mich persönlich beschäftigt.
    War ich es doch selber , der ebenfalls live streams durchgeführt hatte. In den ersten Wochen, wo alles so „neu“ und auf eine Art aufregend war, fand dies auch viel Anklang. Angefeuert von Nachbarn und Freunden merkten wir beim zweiten Stream, dass nur noch unsere engsten Freunde uns „unterstützten“. Der Hype war vorbei. Man hat sich an den Lockdown gewöhnt, an den Bildschirm, und wollte nicht nochmals 2h jemandem virtuell „zusehen“.

    Speziell in der Musik und Theaterbranche sehe ich den physischen Austausch als absolut unabdingbar. Die Digitalisierung mag – wie von Jörg erwähnt – die Kulturbranche ergänzen, jedoch wird sie dem Menschen nie das Erlebnis bieten können, welches man bei einem Live-Erlebnis hat. Ich durfte das persönlich erleben, als ich bei der Premiere des Kulturprojektes „Timeless“ dabei war. Timeless ist eine einzigartige Zeitreise, wo Konzertaufnahmen der Legenden aus den 60, 70 und 80ern mit Live-Konzerten Schweizer Künstler auf einer Bühne verschmelzen. Dies war genau so ein Beispiel, wo die Digitalisierung einem mehrheitlich jungen Publikum Kultur vermitteln konnte, welche schon unsere Eltern und Grosseltern live geniessen konnten. In nostalgischem Staunen schaute man den Legenden wie B.B. King, Carlos Santana oder Albert Collins zu und wurde direkt inspiriert, bei der Schweizer Live Band ‚The Two‘ dann das Tanzbein zu schwingen.

    In dieser Hinsicht sehe ich sehr viele Vorteile in der Digitalisierung für die Kulturbranche. Der kulturelle Wert für alles, was sie nicht ersetzen kann, wird für uns in der Gesellschaft durch Erfahrungen wie Corona nur noch mehr aufgewertet. Wir realisieren endlich, wie gut es uns tut, Kultur zu ‚konsumieren‘. Und da wo sie kann, ergänzt Sie die Kultur und gibt ihr die Möglichkeit, ein breiteres Publikum zu begeistern.

  10. Ich habe gestern eine interessante Doku auf 3sat gesehen. „Kreativ durch die Krise“. Dabei wurde sehr deutlich, dass die Digitalisierung eine gute Option für gewisse Künstler und Sportler ist, um auch weiter existieren zu können. Mir ist dabei sehr bewusst worden, dass ein „Künstler“ eben immer ein Künstler bleibt und sein kreatives Denken und Wirken auch nicht in einer Corona-Krise aufhört. Der Impuls weiter zu machen, nach kreativen Lösungen zu suchen und einen Weg zu finden, wo das künstlerische Wirken sichtbar wird, ist und wird immer da sein. Ich kann mir daher sehr gut vorstellen, dass durch die vielen Erfolge (Klicks) gewisser Künstlern der letzten Wochen die digitalen Medien mehr und mehr Einzug in die Kulturlandschaft erleben könnten…. vorausgesetzt man lebt auf der Sonnenseite im Leben und man hat Internetzugang um diese Medien zu nutzen….Schaut euch den Kurzfilm (30 Min.) doch mal an, wenn ihr kurz Zeit habt.
    https://www.3sat.de/kultur/kulturdoku/kreativ-durch-die-krise-100.html

  11. Da ich selber viele Künstler kenne, wurde ich regelrecht von Streaming-Angeboten überschwemmt, was in mir eher eine Reizüberflutung hervorgerufen hat. Ich habe mir einige Sachen angeschaut, habe aber gemerkt wie ich dann sehr schnell abgelenkt war, von meiner Katze oder der Türklingel…
    Ich geniesse Theater/Tanz/Musik/Kunst halt doch noch lieber analog, wo ich nicht wegschauen kann und wo ich «gezwungen» bin mich damit auseinander zu setzen. Am meisten gefreut habe ich mich allerdings über die «echten live Konzerte» die ich von meinem Balkon aus geniessen konnte. 

    Ich habe schon sehr früh mit Freunden über die Live-Streamings diskutiert und viele haben die Gefahr schon gerochen. Ja, die Kulturschaffenden werden oft belächelt und ich denke es ist nicht förderlich nun gratis Vorstellungen, Konzerte ect. «en masse» online zu stellen. Der Wert der Künstlerischen Arbeit wird somit meiner Meinung nach untergraben.
    Ich finde es natürlich schön, dass Künstler uns in einer Zeit der Krise etwas (zurück?) geben, allerdings finde ich es ärgerlich, wie es schon fast von den Künstlern erwartet wird! In Krisenzeiten finden es alle immer toll und prächtig was «diese Künstler» machen, und sobald alles vorbei ist, vergisst man sie leider wieder.
    Ich kenne Musiker die mir jedes Jahr sagen, dass der Monat Dezember der Monat ist wo sie am meisten auftreten könnten, jedoch auch der Monat wo Sie am wenigsten verdienen, weil es meist nur um Gratis Weihnachtskonzerte geht. «Was ihr wollt eine Gage? Wie überheblich, es ist ja schliesslich Weihnachten, das Fest der Liebe…»In der Corona Zeit war dies nicht anders. Zahlreiche Künstler waren anfangs sehr gewillt künstlerisch beizusteuern, mitunter weil die Politik versichert hat – den Künstlern wird geholfen! Der Gesellschaftliche Zusammenhalt war noch zu spüren, und schliesslich hält ja Kunst und Kultur zusammen! Spätestens als dann die erste «Corona-Abrechnung» kam, wurden viele Künstler leider auf den ernüchternden Boden der Tatsachen zurückgeholt. Eine Solidarität war hier leider nicht zu finden.
    Wie einige schon gesagt haben, hebt die aktuelle Situation nur stärker hervor was vorher schon war. Sei es in der Kultur, den Pflegeberufen oder der Gesellschaft.

    Trotzdem sehe ich wie viele von uns die Digitale Anpassung der Kultur als grosses Potenzial und vielleicht auch ein bisschen als notwendig. Unsere Welt wird immer digitaler, da sollte auch die Kultur einen Schritt in die digitale Welt wagen. Wie Laura schön gesagt hat, sehe ich die letzten Monate als Raum für Improvisationen und zum Ausprobieren neuer Formen. Ein vorfühlen für weitere Schritte. Die Reizüberflutung mit teils ähnlichen Formaten ist für mich leider noch nicht das «Endrezept» für die Digitalisierung der Kultur. Wie Sonja sagt, die Qualität sollte nicht leiden! Und schliesslich müssen qualitative Produktionen und professionelle Künstler auch finanziert werden.

    Ich frage mich was soll die Digitalisierung denn bewirken?
    Zum einen geht es sicherlich darum Menschen für die Kultur zu interessieren und durch ein digitales Angebot eine inklusivere Kulturlandschaft zu kreieren. Ich bin allerdings mit Martina einverstanden, viel verändert hat sich mit dem digitalen Corona-Angebot wahrscheinlich nicht. Menschen die vor Corona schon nicht kulturaffin waren, haben ziemlich sicher nicht plötzlich Interesse dafür entwickelt. Da muss, wie Sonja geschrieben hat mehr Kreativität und vielleicht auch mehr Strategie her. Die digitalen Angebote sollten nicht die analogen ersetzen, sondern vielleicht eher die «Defizite» der analogen Kultur ausgleichen oder beheben. Wie Seraina beschreibt, ist die Jugend fast ausschliesslich über Instagram ect abzuholen. Junge Menschen für Kunst und Kultur zu begeistern ist wichtig, denn diese Zielgruppe sichert schliesslich unsere kulturelle Zukunft. Die Digitalisierung der Kultur birgt hier grosses Potenzial. Zudem könnten Menschen mit starken sozialen Ängsten oder psychischen Einschränkungen die bislang von den «Live-Kultur-Angeboten» ausgeschlossen waren, durch ein ergänzendes digitales Angebot Kultur geniessen. Ein kulturelles Angebot für Gehörlose Menschen zu untertiteln wäre digital wahrscheinlich auch einfacher? Und eine Produktion/Stück/Konzert aus der Schweiz gleichzeitig weltweit zu streamen und dadurch zu promoten wäre natürlich eine super Chance.
    Sehr wichtig finde ich speziell Jörgs Erkenntnis, dass sich Kreativschaffende ABER auch Sponsoren, Mäzene, öffentliche und private Förderstellen gleichermassen daran beteiligen sollen. Genau da liegt der Knackpunkt! Nur wenn sich ALLE Kultur relevanten Parteien einbringen, kann diese wichtige, unausweichliche Entwicklung angetrieben werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert