12. Januar 2020

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Smart Building als Herausforderung für Investoren

Smart Building als Herausforderung für Investoren

Internet der Dinge und Datentransparenz haben einen grossen Einfluss auf die Gebäudetechnik. Dies führt dazu, dass unter anderem der Komfort, die Sicherheit und die Energieeffizienz erhöht wird. Noch gibt es jedoch einige Herausforderungen zu bewältigen, bevor Smart Buildings als Standard realisiert und betrieben werden können.

Kevin Schöpfer; Roger Sigg

Sensoren und Daten machen Gebäude intelligent

ntelligente Gebäude besitzen in vielerlei Hinsicht enormes Potenzial, welches heute aber längst noch nicht ansatzweise ausgeschöpft wird. Es sind Leuchtturmprojekte wie beispielsweise der «Apple Park» in Kalifornien, «The Edge» in Amsterdam oder «The Dock» in Dublin, die durch den Einsatz von intelligenter Gebäudetechnik und mit futuristischer Erscheinung erahnen lassen, wohin die Entwicklung von Immobilien gehen wird. (Buntz, 2018, S. 5-15)

Die Digitalisierung führt zu struktureller Veränderungen in der Entwicklung und im Betrieb von Immobilien (Roos, 2018, S. 5). Konkret sind es Themengebiete wie Internet der Dinge (Internet of Things, kurz IoT) oder die Transparenz von Daten und Informationen (Roos, 2018, S.7-8). Nicht weniger relevante Themen sind auch die Ökologisierung  und die Beschleunigung von Kommunikation und Innovation (Roos, 2018, S. 7). So bietet namentlich die künstliche Intelligenz (KI) Lösungen für Komfort, Assistenz, Sicherheit und höhere Energieeffizienzen an (Ampere, 2017, S. 12).

Smart Building ist nicht gleicht Smart Home oder Smart City 

Ein Smart Building ist ein intelligentes Zweckgebäude, welches professionell betrieben wird und in unterschiedlichen Formen anzutreffen ist. Smart Buildings können in unterschiedlichen Nutzungsformen wie Büro, Hotel, Logistikcenter, Spitäler aber auch als Flughafen auftreten. (Wellener, Michalik, Manolian & Griffin, 2018, S. 2)

Im Gegensatz zum Smart Home gehen die Anwendungen über die klassische Funktion einer automatisierten Steuerung von Heizung, Licht und Multimedia per Mobile-Gerät hinaus (EY, 2017, S. 2). Des Weiteren werden beim Smart Home die Daten vom Nutzer freiwillig erhoben, während dies bei Smart Building für den Nutzer eher unbewusst geschieht und somit auch rechtliche Aspekte bezüglich Datenschutz mit sich bringt (Roos, 2018, S. 11). Smart Cities ihrerseits gehen dafür noch einen Schritt weiter und greifen zusätzliche Themengebiete wie Mobilität und Infrastruktur im Kontext von ganzen Städten auf (European Commission, 2019).

Anatomie des intelligenten Gebäudes

Analog wie im Menschen werden bei einem intelligenten Gebäude ebenfalls laufend Informationen erfasst, übertragen und ausgewertet. Somit können die Komponenten und Vernetzungen in einem Smart Building gut mit dem Nervensystem des Menschen verglichen werden, sodass die Sensoren als Sinne, das Netzwerk als Nervengerüst und die Software respektive die Plattform als Hirn innerhalb des Gebäudes agieren. (Eschler, 2019)

Abb 1: Aufbau eines Smart Buildings (eigene Darstellung, 2019)

In der Abbildung 1 sind die einzelnen Elemente und deren Vernetzung schematisch dargestellt.

Weiter werden beim Smart Building die technischen Bausteine zwischen den  Ebenen Gebäude, Übertragung und Management differenziert.

Auf Gebäudeebene werden Daten generiert und Komponenten oder Anlagen geregelt beziehungsweise gesteuert. Komponenten werden in passive und aktive unterschieden. Während die passiven Komponenten (Zähler und Sensoren) Zustände erfassen, bewegen aktive Komponenten sich. Zu den Sensoren und Zählern werden neben Kameras, Rauchmelder auch Thermostaten gezählt. Aktoren und Controller hingegen sind unter anderem Steckdosen, Pumpen oder Beleuchtungen. (Erbstösser, 2018, S. 10-11)

Die Datenübertragung (Transport der Daten) von einem Sensor auf einen Computer oder einen Aktor wird per Funktechnologie oder Kabel gewährleistet. Da jede Funktechnik üblicherweise ein eigenes Protokoll generiert, dient der Gateway als Bindeglied zwischen nicht kompatiblen Systemen, damit Software und Sensoren oder Aktoren miteinander kommunizieren können. (Erbstösser, 2018, S. 12)

Auf der Managementebene werden die erhobenen Daten aus der Gebäudeebene laufend erfasst und ausgewertet. Hierbei gibt es für die Datenaufbereitung und Bereitstellung mittlerweile unzählige Plattformen. (Erbstösser, 2018, S. 12)

Anwendungsmöglichkeiten reichen von Komfort bis Lebensrettung 

Anwendungsmöglichkeiten bieten Smart Buildings in unterschiedlichen Bereichen, wie Energiemanagement, Sicherheit, Komfort und mit zunehmender Bedeutung im Ambient Assistant Living (AAL) an.

Im Energiemanagement kann die Steuerung von Heizungen beispielsweise durch Bewegungsmelder ausgelöst oder mittels einem Smart Device ferngesteuert werden. Ein Smart Building zeichnet sich aber auch dadurch aus, dass Komponenten miteinander verbunden sind und direkt miteinander kommunizieren. So reduziert sich etwa die Heizleistung bei geöffneten Fenstern automatisch. Wiederum über ein Smart Device können gespeicherte Lichtszenarien auf Knopfdruck abgerufen und so den aktuellen Tätigkeiten im Wohnbereich angepasst werden.

Auch im Bereich der Sicherheit gibt es diverse Anwendungsfälle. Die Anwesenheit von Bewohner kann simuliert werden oder eine Einbruchmeldung wird direkt den Nutzern auf das Smart Device gesendet. (Konrad, 2006, S. 16 ff.)

Abb. 2: Anwendungsbeispiele AAL (Facit-Digital, 2019)

Das AAL seinerseits soll mittels technischer Unterstützung die Lebensqualität von hilfsbedürftigen Menschen erhöhen. Sie sollen dabei ihre Eigenständigkeit im gewohnten Umfeld aufrechterhalten (Nierle, 2012). Anwendungen (vgl. Abbildung 2) sind unter anderem die Herdplatten, die automatisch abschaltet, sobald Sensoren im Boden merken, dass sich niemand mehr in der Wohnung aufhält (Eder, 2017). Oder aber Sturzerkennungssysteme, welche ebenfalls mittels Sensoren einen Sturz erkennen und daraufhin automatisch den Notruf aktivieren (Eder, 2017).

Die Anwendungsfelder im Gewerbebau überschneiden sich mit denjenigen aus dem Wohnbau (Konrad, 2006, S. 16 ff.). Hier liegt jedoch der Fokus klar auf der Reduzierung der Betriebskosten (Konrad, 2006, S. 16 ff.). Beispiele sind die Steuerung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie der Beschattung und des Lichts (Konrad, 2006, S. 16 ff.). Darüber hinaus gibt es Zusatzdienste, die der Benutzer in Anspruch nehmen kann. Als Referenz kann hier die Firma Locatee genannt werden, welche ihren Kunden durch den Einsatz ihrer Produkte und Dienstleistungen zur Optimierung der genutzten Fläche, der Reinigungseffizienz oder aber zum Finden von Arbeitskollegen oder freien Besprechungsräumen hilft (Locatee, 2019).

Win-win Situtation durch aktives Gebäudemanagement schaffen

Ein wesentlicher Vorteil von Smart Buildings sind die generierten Daten, welche gesammelt und ausgewertet werden können. Auf Basis dieser Daten sollen die verschiedenen Akteure ihre entsprechenden Mehrwerte erzielen. Um beispielsweise einen Ausfall einer relevanten Anlage zu verhindern, kann durch das Monitoring von technischen Anlagen vorausschauend die Instandhaltung und die Instandsetzung durch den Betreiber geplant werden. So können zum einen vom Betreiber die Leistungen und Ressourcen zielgerechter eingesetzt werden, zum anderen wird dadurch die Lebensdauer der Anlagen verlängert. Für den Eigentümer hat dies den positiven Aspekt, dass er so eine Neuanschaffung erst zu einem späteren Zeitpunkt tätigen muss. (The agility effect, 2017)

Weiter ist bei einem Smart Building die Mess-, Steuerungs- und Regelungstechnik zentral bedienbar. Zudem werden Störungen und Fehler automatisch eruiert und gemeldet (Arbeitskreis der Professoren für Regelungstechnik, 2013, S. 432). Von all diesen Möglichkeiten der aktiven Steuerung des Gebäudes profitieren sowohl der Nutzer wie auch der Betreiber und der Eigentümer in Form von tieferen Betriebskosten. (The agility effect, 2017)

Herausforderungen sind noch immer zahlreich vorhanden

Neben den vielen positiven Aspekten eines Smart Buildings, gibt es nach wie vor zahlreiche Herausforderungen, die zu bewältigen sind. Ganzheitlich betrachtet gibt es noch immer einen Bruch zwischen der Planungs- und Betriebsphase. Hier fehlen oftmals durchgängige Prozesse, in welchen über die gesamte Lebensdauer, von der Planung und Herstellung über die Wartung bis hin zum Rückbau, abgebildet wird (Erbstösser, 2018, S. 22).

Aus technischer Sicht stellt die nicht vorhandene Interoperabilität der unterschiedlichen Komponenten und Systeme eine Problematik dar. Dies bedeutet, dass jedes Produkt über ein eigenes Netz verfügt und mit einer eigenen «Sprache» kommuniziert, was schlussendlich eine Kombination von unterschiedlichen Herstellern erschwert.

Ein weiterer Punkt ist das qualifizierte Fachpersonal. Zur Planung, Betreuung und Auswertung der Daten wird spezifisch ausgebildetes Personal in den Bereichen der Gebäudeinformatik, Data Science und Life Cycle Data Management zwingend benötigt. Auf dem aktuellen Arbeitsmarkt sind solche aber nicht ausreichend vorhanden. (Eschler, 2019)

Aus Sicht der Investoren und Eigentümer stellt die kurze Lebensdauer der Gebäudetechnik ein hohes Risiko dar. Niemand möchte in modernste Technik investieren, wenn diese in einigen Jahren bereits überholt und veraltet ist. (Stefan, 2018, S. 26)

Eine weitere Herausforderung stellt die Diversität der Endnutzer dar. Je mehr Personen sich im Gebäude befinden, desto differenzierter sind die Affinitäten zu dieser technischen Unterstützung. Ebenso ist beispielsweise das Behaglichkeitsempfinden ganz unterschiedlich. Eine für alle Nutzer passende Raumtemperatur ist praktisch unmöglich zu finden. In diesem Fall wäre ein Smart Building für den Nutzer eher eine empfundene lästige Störung als eine optimale Unterstützung (Wilkes, 2016, S. 56). Abschliessend sind auch Herausforderungen in den umfangreichen Themengebieten der Cyber Security und des Datenschutzes noch zu erwähnen (Lawson, 2018).

Die Schweiz hinkt dem Ausland hinterher

Als Referenzprojekt in der Schweiz ist gemäss A. Battaglia (Senior Consultant bei pom+Consulting und Experte im Bereich Smart Home und Smart Building) im Bereich Wohnen das Projekt „Flow“ in Wädenswil hervorzuheben. Das zentrale Element in diesem Projekt bildet das Smartphone für die Nutzer. Mit dem Device können unter anderem Türen geöffnet oder Licht, Rollläden, Lüftung sowie Gegensprechanlagen gesteuert werden. Die Kommunikation zwischen Mietern und Vermietern erfolgt über eine online-Plattform. Zusätzlich lassen sich darüber Services bestellen, wie beispielsweise das Blumengiessen während einer längeren Abwesenheit. (Credit Suisse, 2019)

Im Bereich von Gewerbebauten gilt es das neue Headquarter von Siemens in der Stadt Zug gemäss Battaglia zu erwähnen. Mittels Building Information Modeling (BIM) wurde hier vorab ein „digital Twin“ (virtuelle Repräsentation eines physischen Objekts) des Gebäudes erstellt, welcher dem Betreiber nun ein effizientes, kostenoptimiertes und zukunftsorientiertes Gebäudemanagement ermöglicht (Hatcher, 2018).

Battaglia ist jedoch der Meinung, dass die Schweiz im Bereich von Smart Buildings gegenüber dem Ausland noch hinterherhinkt. In der Schweiz fehlen ausgewiesene Leuchtturmprojekt wie beispielsweise das Projekt „The Dock“ in Dublin, worin tausende Sensoren dafür sorgen, dass das Gebäude bestmöglich auf die Nutzer anpasst ist, eine manuelle Steuerung für gebäudebezogene Leistungen per Smartphone ermöglicht und dabei sämtliche Daten auf einer zentralen IoT Plattform eingespeist und ausgewertet werden (Marson, 2017). Das The Dock Gebäude gilt als eines der meist vernetzen Gebäude weltweit und wird auch als erfolgreicher Pilotversuch eines modernen Arbeitsplatzes bezeichnet, der die Arbeitsweise von Personen signifikant beeinflusst hat (Smart Docklands, 2019). Auf Grund der durchwegs positiven Erfahrungen beim The Dock wird Accenture nun das angewandte Konzept weltweit in weitere Büroräumlichkeiten integrieren, um so seinen Angestellten ein bestmögliches Arbeitsumfeld zur Verfügung zu stellen (Accenture, 2019).

Dieser Beitrag ist während eines Projektes der Studierenden des MAS Immobilienmanagement entstanden.

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Quellen:

Accenture (2019), How can innovation enhance employee experience for over 420,000 people? Abgerufen am 27.10.2019 von www.accenture.com

Ampere. (2017). Künstliche Intelligenz: Vom Rechnen zum Denken. Abgerufen am 26.08.2019 von www.zvei.org (Magazin)

Arbeitskreis der Professoren für Regelungstechnik (2013). Digitale Gebäudeautomation: Ausgabe 3, Springer-Verlag

Buntz, B. (2018). IoT World Today – Making Sense of Smart Building Technologies. Abgerufen am 26.08.2019. von www.iotworldtoday.com

Credit Suisse Asset Management (Schweiz) AG. (2019). Ein rundum smartes Zuhause. Abgerufen am 24.08.2019 von www-nzz-ch.cdn.ampproject.org

Eder, K. (2017, 6. November). Auf in die Zukunft – Ambient Assisted Living (AAL) als Nutzen für den Alltag. Abgerufen am 24.08.2019 vonwww.pflege-professionell.at

Erbstösser, A.-C. (2018). Smart Buildings im Internet der Dinge. Abgerufen am 24.08.2019 vonwww.technologiestiftung-berlin.de

Eschler, M. (2019). Der Facility Manager. Druckversion vorhanden http kann nicht abegrufen werden (Jahrgang 26, 29.04.2019)

European Commission. (2019). What are smart cities? Abgerufen am 25.08.2019 von www.ec.europa.eu

EY. (2017). Smart builidngs – The smart building ecosystem. Abgerufen am 25.08.2019 von www.ey.com

Hatcher, J. (2018). Siemens opens smart buildings HQ. Abgerufen 24.08.2019 von www.smartbuildingsmagazine.com

Konrad, K. (2006). lnnovationsfeldanalyse Smart Building Gebäudevernetzung – Katalysator für eine Restrukturierung der Versorgungsregime? Abgerufen von www.dora.lib4ri.ch

Lawson, H. (2018). Megatrends: Smart Building Technology. Report BSRIA.

Locatee (2019). Lösungen. Abgerufen am 15.08.2019 von www.locatee.ch

Marson, M. (2017). What is it that makes The Dock a World-Leading Connected Building? Abgerufen am 24.08.2019. von www.accenture.com

Nierle, J. (2012). Ambient Assisted Living – Massgeschneiderte Unterstützung im Alter. Abgerufen am 24.08.2019 von kein http Link vorhanden, direkter Download von pdf / auf Internetseite Web-Code nicht auffindbar, itforhealph.ch nicht mehr abrufbar

Roos, G. T. (2018). Megatrends und Herausforderungen für die Schweiz. Abgerufen am 25.08.2019. von www.digitalswitzerland.com

Smart Docklands (2019), Projects Accenture – The Dock Abgerufen am 27.10.2019 von www.smartdocklands.ie

Stefan, G. (2018). Smart Home im zukunftsweisenden Wohnungsbau in der Deutschschweiz. Abgerufen am 24.08.2019 von www.curem.uzh.ch

The agility effect. (2017). Fünf Vorteile von intelligenten Gebäuden. Abgerufen am 24.08.2019 von www.theagilityeffect.com

Wellener, P., Michalik, J., Manolian, H. A., & Griffin, J. (2018). Deloitte Insights – Four considerations for creating people – centered smart, digital workplaces. Abgerufen am 25.08.2019 von www.deloitte.com

Wilkes, B. (2016). Smart Home für Altersgerechtes Wohnen. Systemlösungen in Neubau und Bestand. (S.56) Berlin: VDE Verlag GmbH.

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