14. April 2020

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Online-Teaching und Home-Office: Gekommen, um zu bleiben?

Online-Teaching und Home-Office: Gekommen, um zu bleiben?

Fernunterricht und Telearbeit haben eine lange Geschichte, erlangen im Moment jedoch eine ganz neue Bedeutung. In Unternehmen, Schulen und Behörden: Was online möglich ist, wird online gemacht. Doch neben dem Informationsaustausch kommen wichtige andere Funktionen im Moment zu kurz. Was bleibt also von den jetzigen Erfahrungen, und was sollten wir besser wieder offline machen?

Von Christian Kraft, Hochschule Luzern

Die Geschichte der Telearbeit reicht weit zurück. Ihren Anfang nahm sie ebenfalls in einem Krisenmodus vor knapp 50 Jahren: Anfang der 1970er Jahre erforschte Jack M. Nilles Dezentralisierungskonzepte als Antwort auf die Energieknappheit in Folge der Ölkrise. Im Fokus standen verkehrspolitische, volkswirtschaftliche und gesamtgesellschaftliche Antworten auf den wirtschaftlichen Schock. In seinem Artikel «The Telecommunication-Transportation Tradeoff» prägte Nilles 1974 den Begriff des Telecommuting: Nicht Menschen sollten weiter Pendeln, sondern Arbeitsaufgaben und deren Ergebnisse.

Zur selben Zeit entwickelte sich der Fernunterricht für Aus- und Weiterbildung. 1969 nahm die britische Open University eine Vorreiterrolle ein. In Deutschland wurde 1974 die Fernuniversität Hagen gegründet, die heute mit circa 90’000 Studierenden die grösste Universität Deutschlands ist. Mit Fernunterricht soll der Bildungszugang für Personen sichergestellt werden, die räumlich, gesundheitlich, zeitlich oder finanziell eingeschränkt sind.

Eine wichtige Erkenntnis aus der Geschichte von Telearbeit und Fernunterricht ist, dass beides ohne zusätzliche physische Präsenzen nicht erfolgreich ist. Alle erfolgreichen Fernuniversitäten bieten lokale Studienzentren für Technologiezugang, Material und Prüfungen, besonders jedoch für physische Tutorien, persönliche Beratung und Austausch.

Genauso sind gemeinsame Arbeitsplätze und Arbeitszentren notwendig für soziale Interaktion, Innovation und Fortschritt. Das Home-Office war in diesem Kontext bisher eine willkommene Ergänzung zum Rückzug für konzentriertes Arbeiten, Reduktion von Pendelkosten und Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Gemäss Auswertungen der Credit Suisse und des Bundesamtes für Statistik hat die «Teleheimarbeit» besonders als Gelegenheitslösung zugelegt, nicht jedoch als flächendeckender neuer Arbeitsstandard (siehe Abbildung).

Arbeit im Home-Office: Veränderung zwischen 2001 und 2017 (Credit Suisse (2019); Bundesamt für Statistik)

Entsprechend war es bisher auch ein nicht eingelöstes frühes Versprechen der Digitalisierung, «dass die Welt flach würde», da es mit dem Internet ja nicht mehr darauf ankomme, wo jemand arbeite und wohne. Eingetreten ist genau das Gegenteil. Auch im Zeitalter der Digitalisierung entstehen Innovation und Fortschritt dort, wo viele intelligente, gut ausgebildete und ambitionierte Menschen aufeinandertreffen und sich inspirieren. Die «kreative Klasse» als Treiber von Entwicklung und Produktivität will in die grossen Metropolen wie London, Berlin oder auch Zürich, Basel, Genf. Dieser Trend wird sich, sobald wieder möglich, fortsetzen.

Wertschöpfung, Innovation und Lernen brauchen sozialen Kit. Diesen bieten Büros und Bildungsinstitutionen. Viele positive Erfahrungen, die nun mit Arbeiten und Lernen auf Distanz gemacht werden, müssen zielgerichtet weiterentwickelt werden. Die Relevanz der persönlichen Interaktion schmälert dies jedoch nicht. Online-Unterricht und Video-Konferenzen funktionieren gut. Dennoch wünschen wir uns den persönlichen Austausch mit Studierenden und Projektpartnern möglichst bald zurück. Dies natürlich ohne Menschen gesundheitlich zu gefährden.

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