3. September 2018

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Steuerfalle beim Immobilienhandel

Steuerfalle beim Immobilienhandel

Die Immobilienbranche erlebte in den letzten Jahren einen regelrechten Boom. Sowohl beim privaten als auch beim gewerblichen Liegenschaftsverkauf lauert allerdings die Mehrwertsteuer. Geld spart, wer sich rechtzeitig informiert. 

Die Mehrwertsteuer ist laut Publikation der eidgenössischen Steuerverwaltung mit rund 367’000 Steuerpflichtigen und einem Volumen von rund 22,5 Milliarden Franken pro Jahr nach wie vor die wichtigste Einnahmequelle des Bundes. Ungefähr jeder dritte vom Bund eingenommene Franken stammt aus dem Topf der Mehrwertsteuer. Kein Wunder also, dass der Bund diese Quelle nicht versiegen lassen will. Er will sie viel lieber mit diversen Teilrevision noch ausbauen. Dabei ist das Thema für den Laien schon heute unübersichtlich und hoch komplex.

Immobilien sind zwar grundsätzlich von der Mehrwertsteuerpflicht ausgenommen. Dennoch gibt es hier Vorgänge, die eine Steuerpflicht begründen.

Erstellung und Umbau von Bauten für den Verkauf

Laut Artikel 21 des Mehrwertsteuergesetzes sind Leistungen bezüglich Immobilien von der Steuer ausgenommen. Aber aufgepasst – im Zusammenhang mit der Erstellung oder dem Umbau von Bauwerken, die anschliessend veräussert werden, kann trotzdem eine Steuerpflicht entstehen. Betroffen sind sämtliche Verkäufe von neuerstellten Bauten oder von Umbauobjekten. Dabei ist es nicht relevant, ob der Verkäufer eine juristische (AG/GmbH) oder eine Privatperson ist. Ob der Verkauf einer neuerstellten oder umgebauten Immobilie der Mehrwertsteuer unterliegt, hängt einzig und allein vom Zeitpunkt des Abschlusses und der öffentlichen Beurkundung des Vor- oder Kaufvertrages – respektive des Werkvertrages – ab. Dabei ist entscheidend, ob der Baubeginn vor Unterzeichnung der genannten Verträge erfolgt ist.

Wie unsere Beispiele aus der Praxis zeigen, bestehen für Verkäufer und für Käufer mehrwertsteuerrechtliche Risiken. Diese können jedoch durch den Abschluss der Verträge nach Baubeginn für beide Seiten definitiv entschärft werden. Das Abschliessen von Reservationsverträgen, wie sie in der Praxis weit verbreitet sind, ist dabei nicht hinderlich, da die Reservationen in der Regel nicht öffentlich beurkundet werden.

Käufe und Verkäufe von Privatwohnungen

 Zwischen Weihnachten und Neujahr 2017 findet die Familie Müller in Zug eine tolle Eigentumswohnung, die neu erstellt wird. Die Wohnung entspricht auch aus finanzieller Sicht den Möglichkeiten der Familie. Herr Müller bestellt sogleich die Verkaufsunterlagen. Daraus wird ersichtlich, dass der Baubeginn erst Mitte 2018 erfolgen soll. Da sich die Familie Müller die Wohnung mit der traumhaften Küche und dem Wellnessbad auf keinen Fall entgehen lassen möchte, schliesst sie im Februar 2018 den Werkvertrag mit der Bauherrschaft ab. Gleichzeitig wird der Kaufvertrag beim Notar öffentlich beurkundet. Aus dieser Situation heraus wird nun der Bauherr für den Verkauf dieser Eigentumswohnung mehrwertsteuerpflichtig, losgelöst vom Verkaufsstand der anderen Wohnungen.

Herr Müller hat Sorgen, denn die Traumwohnung könnte somit um 7,7% teurer und für ihn und seine Familie sogar unerschwinglich werden. Nach Konsultation seines Steuerberaters kann er allerdings aufatmen. Da die Mehrwertsteuer im Kaufvertrag nicht explizit erwähnt ist, wird davon ausgegangen, dass der Kaufpreis die allfällige Mehrwertsteuer beinhaltet. Hart trifft es allerdings die Bauerstellerin und Verkäuferin, die auf der Differenz zwischen Verkaufspreis (abzüglich Landanteil) und Erstellungskosten 7,7% Mehrwertsteuer abliefern muss.

Käufe und Verkäufe von Gewerbeliegenschaften

Auch die Übertragung von Gewerbe-Immobilien ist laut Mehrwertsteuergesetz von der Steuer ausgenommen. Wer nicht genau hinschaut, verliert unter Umständen viel Geld. Dabei unterscheidet der Gesetzgeber zwischen den drei folgenden Möglichkeiten.

Die Variante «Verkauf ohne Unterstellung der Mehrwertsteuer» ist in der Regel für beide Vertragsparteien keine empfehlenswerte Option, es sei denn, beim Verkaufsobjekt seien in der Vergangenheit keine oder relativ wenig Vorsteuern aus wertvermehrenden Aufwendungen, Investitionen oder aus sogenannten Grossrenovationen geltend gemacht worden.

Um den Verkäufer vor einer hohen Rückerstattung bezogener Vorsteuern zu schützen, wird die Anwendung des Meldeverfahrens oder aber der Verkauf mit Mehrwertsteuer empfohlen. Aus Käufersicht besteht bei der offenen Abrechnung der Mehrwertsteuer die Möglichkeit, die bezahlte Steuer (7,7% vom Kaufpreis) gegenüber der eidgenössischen Steuerverwaltung als Vorsteuer geltend zu machen. Somit bleibt der Erwerb für ihn – zumindest im Zeitpunkt des Kaufs – steuerneutral.

Geschieht die Abwicklung im Meldeverfahren, fliessen beim Kauf keine Steuergelder. Bei dieser Variante ist es für den Käufer aber unerlässlich, dass er vom Verkäufer sämtliche für die Mehrwertsteuer relevanten Belege in Kopie erhält. Damit kann er später seine latente Vorsteuerkorrektur gegenüber der Steuerverwaltung transparent und vollständig dokumentieren.

Alleinaktionär Peter Hammer von der Hammer Metallbau AG in Zürich kontaktiert im Januar 2018 seinen Treuhänder. Er hat einen Käufer für seine Gewerbeliegenschaft im Zentrum der Stadt Zürich gefunden. Seine Firma benutzte die Liegenschaft in den letzten 20 Jahren für betriebliche Zwecke. Noch im Jahr 2015 hat die Hammer Metallbau AG zwei Millionen Franken zuzüglich 8% Mehrwertsteuer in die Liegenschaft investiert. Die entsprechende Vorsteuer hat sie allerdings vom Bund wieder zurückgefordert. Auf der Suche nach einem Käufer ist Herr Hammer fündig geworden:  Der Kaufpreis für die Locher Metall AG wird auf 15 Millionen Franken vereinbart. Sein Treuhänder rät ihm, die Liegenschaft auf keinen Fall ohne Mehrwertsteuer zu verkaufen, denn das käme ihn teuer zu stehen. In diesem Fall müsste er dem Staat nämlich weit mehr als 100’000 Franken Eigenverbrauchssteuer abliefern. Er gibt ihm den Rat, den Verkauf entweder mit Option und offener Abrechnung der Mehrwertsteuer oder mit der Anwendung des Meldeverfahrens abzuwickeln.

Bei der Veräusserung oder dem Erwerb von Gewerbe-Immobilien kann mit der richtigen Beratung aus steuerlicher Sicht viel Geld gespart werden. Es tun daher beide Parteien gut daran, wenn sie die Mehrwertsteuer-Problematik gemeinsam überprüfen und für beide die beste Lösung eruieren lassen.

Fazit

Das Mehrwertsteuergesetz bleibt auch in Zukunft hoch komplex. Um durch unnötige Fehler nicht tief in die Kasse greifen zu müssen, lohnt sich der frühe Beizug eines Steuerspezialisten. Die Thematik Mehrwertsteuer hält uns wohl weiterhin auf Trab.

Der Artikel wurde im Rahmen des MAS Immobilienmanagements der Hochschule Luzern verfasst und in der «Wohnen in der Zentralschweiz 02/2018» publiziert.

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