Studium

«Als Dozent bin ich Coach»

«Als Dozent bin ich Coach»
Erwin Mathis beim Smash.

Motivation und Motivationstief im Studium – darüber spricht Wirtschaftsinformatik-Dozent und ü50-Volleyball-Nati-Spieler Erwin Mathis im Interview.

Herr Mathis, wie motivieren Sie die Studierenden?

Erwin Mathis: Ich sehe den Unterricht wie ein Training. Als Dozent bin ich Wissens-Trainer, der Methoden und Techniken möglichst interessant vermitteln will. Gleichzeitig bin ich aber auch Coach, der versucht, auf der psychologischen Schiene positiven Einfluss auf die Studierenden zu nehmen.

Ich bin der Überzeugung, dass es sehr motivierend ist, wenn man Lerninhalte nachvollziehen kann und begriffen hat. Darum versuche ich meine Vorlesungseinheiten so zu gestalten, dass sie in sich logisch sind und aufeinander aufbauen. Meine Vorlesungen sollen «agil» sein. Das heisst für mich: Fragen haben Vorrang. Konstruktives Unterbrechen ist erwünscht.

Ein positives Lernklima ist wichtig! Durch die agilen Konzepte sollen die Vorlesungen interessant sein und das Lernen auch Spass machen! Eine Vorlesung, in der die Studierenden nicht mindestens einmal gelacht oder geschmunzelt haben, zeigt mir, dass ich meine Aufgabe als «agiler Coach» noch nicht ganz erfülle. Die Studierenden sollen sich entspannt fühlen, damit sie die Lerninhalte konzentriert aufnehmen können.

Welche Motivations-Geheimnisse können Sie den Studierenden weitergeben?

  1. Es hilft, ein Ziel zu haben, auf das man hinarbeiten kann. Im Volleyball möchte ich z.B. eine weitere Weltmeisterschafts-Medaille gewinnen. Ohne gut geplantes Training ist das nicht möglich. Wenn ich im Fitness-Center schwitze und mich frage: «Wofür machst du das eigentlich?», kann ich mich mit einem einfachen, «inneren Bild» der letzten WM in den USA motivieren: Zwei grosse Volleyballspieler à 2.10 m und 2.15 m stehen auf der anderen Seite des Netzes. Ich muss den Ball an den blockenden Armen vorbei auf den Boden bringen, d.h. ich muss höher springen und härter smashen – und schon lege ich freiwillig noch etwas mehr Gewicht auf beim Fitness-Gerät.
  2. Gemeinsam geht es leichter. Mannschaftssport ist sehr unterstützend und fordernd. Man verzichtet nicht einfach auf ein Training, weil man mit seiner Anwesenheit auch einen positiven Einfluss auf die Mitspieler hat. Ausserdem spürt man bei den Mitspielern eine Erwartungshaltung für eine gute Leistung.
  3. Was mich auch motiviert, ist Unterstützung von verschiedenen Seiten. Während der Spiele stehen bei uns meist fünf bis sechs Mitspieler am Spielfeldrand und machen positive Stimmung. Diese verbale Unterstützung, z.B. «Hopp Schwiiz!», ist sehr aufbauend. Auch unsere mitreisenden Frauen und Partnerinnen unterstützen uns auf grossartige Weise. Wir sind eine grosse, feiernde, laute Schweizer Familie. Tolle Stimmung – tolle Leistung!

Übertragen aufs Studium heisst das: Studierende sollten sich immer Ziele setzten – und nicht nur minimale, z.B. ein Modul «nur» bestehen. Sie können vom ersten Semester an Lerngruppen mit vier bis sechs Studierenden bilden und sich regelmässig ein bis zwei Stunden pro Woche treffen, Vorlesungen besprechen und zusammenfassen. Auf einmal merken die Studierenden: «Ich bin ja «Wissensträgerin» oder «aktiver Zusammenfasser» für diese und/oder jene Vorlesung in meiner Lerngruppe!» Umgekehrt haben sie vielleicht in einer anderen Vorlesung Schwierigkeiten und können von Gruppenmitgliedern profitieren, die dort stark sind. So ganz nebenbei lernen die Studierenden auch, wie man heute in der Wissenschaft/Forschung im Team arbeitet. «Hyperintelligente» Wissenschaftler in ihrer einsamen Kammer sind heute nur noch ganz selten gefragt.

Was empfehlen Sie Studierenden, die ein Motivationstief haben?

Meine Erfahrung ist folgende: Studierende, die sich in Lerngruppen organisieren, haben weniger Motivationstiefs. Selbstverständlich kann es auch in Lerngruppen Enttäuschungen geben, wenn z.B. ein Gruppenmitglied eine Prüfung nicht besteht. Aber die Gruppenmitglieder helfen sich in der Regel auch in solchen Fällen.

Studierende, die mit Inhalten oder dem Stoff Schwierigkeiten haben und nicht in einer Lerngruppe mitmachen können oder wollen, sollten möglichst rasch den Kontakt zu Dozierenden und/oder Assistierenden suchen. Dadurch werden sie automatisch als Person und nicht nur als anonyme Studentin oder anonymen Studenten wahrgenommen. Das hat nichts mit «Strebern» zu tun. Wenn Studierende ihre Ausbildung möglichst anonym und unauffällig machen wollen, dann verpassen sie aus meiner Sicht die Chance, sich durch die persönliche Auseinandersetzung, d.h. von Angesicht zu Angesicht, mit Dozierenden und Assistierenden motivieren zu lassen. Ich freue mich jedenfalls über jede direkte Kontaktaufnahme! Wir haben in unserem Institut auch sehr engagierte Assistierende, die jederzeit zur Beantwortung von Fragen zur Verfügung stehen.

Ich habe sportlich und beruflich selten Motivationstiefs. Aber ich bin nicht immer mit meiner Leistung zufrieden. Aus sportlicher Erfahrung weiss ich: Wenn im Mannschaftssport eine eigene Aktion misslingt und man sich stark darüber aufregt, kann das auch die Mitspieler negativ beeinflussen. Es ist aus meiner Sicht besser, die begangenen Fehler in einem Time-out kurz zu besprechen und dann positiv nach vorne zu schauen als innerlich hadernd «Vergangenheitsbewältigung» zu betreiben. Oft macht man in der nachfolgenden Aktion dann gleich noch einen Fehler.

Wenn es mir, als Volleyballspieler, über eine längere Zeit, z.B. nach einer Verletzung, nicht gelingt, meine erwartete Leistung zu erbringen, bespreche ich das zuerst mit einem oder zwei Mitspielern. Oft genügt mir ein Hinweis oder Tipp eines Kollegen oder eines Trainers, der eine ähnliche Situation schon einmal erlebt hat. Das empfehle ich auch Studierenden: Sie sollten Lernschwierigkeiten nicht für sich behalten oder verbergen, sondern ihre Kolleginnen und Kollegen um Hilfe bitten. Wer das Gespräch sucht, bekommt oft Hinweise darauf, wie sein Problem gelöst werden kann.

Gespräche, die man von Angesicht zu Angesicht führt, sind aus meiner Erfahrung motivierender als ein längerer E-Mail-Verkehr. Im persönlichen Gespräch bekommt man viele Metainformationen wie Gestik, Stimmlage, Umfeld, Gerüche usw. mit. Ausserdem ist es viel effizienter.

Über Erwin Mathis

Erwin Mathis ist seit vier Jahren Dozent an der Hochschule Luzern – Wirtschaft. Er unterrichtet im Studiengang Wirtschaftsinformatik Programmierung, Softwarekomponenten, Datenbanken, IT-Service Management und Informationssysteme. Erwin Mathis hat mit 20 Jahren angefangen Volleyball zu spielen. Damals stieg er in unteren Ligen ein und spielte sich hoch bis in die Nationalliga B. Seit 2012 trainiert Erwin Mathis mit der Senioren-Volleyball-Nationalmannschaft der Schweiz. Mit ihnen hat er seither drei WM-Bronzemedaillen gewonnen. Die Senioren-Volleyball-Nationalmannschaft trainiert in der Regel alle zwei Wochen. Alle Spieler (> 50 Jahre) trainieren zusätzlich regelmässig in ihren Heimclubs in der ganzen Schweiz. Erwin Mathis absolviert vier bis fünf Trainingseinheiten pro Woche, zwei davon Fitness oder Lauftraining. Er trainiert zurzeit mit zwei Mannschaften, einer 1. und einer 3. Liga-Mannschaft. Mit seinen 1.90 m gehört Erwin Mathis an den internationalen Events zu den «kleinen» Spielern.

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