22. November 2020

Sustainable Investments

Sustainable Investments Day 2020: Von Klimarisiken, nachhaltigen Themenfonds und den Erwartungen der FINMA

Sustainable Investments Day 2020: Von Klimarisiken, nachhaltigen Themenfonds und den Erwartungen der FINMA

Das Konferenzpublikum des «Sustainable Investments Day 2020» war auch dieses Jahr wieder begeistert. Am digitalen Anlass mit rund 100 Gästen trafen sich Asset Manager, Investoren, Bankberater, Serviceanbieter und Experten mit Interesse an nachhaltigen Investments. Zum Einstieg wurden die Ergebnisse der „IFZ Sustainable Investments Studie 2020“ (Autoren: Prof. Dr. Manfred Stüttgen und Brian Mattmann) präsentiert. Anschliessend folgten Referate hochkarätiger Experten von ISS-ESG, der Pensionskasse Stadt Zürich, BlackRock sowie der FINMA. Das Ganze wurde abgerundet mit Fragen aus dem Publikum und einer Panel-Diskussion.

Autor: Felix Seidel

Präsentation der IFZ Sustainable Investments Studie 2020. Nachhaltige Themenfonds
von Manfred Stüttgen und Brian Mattmann, Hochschule Luzern

Das Volumen nachhaltiger Publikumsfonds ist mit einem Wachstum von 60 Prozent zum Vorjahr auf CHF 316 Mrd. angestiegen. Der Anteil der „nachhaltigen“ am Gesamtvermögen Schweizer Publikumsfonds ist mit 5.5 Prozent allerdings weiterhin gering. Im gleichen Betrachtungszeitraum sind die Volumen konventioneller Publikumsfonds im Schweizer Vertrieb um 4 Prozent geschrumpft. Neben dem Volumen hat sich auch die absolute Anzahl an nachhaltigen Fonds zum Vorjahr von 582 auf 777 nachhaltige Fonds stark erhöht. Etwa ein Viertel des Wachstums ist durch ehemals konventionelle Fonds erklärbar, die im vergangenen Jahr von den Anbietern in nachhaltige Fonds umgewandelt wurden. Die Umwandlung von konventionellen Fonds in nachhaltige Fonds ist ein Phänomen, das dieses Jahr bei 73 Fonds beobachtet werden konnte, ein deutlicher Anstieg im Vergleich zu den Vorjahren.

In diesem Jahr untersuchte das Team des Instituts für Finanzdienstleistungen IFZ speziell nachhaltige Themenfonds, welche mit 184 der 777 nachhaltigen Fonds einen Viertel des untersuchten Universums ausmachen. Von 184 nachhaltigen Themenfonds nutzen rund 90 Prozent ESG-Strategien. Ein Drittel der nachhaltigen Themenfonds verspricht zudem einen positiven Impact auf Umwelt und Soziales.

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Abbildung 1: Starkes Wachstum im Markt für nachhaltige Publikumsfonds in der Schweiz

Dieses und weitere Themen wurden auch in den vier weiteren Präsentationen des «Sustainable Investments Day 2020» aufgenommen – siehe nachfolgend.

Management von Klimarisiken im Portfolio: Chancen und Grenzen
von Viola Lutz, Head of Investor Consulting, Climate Solutions, ISS ESG

«Vor 25 Jahren konnten sich Menschen noch dafür entschuldigen, zu wenig über den Klimawandel zu wissen oder dafür zu tun, heute haben wir keine Ausreden mehr», formulierte Viola Lutz zum Einstieg. Das Management von Klimarisiken im Portfolio ist relevanter denn je und rückt auch in diesem Jahr der Extreme wieder in den Fokus: Temperatur-Höchststände im Mai, verheerende Waldbrände und eine Temperaturmessung der Superlative in Death Valley bringen die Problematik erneut auf die Agenda. Mit hohen Eintrittswahrscheinlichkeiten und grossen Auswirkungen werden Klimarisiken zunehmend auch zu Investmentrisiken. Im Portfoliokontext stellte Viola Lutz zwei Arten von Klimarisiken vor: physische Risiken, welche aus den ökologischen Veränderungen resultieren, denen die Unternehmen ausgesetzt sind (z.B. steigende Wasserstand oder extreme Wetterevents) und transitionale Risiken, welche sich durch zunehmende Regulierungen oder Nachfrageveränderungen direkt auf die Kosten- und Ertragsseite eines Unternehmens auswirken. Diesen Risiken sind viele Unternehmen ausgesetzt: Gemessen am ISS ESG Carbon Risk Rating sind lediglich 6 Prozent der Unternehmen des MSCI ACWI «Climate Leaders» oder «Climate Performer» und haben damit einen Score grösser 50 auf einer Skala von 0-100. Doch die gute Nachricht ist, dass Klimarisiken heute angegangen werden können. Viola Lutz zeigte auf der Konferenz eine Toolbox an Instrumenten, welche einen unterschiedlichen Impact auf die realwirtschaftlichen Klimarisiken haben. Engagement und Stimmrechtsausübungen sowie Kreditverweigerungen zeigen eine hohe Wirkung, während Desinvestitionen, Short-Selling und Klima-optimierte Indizes eher das Klimarisiko auf Portfolioebene adressieren.

Umsetzung einer Klimastrategie – Ein Erfahrungsbericht
von Dr. oec. HSG Jürg Tobler, Leiter Geschäftsbereich Anlagen, Pensionskasse Stadt Zürich

Jürg Tobler von der Pensionskasse Stadt Zürich gab auf der Konferenz spannende Einblicke in die Umsetzung einer Klimastrategie aus dem Blickpunkt einer der grössten Pensionskassen der Schweiz. Grosse Herausforderungen sieht Jürg Tobler in der fehlenden Messbarkeit, dem zu geringen Wissen über Firmen und wie sie den Klimawandel angehen, den wechselnden politischen Entscheidungsträgern und deren sprunghaftem Verhalten, aber auch in internen Problemen der Pensionskassen mit wechselnden Entscheidungsträgern und Anlagestrategien. Im Immobilienportfolio verfolgt die Pensionskasse Stadt Zürich ein aktives Management innerhalb ihrer indirekten Anlagen und sucht den Kontakt zu den Managern. Ausserdem arbeitet sie mit CO2-Absenkungspfaden. Im Aktienbereich verfolgt die Pensionskasse Stadt Zürich einen breiten Ansatz, welcher konkret aus einer aktiven Stimmrechtsausübung, einem aktiven Management, dem Ausschliessen von Kohlefirmen sowie der Untergewichtung von CO2-intensiven Sektoren und CO2-ineffizienter Firmen besteht. Einen Impact misst die Pensionskasse Stadt Zürich durch den Vergleich des CO2-Fussabdrucks Scope 1 bis 3. Das Ziel ist es, einen 50 Prozent geringeren CO2-Fussabdruck als der Vergleichsindex «Solactive Global Markets» zu haben. Aktuell liegt das Aktienportfolio noch bei einer Umsatzintensität von 679 t CO2 im Vergleich zum Vergleichsindex von 936 tCO2. Die Massnahmen des Ausschlusses von Kohlereserven und die Untergewichtung bestimmter Firmen tragen hierzu den grösseren Teil bei.

Sustainable Investing – The new standard
von Ed Gordon, CFA, Head iShares & Wealth Switzerland, BlackRock

Wie ETFs ein nachhaltigeres und effizientes Portfolio gestalten können, stand im Mittelpunkt des Vortrags von Ed Gordon, Managing Director bei BlackRock. Die Industrie erlebte in den letzten Jahren eine gewaltige Allokation von Geldern hin zu nachhaltigen Anlagelösungen. Einen Grund hierfür sieht Ed Gordon in fünf Treibern. Ein Treiber sind gesellschaftliche und regulatorische Rahmenbedingungen, die zu einer veränderten Nachfrage in der Realwirtschaft führen. Dies führt unweigerlich dazu, dass Nachhaltigkeitsaspekte einen steigenden Einfluss auf das Risiko-Rendite-Profil von Investitionen haben – dem zweiten Treiber. Drittens haben sich nachhaltige Anlageprodukte vor allem in den letzten Monaten aufgrund der Corona-Pandemie in volatilen Marktphasen als äusserst widerstandsfähig herausgestellt. Als vierten Treiber sieht Ed Gordon eine verbesserte Transparenz durch ESG Daten, welches zu einem besseren Investmentergebnis führt und fünftens ist die Verfügbarkeit an ESG-Portfolios nicht zuletzt auch durch indexierte Anlagelösungen in den letzten Jahren enorm gestiegen. Dabei müssen nachhaltige Lösungen nicht immer teurer sein als konventionelle Anlagelösungen. Abschliessend gab Ed Gordon noch einen Einblick in die drei ESG-Strategien von iShares: Der «ESG Screened»-Ansatz, welcher Unternehmen ausschliesst und einen geringen Tracking-Error im Vergleich zum Ausgangsindex erzeugt. Der «ESG-Enhanced»-Ansatz, welcher neben dem Ausschluss von Unternehmen eine Neugewichtung auf Grundlage von ESG Scores und ESG Kontroversen hinzunimmt und der «SRI»-Ansatz, welcher eine Best-in-Class Strategie verfolgt und nur die besten Unternehmen ihrer Branche selektiert.

Angebot an nachhaltigen Finanzprodukten – Die Erwartungen der FINMA
von Thomas Hirschi, Leiter Geschäftsbereich Asset Management, FINMA

Das Angebot nachhaltiger Finanzprodukte in der Schweiz verfolgt auch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) und mit ihr der letzte Referent des diesjährigen «Online Sustainable Investments Day 2020» Thomas Hirschi. Im internationalen Vergleich der Regulierung von Nachhaltigkeitsrisiken hat die Schweiz zwar eine ambitionierte potentielle Stossrichtung, allerdings noch einen vergleichsweise untergeordneten Umsetzungsgrad. Bei der Risikobetrachtung unterscheidet die FINMA zwischen zwei Teilbereichen: den Klimarisiken und deren Auswirkungen auf Institute und dem «Greenwashing» als Synonym für den Anlegerschutz auf der Beratungs- und Produktebene. Die FINMA sieht ihre Aufgabe bei der Regulierung von Nachhaltigkeitsprodukten klar beim Anlegerschutz. Sie setzt sich laut Thomas Hirschi für Transparenz und für klare Informationen in Bezug auf ESG ein. Grenzen der FINMA hinsichtlich der Regulierung von nachhaltigen Produkten sieht er bei der Definition von quantitativen und qualitativen Vorgaben zu ESG-Kriterien, der Beurteilung von Impact-Kennzahlen sowie in der Steuerung von Finanzflüssen, welches auf politischer Ebene geschehen muss. Thomas Hirschi berichtete ausserdem von einer Stichprobe an ESG-Fonds, welche die FINMA aktuell erhebt und auswertet.

Paneldiskussion

Der Anlass wurde mit Fragen aus dem Publikum an die Vorredner abgerundet. Hierbei wurde zu Beginn das Thema «ESG-Labels» aufgegriffen. Solche Labels können einen ersten guten Eindruck vermitteln, sollten aber nicht unüberlegt verwendet werden – ihr Mehrwert ist es, einer (unter vielen) Orientierungspunkten zur Nachhaltigkeitsqualität von Anlagen zu bieten. Des Weiteren wurde eine Frage aus dem Plenum über die EU-Taxonomie und deren Bedeutung für die Schweiz gestellt. Hierbei muss laut den Panelisten zwischen den Anbietern und deren Marktaktivität unterschieden werden. Während bei regionalen Organisationen eine Adaption an die EU-Taxonomie höchstwahrscheinlich ausbleibt, werden wir bei global operierenden Unternehmen eine Anpassung sehen. Bei Gesprächen mit diesen Unternehmen kam vermehrt der Wunsch auf, dass wenn es in der Schweiz zu einer ähnlichen Regulierung kommt, diese nah an den Auslegungen der EU zu gestalten sind, um einen Mehraufwand zu vermeiden. Eine weitere Frage aus dem Plenum ging der Messbarkeit eines aktiven Engagements durch eine Pensionskasse nach. Eine solche Messung ist nicht immer ein einfaches Vorhaben und schwer zu quantifizieren. Ein Anhaltspunkt sind erfolgreiche Meilensteine bei Dialogen mit dem Management. Das Thema «Anreize aus der Politik für nachhaltige Finanzprodukte» wurde als weitere Frage gestellt. Solche Anreize könnten gemäss den Referenten als ein Mittel gewählt werden, dessen Kosten- und Nutzen müssen aber allerdings klar abgewägt werden, um Fehlallokationen zu vermeiden. Es darf hierbei nicht zu Marktverzerrungen kommen. Die Frage sei, inwiefern Anreize auf der Ebene der Realwirtschaft nicht ausreichend sind, um Finanzströme zu lenken. Die Paneldiskussion wurde mit einem breit diskutierten Thema abgeschlossen, wenn es um nachhaltige Anlagen geht: «Greenwashing». Massive, absichtliche oder weitverbreitete Täuschungen von Investoren sehen die Panelisten nicht. Die FINMA stellt allerdings fest, dass es eine unglaubliche Bandbreite an Transparenzinstrumente (Prospekt, KIID etc.) und eine Fülle an Begriffen und Terminologien gibt. Dies macht es für Retail-Investoren nicht immer einfach, sich zurechtzufinden. Hier sei die Politik gefragt, Industrie-Standards zu schaffen, welche zu einer verbesserten Transparenz führen, so das Fazit.

Der nächste «Sustainable Investments Day» findet am Donnerstag, 18. November 2021 statt (SAVE-THE-DATE).

IFZ Sustainable Investments Studie 2020

Die «IFZ Sustainable Investments Studie 2020» kann unter ifz@hslu.ch für 190 Franken bestellt werden. Eine digitale Version der Studie steht hier zur Verfügung.

Mehr unter: www.hslu.ch/sustainable

Wir danken herzlich für die wertvolle Unterstützung! Sponsoren und Partner der IFZ Sustainable Investments Studie 2020

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