29. Oktober 2018

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Nachhaltigkeit im Bestand Teil 3: Wirtschaftlichkeit konkreter Sanierungsmassnahmen

Nachhaltigkeit im Bestand Teil 3: Wirtschaftlichkeit konkreter Sanierungsmassnahmen

Das Forschungsprojekt «Nachhaltige Wohnungswirtschaft» untersucht verschiedene Aspekte nachhaltiger Gebäude und Quartiere. In einer ersten Phase wurde gemeinsam mit dem Bau- und Entwicklungsunternehmen Implenia die Ökonomie der Nachhaltigkeit im Bestand unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse aus der von Implenia veröffentlichten Studie „Nachhaltigkeit im Bestand: Wirtschaftlichkeit, technische Machbarkeit und politische Wünsche“ werden hier in einer dreiteiligen Serie zusammengefasst. Am 6. Juni 2019 folgt eine übergeordnete Konferenz zum Thema «Nachhaltige Wohnungswirtschaft» am IFZ in Zug.

Philippe Kaufmann, Implenia & Christian Kraft, Hochschule Luzern

Aufgrund der hohen Bedeutung des Gebäudebestandes für Energieverbrauch und Emissionen wird der Nachhaltigkeit seit vielen Jahren analytisch grosse Beachtung geschenkt. Bei vielen Studien lag der Forschungsschwerpunkt nachhaltiger Gebäude bislang vornehmlich auf der Analyse von Miet- und Preisprämien, d.h. der Ertragsseite. Die Kostenseite sowie mögliche Risiko mindernde Faktoren wie bspw. tiefere Leerstände und kürzere Vermarktungsdauern verlangen nach einer vertieften Analyse. In einer ersten Analyse wird hierzu eine repräsentative Stichprobe der Docu Media Datenback (Bauinfo-Center) auf einzelne bauliche Massnahmen und deren Wirtschaftlichkeit untersucht. Aufgrund der hohen Relevanz des Gebäudebestandes und dessen Sanierung für die Erreichung der Energieziele 2050, erfolgt diese Auswertung zunächst für Umbauprojekte.

Auswirkungen der Massnahmen auf Werte und Investitionsrenditen

Quantitative Voranalysen (siehe auch Blog-Beitrag vom 15. Oktober 2018) deuten darauf hin, dass vor allem technisch elaborierte Sanierungslösungen wie der Einbau von Wärmepumpen die Vermarktungszeiten der Wohnungen im Vergleich zu weniger hochwertig sanierten Wohnungen reduzieren. Das Ziel dieses Beitrages ist es, aus Investorensicht für verschiedene energetische Sanierungen und Modellhäuser durchzurechnen, welches die Rendite und der Gegenwartswert dieser Sanierungen sind.

Simulationen mit Modellhäusern

Um die Wirtschaftlichkeit von energetischen Sanierungsmassnahmen vergleichend zu schätzen, werden als Basis einfache Modellhäuser verwendet. Um trotzdem gültige Aussagen machen zu können, werden vier verschiedene Variablen verändert. Konkret sind dies:

  • Fünf Modellhäuser aus diversen Jahrzehnten
  • Drei unterschiedliche Sanierungstiefen
  • Fördergelder in sechs Kantonen
  • Drei Überwälzungsformen auf den Mietzins

Die Analyse von Modellhäusern und energetischen Sanierungen, angereichert mit Förderprogrammen der Kantone, zeigt folgende Resultate:

  • Bei Sanierungen ohne Mieterwechsel und Überwälzung eines Teils der Investitionskosten gemäss der Verordnung über die Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen bringt die energetische Topsanierung keinen Mehrwert für den Immobilieneigentümer, falls nur 60% überwälzt werden können.
  • Bei Anpassungen der Miete an den Markt bei Entleerung des Gebäudes sind die Investitionsrenditen ausreichend hoch, um auch aus energetischer Sicht tiefgreifende Sanierungen durchzuführen.
  • Die bescheidene Anpassung der Miete an das höhere Marktniveau ist viel entscheidender in der Barwertberechnung als Fördermassnahmen.
  • Eine energetische Mini-Sanierung mit Dämmung von Kellerdecke und Dachboden kann energetisch einen sehr positiven Effekt erzielen und für den Investor auch ohne Förderbeiträge lukrativ sein.
  • Generell gilt, je älter die Liegenschaft, desto lohnenswerter für den Investor. Die Investitionskosten bei älteren Häusern aus den 50er-Jahren oder älter sind höher, werden im Falle von Sanierungen im unbewohnten Zustand aber durch sehr grosse Energieeinsparungen überkompensiert, was zu hohen Investitionsrenditen und Barwerten führt.
Abbildung 1: Energiebedarf in Abhängigkeit der Sanierungsmassnahmen In KWh per annum, Quelle: Implenia, Kost + Partner

Anreize aus Sicht Mietrecht mit Verbesserungsbedarf

Aus verteilungspolitischer Sicht sind die Höhe der Förderprogramme und die Ausgestaltung des Mietrechts entscheidend, denn schluss- endlich geht es darum, wer die enormen Kosten der Gebäudeparksanierung tragen soll. Dies gilt umso mehr, als dass es sich bei den energetischen Sanierungsmassnahmen typischerweise nicht um diejenigen Investitionen handelt, die mit dem grössten Qualitätsanstieg, wie zum Beispiel einem Totalersatz von Nasszellen oder Küchen, einhergehen.

Die Anreize für die Sanierung von Gebäuden funktionieren gut, solange die Miete angehoben werden kann. Wenn die für die Wirtschaftlichkeit notwendige Miete aber nicht mehr marktgängig ist oder das umliegende Angebot sehr kompetitiv ist, dürfte die Zahl der energetischen Sanierungen aufgrund des zu hohen Vermietungsrisikos drastisch abnehmen.

Die Berechnung der Überwälzung von wertvermehrenden Investitionen auf die Miete muss in Bezug auf die Fördergelder überdacht werden. Solange hochwertige energetische Sanierungen bei laufenden Mietverträgen auch mit potenziellen Fördergeldern kaum wirtschaftlich sind, besteht für Investoren wenig Anreiz, diese Sanierungen auszuführen.

Die gesamte Studie «Nachhaltigkeit im Bestand: Wirtschaftlichkeit, technische Machbarkeit und politische Wünsche» der Implenia AG (Hrsg.) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Luzern können Sie hier beziehen.

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